Amtsgericht Starnberg:Fahrgast als Nazi und Schweinehund beschimpft

Rentner rastet im Streit um Maskenpflicht in der S-Bahn aus.

Von Christian Deussing, Starnberg

Bei einem Streit um die Maskenpflicht in Zeiten der Corona-Pandemie ist in einer S-Bahn zwischen Possenhofen und Starnberg ein Rentner ausgerastet. Er soll der Anklage nach an einem Vormittag einem anderen Fahrgast mit der Faust gegen den Brustkorb geschlagen und ihn als "Nazi, Hitler und Schweinehund" tituliert haben. Der Vorfall, der sich im Oktober 2020 ereignet hatte, wurde am Montag vor dem Starnberger Amtsgericht verhandelt.

"Das ist alles eine große Lüge", empörte sich der seit Jahren gesundheitlich angeschlagene Angeklagte und stritt die Vorwürfe vehement ab. Er erhob sich und wedelte wild mit seinem Attest herum. Der 66-Jährige behauptete, dass er damals dem Fahrgast auch diese Bescheinigung wegen seines Asthmas habe zeigen wollen. "Doch ich wurde angegriffen und laut als Ausländer und Kanacke beschimpft", erregte sich der Angeklagte im Prozess.

Richterin Karin Beuting versuchte ihn zu beruhigen und fragte, ob er vor dem Streit an dem Vormittag etwas getrunken habe? Denn laut Polizeiprotokoll sei er alkoholisiert gewesen. "Ich hatte nur ein kleines Gläschen Wein getrunken, was sonst nicht passiert", beteuerte der Mann. Doch die Richterin glaubte es nicht so recht und fühlte sich auch bei dieser Antwort nur mit der "halben Wahrheit" bedient.

Vernommen wurde auch der körperlich weit überlegene Passagier, der den Rentner seinerzeit wegen Beleidigung sofort angezeigt hatte. Allerdings erklärte der 72-jährige Feldafinger, dass der Angeklagte nur versuchte habe, ihn zu schlagen, aber nicht getroffen habe. Der Mann, der keine Maske getragen hatte, soll zwar von einem Attest gesprochen, es aber nicht vorgezeigt haben. Als der Angeklagte ihn dann "Hitler und Nazi" genannt habe, sei es ihm zu blöd geworden, sagte der Feldafinger in der Verhandlung.

Die Staatsanwältin wollte aber auch wissen, ob er wiederum den Starnberger ausländerfeindlich beleidigt habe. Das wies der 72-Jährige sofort von sich - und das erschien glaubhaft, denn diese Sprüche waren laut Gericht in der Bahn nicht dem Feldafinger zuzuordnen. Verlesen wurde vor Gericht zudem die Aussage einer damals 17 Jahre alten Zeugin. Demnach habe im Waggon ein "älterer kleiner Herr heftig herumgepöbelt und auf den Boden gespuckt", einen Faustschlag habe sie aber bei dem Streit nicht gesehen.

Auch die Staatsanwältin ließ am Ende den Vorwurf der Körperverletzung fallen und beantragte lediglich eine Geldstrafe wegen Beleidung gegen den Angeklagten - der der Justiz aber schon unter anderem wegen einer Nötigung und Hausfriedensbruch negativ aufgefallen war. Das Gericht verhängte schließlich eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 15 Euro für den früheren Hilfsarbeiter, der von Sozialhilfe lebt und betreut wird. Zuvor hatte er in seinem Schlusswort nochmals erklärt, unschuldig zu sein und betont: "Eigentlich hätte ich die Anzeige erstatten müssen."

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