Süddeutsche Zeitung

Kultur in Starnberg:Liebeswirren im Schlossgarten

Lesezeit: 2 min

Theatertruppe "Tragaudion" spielt Shakespeares Sommernachtstraum

Von Anna-Elena Knerich, Starnberg

Von einer Sommernacht konnte am Freitag nicht die Rede sein, doch die Theatergäste ließen sich die Freude auf die Premiere nicht nehmen und erschienen einfach mit Decken im Schlossgarten. Als die Darsteller in stilvoller Zwanzigerjahre-Kleidung und Tango tanzend in den Garten einzogen, waren die herbstlichen Temperaturen vergessen und die Zuschauer in den zauberhaften Bann des Stücks gezogen. Für diese sommerlich-magische Liebeskomödie hätte es auch kein besseres Bühnenbild geben können als den schönen Schlossgarten, den die Truppe gelungen in ihr Spiel integrierte. Mehrmals wechselte sie den Schauplatz und entführte das Publikum so in andere Welten, doch nicht nur das Wandertheater machte das Stück kurzweilig: Mit einem Gespür für das richtige Maß gelang es Regisseur Jan Björn Potthast, mit wenigen und nicht zwanghaft modern interpretierten Elementen Abwechslung in die sonst klassische Inszenierung zu bringen, ohne zu übertreiben.

Das Shakespeare-Stück ist ohnehin voll schlüpfriger Anspielungen und derber Wortwitze, und so kam es mit nur einem "Skandalmoment" aus, als der in einen Esel verwandelte Handwerker Zettel (Jürgen Huber) das Geschlechtsteil eines Esels trug. Das wirkte aber eher komisch als obszön und war sicherlich in Shakespeares Sinne. Die Arbeiter, die sich überzogen lächerlich beim Proben eines Theaterstücks anstellten, brachten mit ihrem bayerischen Akzent das Publikum zum Lachen.

Einwandfrei meisterten alle Schauspieler die anspruchsvollen Verse in Reimform, die auch heute noch den Humor der Menschen treffen: Nicht umsonst gilt Shakespeare als größter Theaterdichter aller Zeiten, dessen Themen immer noch aktuell sind. So etwa das Streben nach vermeintlichen Idealen, Eifersucht und Machtkämpfe: Das Liebespaar Hermia (Lena Hedemann) und Lysander (Jörg Potthast) wollen fliehen, um Hermias Zwangsheirat mit Demetrius (Jannis Hain) zu entkommen. Das vertraut Hermia der komplexbehafteten Helena (Pauline Winkler) an, die wiederum unglücklich in Demetrius verliebt ist und ihre Chance wittert: Sie erzählt ihm von der Flucht, woraufhin er seine geliebte Hermia sucht. Da kommen die Waldgeister ins Spiel, die mit einem Liebestrank alles durcheinander wirbeln. Damit beginnt eine für Shakespeare typische Verwechslungskomödie, bei der sich die Elfenkönigin Titania (Amara Palacios) in den Esel verliebt und beide Männer in Hermia.

Antiken Statuen gleich waren die Elfen komplett weiß geschminkt und in griechische Togen gehüllt - statisch waren sie aber keinesfalls: Mit Instrumenten und Gesang untermalten sie das gesamte Stück und verliehen dem quirligen Quälgeist Puck (überragend gespielt von Smaranda Dancu) mit der Flöte eine passende Erkennungsmelodie. Der kleine Puck in flauschiger Hose und nur einem roten, hochhackigen Stiefel war der Rumänierin wie auf den Leib geschnitten. Tobias Malangré als König rügte den frechen Kerl nach dem verpatzten Liebeszauber, doch konnte er dem schalkhaft-verschmitzten Lächeln und der Unschuldsmine des kleinen Wesens nicht lange böse sein. Nach der Schlussszene tanzten die Schauspieler eine Charleston-Choreographie und brachten das begeisterte Publikum zum Klatschen und Swingen.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2016
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