Schulabschluss und Ausbildung:Lehrlinge händeringend gesucht

Viele Unternehmen wollen trotz der Corona-Krise Nachwuchs ausbilden, wenn sie denn welchen fänden. Schülerinnen und Schüler von Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien haben beste Chancen - in manchen Branchen und Berufen ganz besonders.

Von Christine Setzwein

Ein Schuljahr dranhängen für bessere Abschlussnoten? Eine Ausbildung beginnen oder doch lieber studieren? Hunderte Schülerinnen und Schüler von Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien stehen wieder vor der Frage, welchen Weg sie nach der Schule einschlagen sollen. Das war wegen der Corona-Pandemie vergangenes Jahr schon nicht einfach und ist es heuer auch nicht.

Auch wenn persönliche Treffen und Präsenzveranstaltungen kaum möglich sind: "Selbstverständlich läuft die Berufsberatung weiter", sagt Petra Callwitz, Teamleiterin der Berufsberatung für den Standort Starnberg. Über Video und Telefon "halten wir insbesondere in den Abschlussklassen sehr engen Kontakt". Bei den jungen Menschen hat Callwitz unterschiedliches Verhalten festgestellt. "Manche haben ihr Ziel vor Augen und blicken positiv in die Zukunft." Anderen machten der Distanzunterricht und die Corona-Krise sehr zu schaffen.

Unterschiedlich ist die Stimmung auch bei den Arbeitgebern. Gerade im Landkreis Starnberg gebe es einen beachtlichen Anteil an Unternehmen im Tourismusbereich wie Hotels und Gaststätten, "denen momentan noch jegliche Öffnungsperspektive fehlt", weiß Karin Münster, Teamleiterin des Arbeitgeberservices in der Geschäftsstelle Starnberg. Alle, die von dieser Branche abhängen, befänden sich momentan in einer ganz schwierigen Situation. "Sie sehen noch kein Ende des Tiefs."

In den meisten anderen Branchen herrsche dagegen größtenteils eine positive Stimmung, da Impffortschritt, Teststrategie und Hygienemaßnahmen zuversichtlich stimmten. So verzeichnet die Arbeitsagentur eine steigende Nachfrage nach Arbeitskräften. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, im Garten- und Landschaftsbau und im Gesundheits- und Sozialwesen, also Schwerpunkten in Starnberg, scheinen die Stimmung und die Auftragslage sehr gut zu sein. In manchen Branchen wie etwa im Baugewerbe, könnten die offenen Stellen kaum bedient werden, sagt Münster. Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen habe im Landkreis Starnberg kaum bis gar nicht nachgelassen.

An Lehrstellen mangelt es jedenfalls nicht. Laut der Arbeitsagentur in Weilheim wurden im Landkreis Starnberg von den Arbeitgebern bis Ende März 402 freie Ausbildungsplätze gemeldet. Allein 85 gehören der Sparte Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel an, gefolgt von Verkäufer/in mit 44 Lehrstellen. Gesucht werden 20 Bewerber für das Fleischereihandwerk, 17 fürs Büro und sieben als Kfz-Mechatroniker.

Fachkräfte werden im Fünfseenland - unabhängig von Corona - seit Jahren händeringend gesucht. Ursachen sind zum Beispiel der demografische und strukturelle Wandel. Speziell in Starnberg ist auch noch die Akademiker-Dichte sehr hoch. Viele Kinder besuchen das Gymnasium und dann die Uni. Die Corona-Krise fungiere "zusätzlich als Brandbeschleuniger", sagt Petra Callwitz. "Alles Gründe, die den Fachkräftemangel in den nächsten Jahren durchaus verschärfen können, in einigen Berufsfeldern werden wir vermutlich die Nachfrage ohne Zuwanderung kaum in den Griff bekommen." Vor allem Branchen, die über Praktika zu Auszubildenden kommen wie Gesundheits-, Pflege- und soziale Berufe hätten momentan Schwierigkeiten, da Praktika pandemiebedingt quasi eingestellt seien. Hoffnung besteht trotzdem: "Im Landkreis Starnberg gibt es viele stabile Unternehmen, die voraussichtlich gut durch die Krise kommen", prophezeit Karin Münster.

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