Ganz vorne bei der Kasse steht, was bei den Kunden am meisten gefragt ist: Gewürze und Nüsse. Auf mehrere Regalböden hat Haroun Qasemi die Produkte jeweils verteilt, so groß ist die Vielfalt. Bei den Gewürzen macht der Hersteller den Unterschied, sagt der Einzelhandelskaufmann. Da habe jeder Kunde einen anderen Liebling. Ähnlich wie bei deutscher Schokolade, die einen mögen Milka, die anderen Ritter Sport oder Lindt. Qasemi verkauft Lebensmittel aus Indien und Afghanistan – Gewürze spielen eine entsprechend große Rolle in seinem Geschäft, das er vor etwa einem Monat in der Leutstettener Straße in Starnberg eröffnet hat.
Qasemi hat reihenweise Masala-Gewürzmischungen im Angebot, aber auch Kreuzkümmel, Fenchelsamen, Kardamom und vieles mehr. Die Preise liegen deutlich unter denen in deutschen Supermärkten, was daran liegt, dass er die Produkte direkt aus Südasien bezieht. „Shan“ ist der favorisierte Hersteller von Qasemi, doch er hat auch Artikel von MDH, TRS, Suhana und Heera in den Regalen stehen. Ähnlich ist es bei den Pasten und Pickles, die es in diversen Zusammensetzungen und von unterschiedlichen Marken gibt.
Besonders stolz ist Qasemi auf die vielen verschiedenen Nuss- und Kernsorten aus Afghanistan, die er in Bio-Qualität anbietet: Pistazien, schwarze und weiße Maulbeeren, süße Aprikosenkerne oder süße, salzige und bittere Mandeln. Daneben liegen grüne und schwarze Rosinen, getrocknete Mangos und Limetten oder gerollte Aprikosen. Die Limetten etwa, erzählt Qasemi, lege man in Wasser ein und trinke dieses dann. „Das ist sehr bekömmlich und gut für die Gesundheit.“
Der 27-Jährige streift voller Stolz durch das Geschäft, das nahe des Bahnhofs Starnberg-Nord in einem Bürogebäude gegenüber des Edeka-Supermarktes liegt. Er hat es selbst renoviert und eingerichtet, neben dem großen Verkaufsraum gibt es noch zwei kleinere zusätzliche Räume im hinteren Ladenteil. In einem hat Qasemi Reis und Mehl gelagert. Er hat so viele verschiedene Reissorten aus unterschiedlichen Ländern und so viele verschiedene Packungsgrößen im Angebot, dass dem Laien die Wahl schwerfällt. Aber auch hier hilft der Inhaber gerne weiter und berät, welcher Reis zu besonderen Anlässen zubereitet wird und welcher für jeden Tag geeignet ist. Zwei Kilo Basmati-Reis gibt es bereits für 3,50 Euro.
Vor sieben Jahren kam Qasemi mit seinem Vater und den beiden Brüdern nach Pöcking, die Familie aus Kandahar war vor den Taliban geflüchtet. In einer Gemeinschaftsunterkunft lernten sie Deutsch, der älteste Sohn Haroun besuchte schließlich zwei Jahre die Berufsschule in Starnberg und machte eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann. Sein Ziel sei es immer gewesen, selbst einmal ein Geschäft zu haben, erzählt er. Zunächst aber arbeitete er als Servicekraft in einem Starnberger Restaurant. Dessen Inhaber Gurlal Singh unterstützt Qasemi als Teilhaber des kleinen Ladens. Schließlich muss zunächst viel Geld in die Ausstattung und Ware investiert werden. „So ein asiatisches Geschäft gibt es in der Gegend nicht“, weiß Qasemi. Viele Leute seien zum Einkaufen nach München gefahren, dort aber seien die Lebensmittel um einiges teurer.
Nun können die Starnberger nach der Arbeit auf dem Weg nach Hause einkaufen, Qasemi hat sein Geschäft von Montag bis Samstag jeweils von 9 bis 21 Uhr geöffnet. In Asien seien lange Öffnungszeiten üblich, sagt er. Er hat auch Fertiggerichte parat und Tiefkühlprodukte, zum Beispiel Lammfleisch und Naanbrot. Außerdem Milchpulver für Kleinkinder, Kosmetikprodukte, das klassisch indische Butterschmalz Ghee, verschiedenste Knabbereien und natürlich Teesorten. Täglich werden zudem frisches Gemüse und Kräuter geliefert: Okraschoten, Yamswurzel, Luke, Minze, Koriander und natürlich „richtig scharfe Chilischoten“.
Sein Angebot wird bereits von zahlreichen Kunden angenommen, „ich bin zufrieden“, sagt Qasemi. Einen Teil der Waren verkauft er auch an Restaurants aus der Region, was die mitunter riesigen Packungen im Sortiment erklärt. Sein Ziel ist es, irgendwann seine Kunden beliefern zu können, die ganz einfach per App bestellen. „Aber eins nach dem anderen.“
Derweil schätzt Qasemi den persönlichen Kontakt zu seinen Kunden, die er grob in zwei Gruppen teilen kann: Die einen kennen die Produkte in den Regalen und wissen genau, was sie kaufen wollen. Mit ihnen kann der junge Mann in der Regel arabisch, indisch oder persisch sprechen. Viele deutsche Kunden indes seien zwar neugierig und interessiert, aber meist überfordert von der Vielfalt und ratlos, wie man die Soßen, Pasten und Gewürze in der Küche verwendet. Ihnen gibt der Pöckinger freundlich und in einwandfreiem Deutsch Tipps zur indischen und persischen Küche – sodass man Lust bekommt, einfach mal was auszuprobieren.