Bundestagswahl im Wahlkreis Starnberg:Per Internet nach Berlin

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Die Parteien haben ihre Strategien für den Wahlkampf umgekrempelt. Digitale Formate ersetzen Infostände und Auftritte der Direktkandidaten, am fleißigsten bedienen sich bisher SPD und Grüne der neuen Mittel.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Wahlen zum 20. Deutschen Bundestag am 26. September werfen ihre Schatten voraus: Elf Wochen bleiben den Parteien noch, um die Wähler von ihren Programmen und Bewerbern zu überzeugen. Anfang August können Briefwähler ihr Votum abgeben. Aktuellen Umfragen zufolge, die sich freilich täglich ändern, liegen CDU/CSU mit etwa 29 Prozent derzeit vor Grünen (19), SPD (15), FDP (11), AfD (10) und Linke (7).

Auch aus dem Bundeswahlkreis 224 Starnberg-Landsberg-Germering gibt es Bewerber, die ein Mandat in Berlin als Direktkandidaten oder über die Liste anstreben. Die größte Chance aufs Direktmandat dürfte CSU-Vertreter Michael Kießling haben, der seit 2017 Mitglied des Bundestags ist. Seine größten Konkurrentinnen sind Carmen Wegge (SPD), Martina Neubauer (Grüne) und Britta Hundesrügge (FDP), die aber wohl - Überraschungen ausgeschlossen - bestenfalls über die Listen in den Bundestag kommen können.

Weitere Direktkandidaten sind etwa Rasso Rebay von Ehrenwiesen (Freie Wähler) aus Weßling, Simone Ketterl (Die Linke) aus Utting, der Gautinger Rainer Groß (AfD) sowie Jochen Nibbe (Volt) aus Herrsching. Präsenzveranstaltungen im Wahlkampf sind bislang eher die Ausnahme gewesen: Die Corona-Pandemie hat die Strategien der Parteien erheblich verändert.

CSU

Michael Kießling, einst Bürgermeister von Denklingen, ist seit 2017 in Berlin der Platzhirsch der Starnberger CSU. Dementsprechend fokussiert sich der Wahlkampf bislang allein auf ihn: Der 47-Jährige glänzt in seinem Wahlkreis insbesondere bei offiziellen Anlässen, zuletzt etwa beim Spatenstich für den Elektroboot-Hersteller Torqeedo. Er gilt als umgänglicher Parlamentarier ohne Kontaktscheu und möchte gern in Berlin bleiben. Neben vielen Pressemitteilungen ist seine wichtigste Aktion eine Wahlkampftour mit einem alten Feuerwehrauto. Die Kandidatur der Starnberger CSU-Ortsvorsitzenden Charlotte Meyer-Bülow (Platz 52 der Landesliste) dürfte kaum von Erfolg gekrönt sein.

SPD

Großen Aufwand betreibt SPD-Kandidatin Carmen Wegge aus Olching. Die 32-jährige Juristin mit Hang zu Poetry-Slam hat seit ihrer Nominierung als Direktkandidatin (Landesliste Platz 20) diverse Videoveranstaltungen mit gesellschaftsrelevanten Themen hinter sich gebracht. Ob bedingungsloses Grundeinkommen, bezahlbarer Wohnraum, Kultur, Klimawandel, Jugend oder Flucht und Integration: Wegge widmet sich aktuellen Themen, am Donnerstag, 15. Juli, folgt "Cannabis legalisieren!" Unter dem Motto "Mutig sein" startet sie demnächst in den Haustür-Wahlkampf, hilfreich sollen ortsspezifische Plakate sein. Geplant ist eine "Politpoetry-Slam-Tour", unter anderem beim Fünf-Seen-Filmfestival. Und vielleicht kommt sogar SPD-Prominenz mit Olaf Scholz und Saskia Esken ins Fünfseen-Land.

Grüne

Überaus fleißig werben auch die Grünen mit Martina Neubauer an der Spitze mit unterschiedlichen Veranstaltungen und geschärftem Blick aufs grüne Bundeswahlprogramm. Im Fokus stehen unter anderem Klima-, Umwelt- und Naturschutz, innovative Wirtschaft, Vermeidung von Ressourcenverschwendung und Müll, Mobilität sowie Asyl und Integration. Neubauer hofft auf das Direktmandat, denn die Nominierung der erfahrenen Kommunalpolitikerin beim Parteitag der Grünen im April auf Platz 31 der Landesliste scheint wenig erfolgversprechend. Neben bewährten Wahlkampf-Aktionen mit Hausbesuchen, Info-Ständen und Social Media haben auch die Grünen Erfahrungen mit Videokonferenzen gemacht. Dieses Wochenende folgt ein Jazz-Konzert mit ausgewählten Gästen, möglicherweise kommt Claudia Roth nach Starnberg.

FDP

Kurzzeitig eine schöpferische Pause scheint die FDP mit Direktkandidatin Britta Hundesrügge (Landesliste Platz 18) eingelegt zu haben. Sie dürfte bald beendet sein. Hundesrügge kandidiert zum zweiten Mal für den Bundestag, pflegt derweil ihre Plauderstunde ("Britta trifft") im Internet-Format mit ausgewählten Persönlichkeiten, setzt auf Social Media, Newsletter und liberale Prominenz: "Kick off" der FDP ist am 1. August auf dem Starnberger Kirchplatz mit dem Bundesvorsitzenden Christian Lindner. Ebenfalls auf der Gästeliste: die Generalsekretäre Volker Wissing (Bund) und Lukas Köhler (Bayern).

© SZ vom 10.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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