Starnberg:Landratsamt schöpft Spielraum aus

Kreisbehörde will so viele Asylbewerber wie möglich in Lohn und Brot bringen. Helferkreise klagen allerdings, dass die Mühlen der Bürokratie viel zu langsam mahlen

Von Astrid Becker, Starnberg

Für Flüchtlinge und ihre ehrenamtlichen Betreuer wird die Situation im Landkreis immer prekärer. Ihr Problemspektrum ist dabei weit: Es beginnt bei der Unterbringung und reicht bis hin zur Erteilung von Arbeitsgenehmigungen für Asylbewerber, die wochen-, wenn nicht monatelang auf sich warten lassen, wie Helfer berichten. Verantwortlich dafür sind ihrer Meinung nach die "Mühlen der Bürokratie, die unendlich langsam mahlen". Für die Helfer ist dies zermürbend. Viele geben auf, neue Ehrenamtliche zu finden, gestaltet sich schwierig. Im Landratsamt ist man sich der Lage bewusst, wie in einer Pressekonferenz am Donnerstag deutlich wurde. Abhilfe in allen Punkten kann die Kreisbehörde aber nicht schaffen.

"Mir liegt es am Herzen, so viele Menschen wie möglich in ein Arbeitsverhältnis oder in eine Ausbildung zu schicken. Es ist mir nun mal lieber, wenn jemand weiß, was er nach dem Aufstehen tut", sagte Landrat Karl Roth. Seine Behörde schöpfe daher den Ermessensspielraum, den sie in Sachen Arbeitserlaubnisse habe, ohnehin so weit wie möglich aus, angeblich sogar weiter als viele andere Landkreise, aber: "Wir bewegen uns da nicht im rechtsfreien Raum." Das heißt: Gesetzliche Vorgaben müssen umgesetzt werden. Dieses Vorgehen ist vielen Helferkreisen aber noch immer zu wenig - was neben diversen Briefen, die den Landrat täglich erreichen, auch bei einem Gespräch im Juli mit Pfarrer Peter Brummer, der Pfarrerin Ulrike Wilhelm und Peter Frey vom Ökumenischen Helferkreis in Tutzing offenkundig wurde. Diesen Austausch nahm Roth nun zum Anlass, in einem siebenseitigen Brief an die Mitglieder des Sprecherrats und die Vorsitzenden der hiesigen Helferkreise darzulegen, wie mit dem Thema Arbeits- und Ausbildungsgenehmigungen für Asylbewerber im Landkreis umgegangen wird - und damit auch den rechtlichen Spielraum aufzuzeigen, in dem sich die Behörde bewegen muss. Das Schreiben ist nun auch im Internet auf der Homepage der Behörde veröffentlicht.

Eines wird darin klar: Je aktiver ein Asylbewerber mit den Behörden zusammenarbeitet, je mehr er sich selbst um Integration bemüht und Bildungsangebote nutzt, desto höher sind seine Chancen auf eine Arbeits- oder Ausbildungserlaubnis. Um diese zu erhalten, müssen Asylbewerber zwei Dokumente vorlegen, ein Antrag, den man sich von der Homepage des Landratsamts herunterladen kann (unter der Rubrik Ausländerangelegenheiten, Aufenthaltsrecht, Formulare) sowie den Arbeitsvertrag. Etwa 200 Gesuche dieser Art habe die Behörde heuer bereits erhalten, nicht alle jedoch reichten die Unterlagen vollständig ein: "Wir müssen häufig nachtelefonieren, weil eines der beiden Dokumente fehlt, das kostet Zeit", erzählt eine Mitarbeiterin der Behörde. Und dann ist da offenbar auch noch die Sache mit der Einzelfallbetrachtung, auf die im Landratsamt Roth zufolge großen Wert gelegt werde. Eine geringe Bleibeperspektive habe zum Beispiel noch in keinem einzigen Fall zur Versagung der Arbeitserlaubnis geführt. Andere Gesichtspunkte jedoch sind offenbar weitaus entscheidender: Zum Beispiel, ob die Deutschkenntnisse, die der Antragsteller besitzt, für die Tätigkeit ausreichen oder ob er für kommunale Träger oder gemeinnützige Einrichtungen oder Vereine, zum Beispiel im Rahmen von Ein-Euro-Jobs, gearbeitet hat. Zudem zählt, so ist es in Roths Schreiben zu lesen, ob der Antragsteller schon lange hier ist und ob er über besondere Einstiegsqualifikationen verfüge.

Mehr als die Hälfte aller Anträge sei positiv entschieden worden, ist auch von der neuen Leiterin der Ausländerbehörde, Bettina Richter, bei der Pressekonferenz zu hören. Ablehnungen gibt es ihr zufolge, wenn die Grundvoraussetzungen ohnehin nicht stimmten, etwa wenn der Antragsteller eine Straftat begangen oder falsche Angaben über seine Identität gemacht habe - oder wenn die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV), die bei der Bundesagentur für Arbeit angesiedelt ist, dem positiven Entscheid des Landratsamts nicht folge. Denn die letzte Entscheidung, ob ein Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis bekommt, liegt dort - und auch das Prüfungsverfahren dort braucht Zeit, vor allem angesichts der Flut an Anträgen, die auch dort zu bearbeiten sind, wie am Donnerstag in der Kreisbehörde betont wurde.

Keine arbeitsrechtlichen Probleme gibt es hingegen mit denjenigen Flüchtlingen, die bereits anerkannt worden sind - allerdings leiden viele von ihnen unter der Wohnungsnot. Sie leben weiter in den Containern und müssen dafür eine Gebühr entrichten. Für viele Helferkreise ist das nicht hinnehmbar. Claudia von Maltitz, die sich für den Helferkreis in Gauting engagiert, sagt dazu: Wenn sechs Männer in einem Container lebten, einer früh aufstehen müsse, um zur Arbeit zu gehen, einer schlafen wolle, der andere Musik höre, dann führe dies zwangsläufig zu Konflikten.

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