Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Kunstkreis Bucentaur vor dem Aus

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Rudolf Zirngibl gibt nach 40 Jahren den Vereinsvorsitz auf, die Suche nach einem Nachfolger ist bisher im Sand verlaufen

Von Sabine Bader, Starnberg

Der "Starnberger Kunstkreis Bucentaur" steht kurz von der Auflösung. Denn Rudolf Zirngibl gibt nach mehr als 40 Jahren den Vorsitz des Vereins auf, und ein Nachfolger war bislang nicht zu finden. "Meine Entscheidung steht fest", sagt Zirngibl der SZ. Am vergangenen Mittwoch hätte eigentlich die Mitgliederversammlung des Vereins stattfinden sollen, bei der Zirngibl seinen Entschluss bekannt geben wollte. Doch wegen Corona und den hohen Inzidenzen habe man die Tagung verschoben, erzählt er.

Was ihm die Entscheidung erleichtert habe, sei die Tatsache gewesen, dass er aufgrund der Pandemie bereits seit März 2020 keine Veranstaltungen mehr habe organisieren können, sagt Zirngibl. "Wissen Sie, ich bin jetzt 83 Jahre alt und habe den Verein 42 Jahre lang geleitet. Das ist mein halbes Leben.", Da sei es an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Und der Zeitpunkt sei jetzt dafür günstig.

Zirngibl hatte den 1950 gegründeten Kunstverein 1979 übernommen, kurz nachdem er Direktor am Gymnasium Starnberger geworden war. "Meine Absicht war es gewesen, Gymnasium und Stadt mehr miteinander zu verknüpfen, damit die Schule nicht in einem Elfenbeinturm existiert, sondern Teil der Stadt wird. Und das, glaube ich, ist mir gelungen."

Natürlich hofft Zirngibl insgeheim, dass sich die Nachfolgefrage für den Verein doch noch zum Guten wendet. Aber derzeit sieht es nicht danach aus. "Ich habe mir schon den Mund fusselig geredet bei der Suche", sagt er. Ohne Erfolg. Die großteils eher betagteren Mitglieder lehnten dankend ab. Auch seine Stellvertreterin Barbara Müller-Funk habe ihm diesbezüglich einen Korb gegeben. Es ist eben eine Tatsache, dass in Kulturvereinen das Durchschnittsalter meisthoch ist und jüngere Leute rar sind. Dabei könnte das Alter in diesem Fall durchaus von Vorteil sein. Schließlich sind die meisten Mitglieder bereits in Rente und hätten sowohl Zeit als auch Muße für den Job.

Denn unbestritten kostet es Zeit und Hirnschmalz, das Jahresprogramm mit rund 20 Konzerten, Vorträgen, Lesungen, Exkursionen und mehrtägigen Reisen zu konzipieren und zu organisieren. Schließlich müssen das ganze Jahr über Referenten akquiriert werden, die dazu bereit sind, im meist zweiwöchigen Turnus Vorträge vor den bis zu 150 Mitgliedern zu halten. Das Themenspektrum des Vereins ist heterogen und deckt mit kulturellen und wissenschaftlichen Vorträgen eine große Bandbreite ab. Er selbst habe es durch seinen großen Münchner Bekanntenkreis - Zirngibl wohnt mit seiner Frau in Forstenried - mit der Themen- beziehungsweise der Referentenauswahl nicht besonders schwer gehabt, räumt er ein.

Vom guten Netzwerk an Fachleuten und Referenten, das sich die bisherige Vereinsspitze über die Jahre aufgebaut hat, könnten natürlich auch mögliche Nachfolger profitieren. So viel steht fest.

Einer, der häufig beim Kunstkreis Bucentaur zu Gast war, ist Helmut Hornung von der Max-Planck-Gesellschaft. Insgesamt 15 Vorträge über Astronomie hat der Weilheimer Autor und Journalist bereits vor den wissenschaftlich interessierten Mitgliedern in der Schlossberghalle gehalten. "Ich habe mich immer sehr wohl dort gefühlt", erzählt Hornung. "Und Rudolf Zirngibl war in all den Jahren mit viel Herzblut dabei." Sollte sein persönlicher Rückzug tatsächlich das Aus für den Verein bedeuten, sei das für die Stadt und ihr kulturelles Leben ein herber Verlust. Denn der Kunstkreis Bucentaur gehöre zu Starnberg wie das gleichnamige historische Prunkschiff.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2021
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