Wolfgang Ferdinand Ramadan kann es nicht verstehen. Dass man ihn gleichstellt mit „allen anderen Nutzern“ der Starnberger Schlossberghalle. Dass er nach 18 Jahren als „kultureller Grundversorger“ der Kreisstadt plötzlich einer von vielen sein soll. Nachdem er diesen Saal Jahr um Jahr beständig gefüllt hat mit seiner Aboreihe „Brotzeit & Spiele“. Diverse Stars der Kabarett- und Kleinkunstszene habe er als Veranstalter nach Starnberg geholt, mehr als 50 000 Besucher seien gekommen. Und nun soll er eine Saalmiete zahlen wie alle anderen? Ramadan fühlt sich degradiert und herabgewürdigt. „Da ist null Wertschätzung“, sagt er.
Der 64 Jahre alte Künstler und Veranstalter aus Icking sieht sich als eine Art externen Mitarbeiter der Stadt, der seit bald zwei Jahrzehnten die kulturelle Grundversorgung für die knapp 25 000 Einwohner Starnbergs leiste. Und das ohne die Stadtverwaltung etwas zu kosten, wie er betont. Er bucht die Künstler, organisiert den Kartenverkauf, plakatiert und macht Werbung, übernimmt die Abrechnungen inklusive Gema-Gebühren. Die Stadt zahle nichts, sagt er, sie profitiere nur. Das finanzielle Risiko trage er alleine.
Ramadan hat 2007 mit seiner Veranstaltungsreihe in Starnberg begonnen, nachdem er damit in Icking und Bad Tölz erfolgreich war. Sein Modell funktioniert so: Für knapp 200 Euro gibt es sieben Abendveranstaltungen im Paket, Einzeltickets hat Ramadan nie verkauft. „Ich wollte immer das wirklich kulturinteressierte Publikum“, sagt er. Und nicht nur die, die zu den Stars wie Dieter Hildebrandt und Gerhard Polt kommen. Für die Nutzung der Schlossberghalle habe er einen Vertrag mit der Stadt geschlossen – mit einer „marktgerechten Miete“ für den Großen Saal, wie er sagt. Zahlen mag er nicht nennen, es besteht eine Verschwiegenheitsvereinbarung. Jörg Hube habe den ersten Abend mit den Worten „herzlich willkommen in der Bundeswehrsporthalle“ eröffnet – so richtig gemütlich ist der hohe Raum eben nicht.
Knapp 500 Tickets hat Ramadan lange Zeit trotzdem beständig verkauft. Bis zur Corona-Pandemie lief das Geschäft – nicht nur in Starnberg. Ramadan etablierte seine Veranstaltungsreihen rund um München an zwölf Örtlichkeiten von Wasserburg am Inn bis nach Weilheim und Siegertsbrunn. Wobei er damit nicht reich geworden sei, wie er sagt. „Die Umsatzrendite liegt zwischen zwei und drei Prozent“, ein wirtschaftliches Unternehmen arbeite anders. Doch er war zufrieden, die Arbeit machte Spaß, „ich bin ein Kultur-Enthusiast“.
Doch dann kam eben Corona mit diversen Lockdowns, Ramadan bekam staatliche Hilfen. Die Stadt Starnberg überwies die bereits geleistete Miete anstandslos zurück. Als die Bühnen wieder öffneten, war allerdings nichts mehr wie zuvor: Die Hälfte des Publikums blieb aus, die Preise für Technik und Räume waren gestiegen. Ramadan stellte Förderanträge bei den Städten und Kommunen, um seine Programme aufrechterhalten zu können. Die Stadt Starnberg kam ihm wie andere Kommunen entgegen und reduzierte die Miete. Nun habe die Stadt aber die Gebühren ohne vorherige Ankündigung vervielfacht: Für einen Veranstaltungsabend seien 1716 Euro fällig, beziehungsweise mit der Nutzung des Foyers knapp 3500 Euro – das sei hart.
Die Stadt Starnberg indes ist sich keiner Schuld bewusst. Bereits seit 2014 habe Wolfgang Ramadan vergünstigte Tarife für seine Aboreihe erhalten. Nach der Corona-Zeit habe die Stadt weitere Vergünstigungen gewährt. „Diese Regelung war von Anfang an jedoch zeitlich befristet und sollte die Auswirkungen der Pandemie abfedern“, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt. „Es war klar kommuniziert, dass alle Regelungen zum Jahr 2025 auslaufen würden, da die Stadt Starnberg alle kommerziellen Nutzer der Schlossberghalle gleich behandeln muss und auch aufgrund der angespannten Haushaltslage eine Verlängerung nicht möglich ist.“
Zu den Vertragsinhalten will sich die Stadt nicht äußern. Nur soviel noch: Kosten für das Foyer fielen nur bei einer großflächigen Nutzung an, was bei Ramadans Veranstaltungen nicht der Fall sei, Ton und Technik seien immer inklusive.
Als „kultureller Dienstleister“ will Ramadan weitermachen
Ramadan sagt, er habe von einer Befristung nichts gewusst und man habe auch nicht mit ihm gesprochen. Von Vergünstigungen seit 2014 will er nichts wissen. Die Stadt habe damals die Preise erhöht und parallel die Sitzplatz-Kapazitäten im Saal permanent verändert. Man habe sich deshalb darauf geeinigt, dass seine Miete sich nicht verändere.
Er hat seine Agentur bereits von fünf auf drei Mitarbeiter verkleinert und organisiert sich neu: Nur noch dort, wo man sein kulturelles Angebot finanziell fördert, will er weitermachen. „Als kultureller Dienstleister“, wie er sagt. Konkret trifft das auf den Pallaufsaal in Münsing zu, auf die Stadthalle in Grafing, das Stadttheater in Weilheim, das Kurhaus in Bad Aibling und das Kurhaus in Bad Tölz. Ramadan sagt, anders ließe sich Kultur zu bezahlbaren Preisen nicht mehr realisieren. Stammgäste aus Starnberg könnten ihr Abo nach Weilheim oder Münsing verlegen.
Ob es auch in Starnberg 2025 ein Kulturprogramm geben wird, ist noch offen. Die Verwaltung wurde im Juni vom Stadtrat beauftragt zu überprüfen, ob ein eigenes städtisches Kulturprogramm möglich und sinnvoll wäre. „Dieser Prüfauftrag ist noch nicht abgeschlossen“, teilt die Pressestelle mit. Die zwei Mitarbeiterinnen des Kulturbüros seien zuletzt mit der Organisation des Kultursommers beschäftigt gewesen.
Am Donnerstag, 21. November, steht Wolfgang Ferdinand Ramadan um 20 Uhr mit seinem Programm „Real Bairisch“ in der Schlossberghalle auf der Bühne (Ersatztermin für 2. Dezember 2023), am Freitag, 29. November, um 20 Uhr beendet Luise Kinseher mit „Wände streichen. Segel setzen“, die Aboreihe in der Schlossberghalle. Tickets unter www.brotzeitundspiele.de im Internet.