Windkraft:Im Norden hui, im Süden pfui

Windkraft: Im Kreuzlinger Forst zwischen Pentenried und Germering sind bis zu vier Windräder geplant.

Im Kreuzlinger Forst zwischen Pentenried und Germering sind bis zu vier Windräder geplant.

(Foto: Ingenieurbüro Sing)

Mit der Anhebung der Radarhöhen für die militärische Luftfahrt kann zwar die Planung von sechs Windrädern in Krailling und Gilching weitergehen - viele Flächen scheiden allerdings aus. Über einen harten Schlag für die Energiewende im Landkreis.

Von Carolin Fries

Ein gutes Jahr lang haben sie gewartet, gehofft und gebangt, ob die geplanten Windräder auf ihren Flächen überhaupt möglich sind. Nun feiern die Bürgermeister der Gemeinden Krailling und Gilching einen "Etappensieg", wie Kraillings Rathauschef Rudolph Haux (FDP) sagt. Denn die militärische Luftfahrtbehörde hat angekündigt, die Mindestradarführungshöhen im Flugsektor über dem Landkreis anzuheben, womit die Errichtung von 250 Meter hohen Windkraftanlagen inklusive Rotoren im Norden des Landkreises möglich wäre. Allerdings nur dort: Alle Konzentrationsflächen für Windkraft im Süden liegen höher als 600 Meter über Normalnull - und scheiden damit für den Betrieb rentabler Anlagen aus.

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(Foto: SZ-Karte)

Die Höhenbeschränkung wegen der Radarführung des Militärflughafens in Lechfeld galt in den Planungen als K.-o.-Kriterium. Vor knapp drei Wochen teilte das Bundesamt für Infrastruktur nun mit, die Höhen anzuheben. In einem Schreiben an Landrat Stefan Frey (CSU) heißt es: "Die maximale mögliche Bauhöhe würde dann (...) bei 836 Metern über Normalnull liegen." Doch weil moderne Windräder knapp 250 Meter hoch sind, heißt das: Zwei Drittel der Flächen, die der Landkreis 2012 in einem Teilflächennutzungsplan als mögliche Standorte ausgewiesen hat, kommen aufgrund ihrer topografischen Lage nicht in Frage. Etwa bei Gauting ist die Grenze im Nord-Süd-Gefälle. Nördlich lässt die angehobene Radarführung Windräder zu, südlich nicht. Wie viele potentielle Windräder damit womöglich nicht gebaut werden können, lässt sich schwer sagen. Auch Robert Sing vom gleichnamigen Ingenieurbüro in Landsberg kann da nur orakeln. "Vielleicht zwischen zehn und zwanzig", sagt er. Für die Energiewende im Landkreis ist die Nachricht aus Bonn deshalb bitter - auch wenn sie den konkreten Planungen Vorschub leistet.

Windkraft: 2015 gingen in den Wadlhauser Gräben bei Berg vier Windräder in Betrieb - bislang die einzigen im Landkreis.

2015 gingen in den Wadlhauser Gräben bei Berg vier Windräder in Betrieb - bislang die einzigen im Landkreis.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Krailling plant bis zu vier Windräder im Kreuzlinger Forst östlich der Autobahn A96. Die jüngste Planung des Ingenieurbüros Sing, das auch die bislang einzigen vier Windräder im Landkreis in Berg geplant hat, reiht vier Anlagen mit jeweils 600 Metern Abstand von Pentenried im Süden bis hinauf nach Germering im Norden aneinander. Alle Standorte sind in Privatbesitz oder gehören den Bayerischen Staatsforsten, eins liegt auf der Gemeindegrenze zu Gilching, eines knapp in der Nachbargemeinde. Gilching plant zudem zwei Anlagen im Norden des Gemeindegebietes an den Grenze zu Alling und Schöngeising. Diese insgesamt sechs Anlagen wären nun zumindest von der militärischen Luftfahrt freigeben. Auch was die zivile Luftfahrt des Flughafens im Erdinger Moos betrifft, in dessen Schutzzone die besagten Flächen liegen, gäbe es kein Einwände mehr, wie Sing sagt. Offen sei derweil noch, inwieweit mögliche Windräder den Flugbetrieb des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen beeinträchtigen würden - wenngleich es hier nicht um eine Höhenbeschränkung gehe, sondern um Flugschneisen, die womöglich freigehalten werden müssen, wie Sing sagt. "Da gibt es noch kein grünes Licht."

Windkraft: Robert Sing bei der Vorstellung eines Windrades in Berg im Jahr 2019.

Robert Sing bei der Vorstellung eines Windrades in Berg im Jahr 2019.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

"Halb happy", beschreibt deshalb Gilchings Bürgermeister Manfred Walter (SPD) seine Stimmungslage. Er plane dennoch, möglichst bald die Gespräche mit den Grundstückseigentümern wieder aufzugreifen. Alle seien "sehr kooperativ." Und auch Haux will "alle Beteiligten an den Tisch" holen, um weiter zu planen. In den nächsten Schritten gelte es, alle umweltrelevanten Fragen abzuklären. Entsprechende Gutachten müssten die Betreiber finanzieren. Er favorisiere einen Bürgerwindpark, an dem sich Kraillinger Unternehmen und Bürger beteiligen können. "Es gibt bereits zahlreiche Interessenten", sagt er. Anders als Kollege aus Gilching hat er aber noch keinen Kontakt zu den Grundstückseigentümern aufgenommen - "die werden jetzt angeschrieben."

Baurechtlich ist noch eine weitere Hürde zu nehmen. So ist im Teilflächennutzungsplan von 2012 eine maximale Bauhöhe von 210 Metern für die Windräder festgesetzt. Damals schien das ausreichend. Die vier Windräder in Berg, die 2015 in Betrieb gingen, sind 205 Meter hoch. "Um die Anlagen wirtschaftlich rentabel zu betreiben", seien inzwischen aber mindestens 240 bis 250 Meter nötig, wie Sing erklärt. Deshalb müsste entweder der Landkreis die Flächennutzungsplanung entsprechend ändern - oder aber die Gemeinden ergänzen die Bestimmungen mit einem Bebauungsplan. Letzteres ist wahrscheinlicher, weil deutlich unkomplizierter. Dennoch rechnet Haux mit mindestens drei weiteren Jahren bis sich ein Windrad auf Kraillinger Flur drehen könnte. "Es sei denn, die Regierung verkürzt angesichts der aktuellen Lage das Verfahren."

Angesichts der Energiekrise würde sich Robert Sing auch wünschen, dass die Mindestradarführungshöhen der militärischen Luftfahrt weiter angehoben werden. Mit einer Petition an den Bundestag hat er 2013 eine Anhebung auf 916 Meter im Ostallgäu erreicht, damals um den Bürgerwindpark in Lamerdingen zu realisieren. "Dadurch wurden schließlich auch die Windräder in Mammenhofen, Maisach und Fuchstal möglich", so Sing. Er plant nun, mit Unterstützung der Abgeordneten aus dem Wahlkreis erneut an die Bundesregierung heranzutreten. "Wir müssen da weiter dranbleiben", sagt auch Landrat Frey. Dass im Schreiben aus Bonn steht, mit der Anhebung der Höhen seien "alle Anpassungsmöglichkeiten der MVA Lechfeld ausgeschöpft", ignoriert er geflissentlich. Der Weg sei weiter mühsam, aber lohnenswert.

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