Wollte König Ludwig II. fliehen und ist dabei ertrunken? War es Suizid? Oder doch Mord? Seit seinem Tod am 13. Juni 1886 ranken sich unzählige Mythen und Geschichten um den Tod des Märchenkönigs. „Ludwigelei“ nennen die Wittelsbacher diese unendliche Gerüchteküche um das Ableben des bayerischen Monarchen. Sie gewähren zwar Historikern immer wieder Einblicke in ihre Archive. Doch offenbar lassen auch Urkunden und Protokolle die unterschiedlichsten Schlussfolgerungen zu.
Die Starnberger Historikerin Claudia Wagner jedenfalls ist überzeugt davon, dass es Suizid war, obwohl sie selbst einräumt, dass viele Fragen bis heute ungeklärt sind. Sie wisse genau, wie Ludwig II. ums Leben kam, sagte sie gleich zu Beginn ihres Vortrags „Ein ewig Rätsel…“, in dem sie am Donnerstag über den „wohl berühmtesten Todesfall“ in Bayern referierte. Letztendlich aber handele es sich – ebenso wie bei ihren Fachkollegen – um eine persönliche Meinungsäußerung. Und daher würden die Diskussionen zu den einzelnen Thesen niemals aufhören, wie sie feststellte.
Mit etwa 140 Besuchern war die Veranstaltung in der Bücherjolle, die in Kooperation mit der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg (Gwt) stattfand, ausverkauft. Lebendig und unterhaltsam berichtete Wagner über das Leben des Visionärs und seinen tragischen Tod. Die Veranstaltung wurde musikalisch untermalt von der „Ludwig-Combo“ mit Wagners Tochter Lala, ihren Ehemann Florian und Michi Gottfried.
Von dem großen Zuspruch in seinem Buchfachgeschäft fühlte sich Wolfgang Bartelmann, Chef der „Bücherjolle“ am Starnberger Kirchplatz, in seinem Konzept bestätigt. Heutzutage bringe man die Menschen nicht mehr allein mit Lesungen in den Laden, sagte er. Die Entwicklung gehe vielmehr hin zu Events mit Musik, Häppchen und Getränken. Und so standen die Besucher in der Pause Schlange an den Ständen mit Ludwig-Sekt, König-Ludwig-Bier und Grillwürsten. Das machte die Besucher offenbar satt und zufrieden. Denn Wagners Suizid-Theorie erntete keinen Widerspruch.
„Ein ewig‘ Rätsel“ steht am Ortseingangs-Kreisel in Berg geschrieben. Und schon Ludwigs Geburt stellte ein kleines Rätsel dar: Denn er kam exakt zum Geburtstag seines Großvaters auf die Welt. War seine Geburt am 25. August 1845 vielleicht um ein paar Minuten auf kurz nach Mitternacht verschoben worden, um seinem Großvater eine Freude zu machen? Schon damals gab es Gerüchte: Der 1,90 Meter große und in jungen Jahren gut aussehende Ludwig II. war laut Wagner „ein Bild von einem Mann“.
Auch bei Wagners Version der Ereignisse bleiben Fragen
Zudem war Ludwig ein Visionär, technisch vorausschauend und überzeugter Pazifist. Als er seine Soldaten schon in den ersten Jahren als Bayernkönig in zwei Kriege schicken musste, zog er sich zurück und blieb nur noch die gesetzlich vorgeschriebenen 21 Tage pro Jahr in München. Seine Scheu vor Menschen, seine unermessliche Verschwendungssucht beim Bau seiner Schlösser sowie seine Freundschaften mit jungen Männern, den „leichten Reitern“, wurden ihm letztlich jedoch zum Verhängnis: Als die Appelle, seine Probleme in den Griff zu bekommen, nicht fruchteten, wurde der Nervenarzt Bernhard von Gudden mit einem Gutachten beauftragt. Dieser stellte „per Ferndiagnose“, wie Wagner betonte, eine schizoide Störung fest. Daraufhin wurde Ludwig als Gefangener zum Schloss Berg gebracht.
Bereits an seinem Todestag kamen laut Wagner die Fragen auf – und die Gerüchte. „Ich persönlich bin überzeugt, Ludwig wollte Selbstmord machen“, betonte die Historikerin. Denn er habe mit Gudden einen Menschen umgebracht und mit dieser Schuld nicht leben können. Die Frage, warum die Uhren der beiden Toten zu unterschiedlichen Zeiten stehen geblieben waren, beantwortete Wagner damit, dass die Uhren eben nicht wasserfest und wohl von unterschiedlicher Qualität gewesen seien. Die Historikerin fand auch keine Antwort darauf, warum der Fischer Jakob Lidl überraschend zu viel Geld gekommen war, nachdem er die Leiche des bayerischen Königs aus dem Starnberger See geborgen hatte.
Auch der Umstand, warum man die Leiche des Königs nicht gleich zum Schloss gebracht hatte, sondern den toten Körper zunächst stundenlang im Bootshaus des Fischers lagerte, blieb ungeklärt.
Diskutiert wurde auf der Veranstaltung nicht. Nur vereinzelt gab es später Gespräche in der Warteschlange vor der benachbarten Eiswerkstatt, wo sich die Besucher eine Kugel Veilcheneis bach Sisi-Rezepz abholen konnten.