Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Klima und andere Desaster

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Wanderausstellung mit 99 Karikaturen im Landratsamt

Ein Biostall voller Hühner, alle stehen in Reih und Glied und heben den rechten Flügel. An einer Art Eingangsempore sind drei Männer zu sehen, zwei in weißen Kitteln, der Dritte trägt einen roten Pullover und hat eine Flüstertüte dabei. Er ruft: "Bitte den gesetzlichen Mindestabstand einhalten!" Oder: Zwei langnasige Kreuzfahrtpassagiere stehen an der Reling und schauen auf ein orange-grünes Meer aus Flaschen und Plastiktüten, in dem so gut wie keine Wasseroberfläche mehr zu sehen ist. Die praktisch veranlagte Frau mit wehendem Schal sagt: "Ich würde nur blaue Plastiktüten zulassen."

Karikaturen wie diese sind in der Wanderausstellung "Glänzende Aussichten" versammelt, einem vom Hilfswerk Misereor unterstützten Projekt des Erzbistums Bamberg. Da sagt eine Lidl-Kundin auf die Frage eines Interviewers, wie sie Strom spare: "Wir kaufen nie Energiedrinks". Und ein Korbverkäufer kommt auf eine bemerkenswerte Idee: "Brauchen Sie 'ne Tüte für den Korb?", fragt er seine Kundin am Marktstand. Die Schau mit 99 Arbeiten von etwa 40 Karikaturisten, die sich mit "Klima, Konsum und anderen Katastrophen" befassen, macht nun auch im Starnberger Landratsamt Station. Vernissage ist am kommenden Dienstag, 31. Januar, um 17.30 Uhr. Die Ausstellung dauert bis Donnerstag, 23. Februar und ist zu den Öffnungszeiten der Behörde zu besichtigen (montags, dienstags und donnerstags 7.30 bis 18 Uhr, mittwochs 7.30 bis 14 Uhr und freitags 7.30 bis 16 Uhr).

Wie es in einer Pressemitteilung des Landratsamts heißt, wagten die Karikaturisten "überraschend andere Blicke auf die weltpolitischen Themen unserer Zeit". Teils mit ironischem Augenzwinkern, teils auch sehr drastisch zeigten sie Widersprüche auf, "die sich aus unserem persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Handeln ergeben". Unter anderem geht es um den Umstand, dass viele Leute gern Billigwaren kaufen und dabei die Ausbeutung der Arbeiter und die ökologischen Folgen verdrängen. Die Absurditäten des Alltags sind ebenfalls Thema: Ein Mann schraubt Energiesparlampen in die Scheinwerfer seines SUV, womöglich um sein Gewissen zu beruhigen. Andere Karikaturisten zeigen, dass Geld die Welt regiert und sonst gar nichts: Ein Sanitäter fährt einen riesigen Euro in die Notaufnahme und würdigt seine Patienten, auf deren T-Shirts "Hunger" oder "Armut" steht, kaum eines Blickes.

Laut Kreisbehörde ist die Ausstellung auch für Schulklassen ab der 6. Jahrgangsstufe geeignet. Für sie gibt es eine Führung durch die Schau. Terminvereinbarung unter 08151/148-352.

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Quelle:
SZ vom 28.01.2017 / sum
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