Corona-Auszeit: Der Pfarrer:Pfarrer streamt Gottesdienst live ins Internet

Stadtpfarrer streamt Gottesdienst

Setzt auf Technik: Stadtpfarrer Andreas Jall.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der katholische Seelsorger Andreas Jall will für die Menschen da sein. Gläubige sollen Selfies schicken, die in den Kirchenbänken aufgestellt werden.

Interview von Blanche Mamer

Für Kranke da zu sein, ist eines der Versprechen, die für den Starnberger Stadtpfarrer Andreas Jall besonders wichtig sind. Und genau das, was er bei der Priesterweihe gelobt hat, wird ihm jetzt so schwer gemacht. Doch Jall hat einen besonderen Weg gefunden, für seine Schäflein präsent zu sein. Per Livestream will er mit dem Gottesdienst ins Haus kommen.

SZ: Herr Jall, wie geht es Ihnen?

Andreas Jall: Mir persönlich geht es gut. Ich bin gesund. Es sind schwere Zeiten, in denen wir präsent sein müssen. Als Seelsorger müssen wir erreichbar und greifbar bleiben, auch wenn wir keine öffentlichen Messen lesen dürfen. Als die Diözese das Verbot der Gottesdienste ausgesprochen hat, war uns sofort klar, dass wir uns Alternativen überlegen müssen. Ich glaube, wir haben gute Lösungen für diese außergewöhnlichen Zeiten gefunden

Was haben Sie vor?

Der Gottesdienst am vergangenen Sonntag, der extrem gut besucht war, hat uns gezeigt, dass die Menschen die sonntägliche Messe als Ort der Hoffnung brauchen. Wir haben diese Not gesehen, und ich habe mich am Montag sofort intern mit meinen Mitarbeitern besprochen. Wir haben beschlossen, die Möglichkeiten der neuen Medien zu nutzen. Dazu mussten wir jedoch erst die rechtlichen Bestimmungen prüfen. Ich werde also weiterhin einen Gottesdienst halten, wir werden ihn aber per Videokamera ins Netz übertragen, sodass die Gläubigen daheim auf dem Computer teilnehmen können.

Welche rechtlichen Bestimmungen?

Zum Beispiel die Vorgaben der Gema. Wenn ich mehr als 500 Nutzer habe, gelten andere Bestimmungen. Ich brauche dann eine Sendelizenz, was auch noch mit dem Bistum geklärt werden muss. Wir haben uns noch mehr überlegt. Die Kirchen bleiben offen. Es werden auch weiterhin die Glocken zum Gottesdienst geläutet. Und alle Christen, die an der heiligen Messe teilnehmen wollen, sollen ein Kerze anzünden und ins Fenster stellen - als Symbol der Gemeinschaft und als Zeichen "Ich bin auch dabei". In St. Maria in Starnberg haben wir ein großes Holzkreuz aufgestellt. Das Kreuz ist zwar das Zeichen des Leidens, aber auch der Hoffnung und der Erlösung. Die Gläubigen können dort ihre Wünsche und Ängste niederschreiben, ich werde sie in meine Gebete aufnehmen. Von einem italienischen Kollegen habe ich die Idee übernommen, dass die Menschen uns Selfies schicken sollen. Sie werden als Fotos in den Kirchenbänken aufgestellt.

Sie haben in Ihrer Pfarrei auch viele ältere Menschen, die nicht unbedingt einen Computer besitzen oder im Internet surfen.

Wir sollten nicht unterschätzen, wie fit unsere Senioren mit den neuen Medien sind. Viele von ihnen können sehr gut damit umgehen. Der Livestream geht sowieso nur in Starnberg. Es ist schon klar, dass wir nicht alle erreichen. Wir müssen aber auch sehen, dass ich stellvertretend für alle bete.

Wie ist es mit Kranken? Machen Sie Besuche?

Wenn ich gerufen werde, gehe ich auch weiterhin zu Kranken nach Hause. Bei einem Kranken mit Corona-Verdacht werde ich mir einen Schutzanzug besorgen und Maske und Handschuhe tragen. Ins Krankenhaus darf ich ja jetzt nicht mehr, doch ich werde versuchen, den Patienten, die fragen, per Telefon Trost zu spenden. Es ist eine der sechs großen Versprechen, die wir bei der Priesterweihe geben, nämlich, für die Kranken da zu sein.

Wie machen Sie es mit der Beichte, der Kommunion?

Das ist schwierig, da müssen erst Wege gefunden werden.

Und Ostern? Ohne Liturgie und ohne heilige Messe? Können Sie sich das vorstellen?

Nein, das kann ich mir nicht vorstellen, das Verbot gilt bei uns ja bis zum 3. April, dem Freitag vor Palmsonntag. Da der Vatikan die Osterfeier bereits abgesagt hat und das Bistum Regensburg gefolgt ist, müssen wir uns wohl darauf einstellen. Auch weil die staatlichen Verbote sich auf alle Versammlungen beziehen, können wir schon deswegen keine Gottesdienste halten. Wir haben die Erstkommunionfeier in Starnberg, die für den 26. April geplant war, bereits auf später verschoben. Auch alle Hochzeiten und die Firmung mussten bis 19. April fürs erste abgesagt werden. Nur Beerdigungen im engsten Familienkreis sind erlaubt.

Jetzt haben Sie ja sehr viel zu organisieren, bleibt Ihnen da noch Muße?

Diese Woche ist voll von Arbeit, vielleicht komme ich zum Ende nächster Woche dazu durchzuatmen. Persönlich kann ich mich früher als geplant auf einen Vortrag für einen wissenschaftlichen Kongress in Lugano vorbereiten, zu dem ich eingeladen bin. Da ich über Josef Ratzinger promoviert habe, war die Einladung, seinen theologischen Ansatz zu Glaube und Erfahrung mit dem des Theologen Leo Kardinal Scheffczyk zu vergleichen, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München katholische Dogmatik gelehrt hat. Beide standen ja in einer kirchlich sehr bewegten Zeit und waren auch gewissermaßen Konkurrenten.

Vielen Dank, Herr Pfarrer Jall. Und bleiben Sie gesund.

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