Sie haben hohes Fieber, sind apathisch und haben Muskelschmerzen: Überdurchschnittlich viele Kinder im Landkreis Starnberg sind derzeit krank, „und zwar richtig krank“, wie Thomas Lang, der Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin im Starnberger Krankenhaus sagt. Die 24 Betten der Kinderstation seien in der vergangenen Woche rund um die Uhr belegt gewesen, erzählt Lang. An diesem Dienstag seien erstmals wieder Betten frei geworden – doch an eine Verschnaufpause glaubt der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kindergastroenterologe und Neonatologe nicht. „Es ist die Hölle los.“
Die Hölle, das sind namentlich das Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) sowie Influenza A und B. Vor allem die umgangssprachlich auch „echte Grippe“ genannte Erkrankung mache momentan vielen Kindern zu schaffen. Säuglinge, Klein- und Schulkinder seien gleichermaßen betroffen, so der Arzt. Auch das Robert-Koch-Institut sprach in der vergangenen Woche von außergewöhnlich vielen mit Grippe infizierten Schulkindern sowie vielen Kleinkindern, die deswegen ins Krankenhaus mussten. Anfang Februar kamen etwa fünfmal so viele Kinder mit einer Grippe in große Kinderkliniken wie noch Anfang Januar – das geht aus Daten der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hervor. Sie stammen aus 65 Kliniken in Deutschland.
Einige der Patienten benötigten eine unterstützte Beatmung, berichtet Lang. „Wir erleben richtig schwere Verläufe.“ Mitunter hätten sich sogar Neugeborene bei ihren Eltern angesteckt und kämpften nun mit Influenza-Viren, die Lang in diesem Winter als „sehr ansteckend und aggressiv“ beschreibt. Das RS-Virus, das schwere Atemwegserkrankungen auslösen kann, tritt indessen weniger oft auf, seit im vergangenen Oktober ein Impfstoff zugelassen wurde.
Was auffallend sei: Immer wieder tritt bei Influenza-Infektionen eine Enzephalitis auf, eine Entzündung des Gehirns. Die betroffenen Kinder seien apathisch, „fast komatös“, hätten Krampfanfälle und verhielten sich desorientiert. Betroffen seien überwiegend Schulkinder. Diese Patienten müssen laut Lang auf Intensivstationen überwacht werden, da sich der Krankheitszustand schnell verschlechtern könne. Da es in der Starnberger Klinik keine Kinder -Intensivbetten gibt, wurden zuletzt zwei Patienten wegverlegt. „Das ist ein Fiasko“, beschreibt Lang die Situation, denn deutschlandweit seien solche Betten Mangelware und kaum zu bekommen. So kommt es, dass Patienten aus Starnberg nach Traunstein, Rosenheim oder Augsburg verlegt würden - für Familien eine besonders schwere Situation. Er ist froh, für die Starnberger Kinder rechtzeitig entsprechende Plätze gefunden zu haben. Beide habe man auf der Intensivstation maschinell beatmen müssen.

Auch für Kinder gibt es eine Influenza-Impfung, welche auch von den Krankenkassen übernommen wird. Für gesunde Kinder gibt es in Deutschland allerdings keine entsprechende Empfehlung, die Ständige Impfkommission (Stiko) rät dazu lediglich bei bestimmten Risikogruppen ab einem Alter von sechs Monaten. Thomas Lang sagt: „Es wäre sinnvoll, wenn sich die Erwachsenen mal durchimpfen lassen“, diese hätten viele Kontakte und würden das Virus so auch auf Kinder übertragen.
Um eine weitere Ausbreitung der Viren möglichst zu vermeiden, bittet er Eltern, Kinder mit Fieber daheim zu lassen und keinesfalls in Kita oder Schule zu schicken. „Und zwar fünf bis sieben Tage“, wie er sagt. Gleiches gelte selbstverständlich für das Pflegepersonal in der Klinik beziehungsweise für erkrankte Ärzte. Ein paar Wochen würden sie wohl noch durchhalten müssen, dann sei auch dieser Winter mit seinen Infektionskrankheiten überstanden.