Kommunalwahl:Starnberger Landrat Karl Roth hört auf

Der 64-Jährige tritt im kommenden Jahr nicht mehr an, weil er mehr Zeit mit seiner Familie und seinen drei Enkelinnen verbringen will. Der CSU-Politiker nennt im SZ-Interview auch einen Wunschnachfolger.

Von Astrid Becker und Sabine Bader

Er hatte seine Entscheidung für Ende Januar angekündigt - nun ist sie auch gefallen: Landrat Karl Roth (CSU) wird bei der Kommunalwahl nicht mehr für eine dritte Amtszeit kandidieren. Das hat Roth am Donnerstagabend den Mitgliedern des CSU-Kreisvorstands mitgeteilt. Über seine Beweggründe, über seine Pläne in der verbleibenden Amtszeit bis März 2020 und seinen Wunschnachfolger hat die Süddeutsche Zeitung mit dem 64-Jährigen gesprochen.

SZ: Herr Roth, was hat Sie dazu bewogen, nicht noch einmal anzutreten?

Karl Roth: Klar, könnte ich noch einmal antreten. Darum habe ich auch lange überlegt, was ich tue. Schließlich sind noch so viele Projekte in der Pipeline, es ist noch so vieles am Laufen. Dann überlegt man sich schon, ob man nicht doch noch bei der ein oder anderen Einweihung dabei sein will. Aber dann denkt man sich auch: In sechs Jahren gibt es wieder andere Dinge, die angestoßen worden sind. Klar ist, ich werde heuer 65 und würde dann mit fast 72 aufhören. Wer weiß, was dann ist? Ich glaube, das war jetzt die richtige Entscheidung. Meine Familie freut sich darauf, auch meine Enkelinnen (Anm. d. Red: die drei Mädchen sind zwei, drei und sechs Jahre alt). Wissen Sie, ich bin seit 1996 politisch tätig, da gibt es auch viele Sachen, die mit der Familie in den vergangenen 20 Jahren zu kurz gekommen sind. Weitere sechs Jahre sind mir einfach zu lang. Und ich bin nicht der Typ, der jetzt antritt, und dann nach zwei Jahren mit Ansage aufhört.

Wann fiel die Entscheidung?

Das war Anfang Januar, seit November 2018 geh' ich schon damit schwanger. Auch wenn es mir noch nicht richtig bewusst ist, und meine Frau Elisabeth Anfang Januar noch meinte, dass sie das erst glaube, wenn es so weit sei. Aber meine Entscheidung steht fest.

Unverrückbar?

Ja!

Wie hat die CSU am Donnerstag auf die Ankündigung reagiert?

Ich habe eine große Betroffenheit gespürt, aber auch Verständnis für meine Entscheidung.

Hat sich bei der Vorstandssitzung schon jemand als potenzieller Nachfolger positioniert?

Der Vorstandschaft habe ich empfohlen, Stefan Frey, den ich dafür befähigt halte, als Kandidaten der Delegiertenversammlung vorzuschlagen.

Stefan Frey ist fachlich qualifiziert, hat die nötige politische Erfahrung und die erforderliche Durchsetzungskraft. Zudem gefallen mir seine menschliche Art und seine Kompromissfähigkeit.

Welche Eigenschaften sollte ein guter Landrat für Sie haben?

Er muss wissen, wie man Verwaltung schreibt, braucht Fachverstand, muss einen guten Sitzungsstil pflegen und seinen Blick über den Landkreis hinaus richten. Wichtig ist auch, dass derjenige ganz nah bei den Menschen ist. Ja, er sollte gerne fortgehen, mit wenig Schlaf auskommen, und es schadet nicht, wenn er ein bisschen trinkfest ist. Gut für diesen Job wäre es auch, ein wenig Spaß am Ärger zu haben.

Hatten Sie denn Spaß am Ärger?

Nein, leider nicht. . . Man muss auch echt einstecken können, das gehört dazu.

Was wollen Sie in den 15 Monaten, in denen Sie jetzt noch im Amt sind, alles anschieben?

Ich habe ein Zehn-Punkte-Programm für dieses Jahr. Das machen wir jedes Jahr so. Natürlich gehört primär des Gymnasium Herrsching dazu. Das ist momentan das Spannendste: Entweder, wir können den Bürgerentscheid verhindern oder ihn gewinnen. Wir haben klar gesagt: Wir bleiben am Standort im Mühlfeld, den ich nach wie vor für sehr gut halte. Wir bauen jetzt den Kreisel für die Zufahrt und wir versuchen, noch in diesem Jahr die Genehmigungsplanung hinzubringen. Ein großes Thema wird auch die Digitalisierung an den Schulen sein. Das ist ein dickes Brett, das es zu bohren gilt. Ja, dann ist da noch der Landratsamtsanbau. Den offiziellen Spatenstich haben wir noch nicht gemacht, der wir wohl Ende des Winters sein. Aber wir graben ja schon. . .

Schon? Lange genug hat es gedauert. Hat die Stadt Starnberg nicht verlangt, ein Phantomgerüst aufzustellen, obwohl das Gebäude ebenso hoch werden soll, wie die Altbauten?

Ja, erinnern Sie mich nicht daran. . . Wir haben dadurch, zusammen mit der Stellplatzfrage, fast ein Jahr verloren.

Geht bei den Kliniken mehr voran?

Wir haben das Seefelder Krankenhaus im vergangenen Jahr ja unter die Holding gestellt und die Entscheidung, ob ein Neubau am alten Standort kommt, ist immer noch nicht durch. Da müssen wir mit dem Ministerium noch weitere Gespräche führen, da spielen viele Faktoren eine Rolle. Am Klinikum Starnberg ist der Bebauungsplan durch und wir können den Interimsparkplatz und die Intensivstation bauen.

Und wie sieht's in Sachen Umladestation aus?

Das ist ein weiteres spannendes Thema. Weder Weßling noch Gilching will sie haben. Wir können aber erst dann die zwei Örtlichkeiten vergleichen, wenn wir auch grünes Licht in Gilching bei den Jais-Grundstücken haben. Darum kann ich jetzt den Druck, den der Weßlinger Bürgermeister aufbaut, nicht richtig nachvollziehen. Weßling wird, wenn es um den Grundstücksvergleich geht, auf jedem Fall mit am Tisch sitzen. Beim Thema Asyl werden wir verstärkt in die Integration und Bildungsarbeit einsteigen. Wenn die Integrationsklassen für Asylbewerber zusammengelegt und in München oder den Nachbarlandkreisen zentralisiert werden, dann hätten wir wieder mehr Luft für unsere Berufs- und Fachoberschule.

12 Jahre

wird Karl Roth Landrat gewesen sein, wenn er sein Amt 2020 aufgibt. 1996 hatte seine politische Karriere als ehrenamtlicher Bürgermeister von Andechs begonnen. In seiner zweiten Amtsperiode wurde er hauptamtlicher Andechser Rathauschef - bis er 2008 zum Landrat gewählt wurde. Davor war der Verwaltungswirt bei der Kripo Fürstenfeldbruck für Sexual- und Tötungsdelikte und Wirtschaftskriminalität zuständig.

Entschuldigen Sie, wir reden nur über 15 Monate, nicht über die nächsten sechs Jahre. Was wollen Sie denn in der knappen Zeit noch alles anschieben?

Aber die Sachen sind doch schon am Laufen. . . Auch beim Thema Expressbus X910 von Weßling nach Großhadern tut sich übrigens was. Wir planen, ihn von April an durch den Flughafen durchzuleiten, das heißt, er spart sich bis zu acht Minuten. Das wäre optimal. Und wir hoffen, dass wir im Frühjahr die Ausschreibung für die E-Mobilität hinbekommen, dass wir in jeder Gemeinde eine Ladestation und einen Betreiber haben. Zu guter Letzt sind da noch die zwei Häuser mit insgesamt 13 Wohnungen, die wir in Söcking für unsere Mitarbeiter bauen. Die liegen mir besonders am Herzen. Sehen Sie, wir haben im Landratsamt zur Zeit allein 54 Auszubildende. Wir kriegen ja keine Fachkräfte von auswärts mehr. Darum möchten wir die Ausbildung unserer heimischen Leute mehr forcieren.

Was ist Ihr größter Erfolg?

Im Moment blicke ich noch nicht zurück, sondern nach vorne, auf die kommenden 15 Monate. Aber ganz spontan: Die Zusage zum Gymnasium Herrsching hat mich schon sehr gefreut. Als der Ministerpräsident sagte: "Der Landkreis kriegt für den westlichen Bereich noch ein Gymnasium." Zudem haben wir eine Fachoberschule bekommen. Das wirkt lange in den Landkreis. Auch, dass wir die Flüchtlingsproblematik so gut hinbekommen haben, war ein Highlight in Sachen Gemeinschaftsleistung.

Was war Ihre härteste Nuss?

Ich habe ja schon gesagt, dass ich hoffte, den Anbau noch einweihen zu können. . . Dass das jetzt nicht mehr klappt, finde ich echt schade, weil wir schon so früh, nach meiner ersten Wahl, eingestiegen sind. Und das Thema Gymnasium Herrsching nervt mich schon ein bisschen. Das muss ich ehrlich sagen. Das hätte ich mir reibungsloser gewünscht. Die Nuss ist noch zu knacken.

Was machen Sie am 1. Mai als Rentner?

Beim Maibaumaufstellen dabei sein und mitfeiern.

Wollen Sie eigentlich noch weiter politisch tätig sein?

Das lasse ich auf mich zukommen. Erst einmal freue ich mich auf die Zeit, die ich für mich habe. Auch bewusst wieder die Jahreszeiten zu genießen und bei schönem Wetter in die Berge gehen zu können. Eines steht fest: Mir wird es mit Sicherheit nicht langweilig.

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