Starnberg:Kann das richtige "Muh" 14 entlaufene Kälber retten?

Hausen Metzgerei Führer

Ein Teil der ausgerissenen Kälber ist wieder im Stall in Hausen, ein gutes Dutzend irrt noch durch die Wälder in der Umgebung.

(Foto: Georgine Treybal)
  • Vergangene Woche sind aus einem Stall in Gauting mehrere Jungrinder ausgebrochen. 14 Kälber laufen noch frei herum.
  • Ob die Kälber lebend eingefangen werden können oder ob geschossen werden muss, hängt davon ab, wo sie sich aufhalten: In der Nähe von Straßen oder Bahngleisen können sie eine akute Gefahr sein.
  • Der ehemalige Direktor des Tierparks Hellabrunn und Fänger von "Yvonne" rät: Die Kälber durch das Muhen einer Mutterkuh anlocken und betäuben.

Von Sabine Bader

Noch ist das Schicksal der 14 Jungrinder, die in der Nacht zum Donnerstag mit 27 Artgenossen aus einem Stall in Hausen entlaufen und derzeit im Raum Gauting unterwegs sind, völlig ungewiss. Das hängt mit der akuten Gefahr zusammen, die die Tiere darstellen, wenn sie in der Nähe von großen Straßen, Autobahnen oder Bahngleisen unterwegs sind. Beurteilten muss das die Polizei, das Landratsamt entscheidet dann, ob man versuchen will, die Kälber lebend zu erwischen, oder ob gar geschossen werden muss.

Je länger die Tiere, die ein Unbekannter nachts aus einem Gatter gelassen hat, unterwegs sind, desto schwieriger wird es, sie einzufangen. Denn die Rinder verwildern sehr schnell, vor allem die jungen Tiere, die ohnehin noch nicht an Menschen gewöhnt sind. Die Zeit drängt also.

"Im Moment konzentrieren sich alle Maßnahmen noch darauf, die Rinder in Abstimmung mit dem Eigentümer lebend zu fangen", erklärt Landratsamtssprecher Stefan Diebl. Der Landwirt Georg Führer aus Hausen richte gerade in Bereichen, an denen die Tiere zuletzt gesehen wurden, Futterstellen ein und stellt in deren Nähe Teilzäune auf.

Wenn sich die Tiere an die Futtergaben gewöhnt haben, so die Hoffnung, könnte man die Gatter schließen und sie wären gefangen. Laut Diebl sind die 14 Ausreißer in zwei Gruppen unterwegs, die einen südlich von Hausen und die anderen bei Hanfeld oder Söcking. "Wir müssen das Ganze genau im Auge behalten", sagt der Amtssprecher. "Im Moment scheint die Gefahrenlage nicht so groß zu sein." Das bedeutet: Geschossen wird noch nicht.

Erfahrung mit dererlei Fällen hat Henning Wiesner. Er lebt in Andechs, war von 1980 bis 2009 Direktor des Münchener Tierparks Hellabrunn und hat 2011 bei Mühldorf die wohl prominenteste entlaufene Kuh, "Yvonne", nach fast vier Monaten einfangen können. Wiesners Empfehlung lauter, eine Mutterkuh in dem Gebiet, in dem die Tiere vermutet werden, als "Lockvogel" zu nutzen. Die Kuh würde er von ihrem Kälbchen trennen. Nach relativ kurzer Zeit fangen Kuh wie Kälbchen an, nach einander zu rufen. Diese Rufe seien über weite Strecken zu vernehmen und könnten auch die entlaufenen Jungrinder anlocken.

Sind die Tiere dann nahe genug herangekommen, könnte man sie laut Wiesner mit einem Blasrohr narkotisieren. "Blasrohre sind Narkose-Gewehren immer überlegen". Denn die Schüsse aus dem Blasrohr sind lautlos. So könnte man gleich mehrere Tiere nacheinander narkotisieren, ohne sie in Panik zu versetzen. Zudem wäre die Verletzungsgefahr bei den Rindern gleich Null. Das alles funktioniert allerdings nur, wenn man nahe genug an sie herankommt. Die Reichweite bei Blasrohren beträgt bis zu 20 Meter, beim Narkose-Gewehr sind es 40 bis 50 Meter.

"Jedenfalls könnte man diesen Trick hier probieren", meint Wiesner. Allerdings nur, wenn sich die Gefährdungslage nicht dramatisch verändert und die Herden sich weiterhin in Wäldern oder auf Feldern herumtreiben. Denn immer gilt: Menschenleben geht vor Tierleben.

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