Starnberg:100 Jahre Leben

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Sie debattieren im Kino Breitwand in Starnberg über das hohe Alter: (v.l.) Ottmar, Siewert, Schwendner, Landrat Roth, Schmitt-Luginger und Wagner. (Foto: Ulfers)

Die Berger Regisseurin Dagmar Wagner hat einen einfühlsamen Dokumentarfilm über fünf Menschen gedreht, die zwischen 100 und 104 Jahre alt sind. Der Streifen wird bei einer Podiumsdebatte im Kino Breitwand gezeigt

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Die 100-jährige Gerda fragt sich manchmal, ob sie morgen noch aufwachen wird. Deshalb ist sie dankbar für jeden Tag. Sie stellt sich vor, dass wahrscheinlich im Himmel noch kein Einzelzimmer frei ist für sie. Deshalb muss ich noch dableiben. "Sterben würde ich lieber heute als morgen, aber ich weiß nicht, wie es geht", sagt eine andere Hundertjährige und ein 101-jähriger Mann meint: "Ich bin nicht depressiv, aber in meinem Alter wird es höchste Zeit." Die Berger Regisseurin Dagmar Wagner hat einen einfühlsamen Dokumentarfilm über fünf Menschen gedreht, die zwischen 100 und 104 Jahre alt sind. Was diese Menschen gemeinsam haben, ist ihre Disziplin, ihr Leben jeden Tag so anzunehmen, wie es ist, und es so selbstständig wie möglich zu führen. Sie strahlen innere Gelassenheit und Zufriedenheit aus. "Man muss aus allem das Schönste machen, positiv eingestellt sein", meinen sie übereinstimmend. Manchmal haben sie auch einen ganz besonderen Humor. So sagt beispielsweise der Mann: "Ich rede jeden Tag mit meinem Schöpfer, aber leider ist er schwerhörig wie ich." "Ü100 - wie fühlt sich ein Leben mit 100 Jahren an?" fragte Dagmar Wagner in dem Film, der am Sonntag im Starnberger Kino Breitwand im Rahmen einer Podiumsdiskussion gezeigt wurde. Landrat Karl Roth, Christine Schwendner, die im Bayerischen Staatsministerium zuständig ist für Seniorenpolitik, und drei Seniorenbeiräte aus dem Landkreis sprachen mit der Regisseurin zum Thema Hochaltrigkeit. Im Jahr 2030 wird jeder dritte Landkreisbürger älter als 70 Jahre alt sein. Schon jetzt leben beispielsweise in Gilching rund 100 Bürger, die älter als 90 Jahre alt sind, darunter sogar 30 Hundertjährige. Der Landkreis stellt sich diesen Herausforderungen; in den vergangenen Jahren wurde ein seniorenpolitisches Gesamtkonzept erstellt.

Der Grundsatz "alt ist gleich pflegebedürftig" gilt nicht mehr. Wie Wagner betonte, haben Forschungen ergeben, dass das Gehirn im Alter zwar langsamer reagiert, die Entscheidungen aber dafür umso durchdachter werden. Und Umfragen haben ergeben, dass die Mehrheit der hochbetagten Menschen zuhause bleiben will. Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen der Fachärztin für Geriatrie und Leiterin des Ilse-Kubaschewski-Zentrums in Starnberg, Barbara Kieslich. Nach ihren Angaben haben 70 Prozent der mehr als 85-Jährigen nicht einmal eine Pflegestufe und leben noch zuhause. Dennoch hat das selbstständige Leben in diesem Alter seine Grenzen. Laut Roth wurden daher in den vergangenen Jahren in jeder Landkreisgemeinde barrierefreie Wohnungen geschaffen oder ein Projekt für Betreutes Wohnen. In Gauting soll in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt das Pilotprojekt "Wohnen für Hilfe" entstehen. Wie die Vorsitzende des örtlichen Seniorenbeirats Ulla Ottmar erläuterte, will man damit dem Wunsch der älteren Bürger nach einem selbstständigen Leben entgegenkommen. Demnach können ältere Menschen, die über viel Wohnraum verfügen, jemanden aufnehmen, der keine Miete zahlt und stattdessen Arbeiten im Alltag übernimmt. Nachholbedarf indes haben noch einige Gemeinden bei der Einrichtung von speziellen Gremien für Senioren. Im Landkreis gibt es nur in fünf der 14 Gemeinden einen Seniorenbeirat. Die Gilchinger Seniorenbeirätin Hanka Schmitt-Luginger forderte die Bürger auf, entsprechende Ansprechpartner in ihren Gemeinden einzufordern.

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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