SZ-Adventskalender:Im Land der Träume

In der Casa futura in Starnberg leben sechs Jugendliche, die ohne Eltern aus ihrer Heimat geflüchtet sind. Sie wünschen sich Fahrräder, einen Reiskocher und Fußbälle

Von Blanche Mamer, Starnberg

Abdirahman ist mit 15 aus seiner Heimat Somalia geflohen. Über Äthiopien, den Sudan und Libyen, mit dem Boot übers Mittelmeer nach Italien. Jetzt ist er 17 und lebt seit September in Starnberg, in der neu gegründeten Betreuungseinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, der "Casa futura". Hier ist es kalt, sagt er, klar, doch Deutschland ist das Land seiner Träume. Er wolle hier bleiben, seine Ausbildung machen und später als Krankenpfleger arbeiten. Bis dahin ist noch ein weiter Weg, erst gilt es, nicht am Stolperstein "Deutschlernen" hängen zu bleiben, dann müssen in der Berufsschule die Hürden in Mathematik, Physik und Chemie genommen werden. Er hat nur drei Jahre die Schule besucht, aber neben Somali auch etwas Italienisch und Arabisch gelernt. Doch über sein Daheim will er gar nicht so gern sprechen. Vielmehr über seine Pläne. Er hätte gern ein Fahrrad, denn dann wäre er unabhängiger, könnte zum Beispiel selbstständig zum Einkaufen fahren. Mehrere Fahrräder wären schön, sagt auch Sozialpädagogin Silke Wozniak, die im vergangenen Sommer die Einrichtung gründete und nun für Abdirahman und fünf Jungs aus Afghanistan sorgt. Sie hat bereits viel mit schwierigen deutschen und ausländischen Jugendlichen gearbeitet, vorwiegend in Rosenheim. Von dort kenne sie auch die schreckliche Lage von Jugendlichen, die ohne Familie an der Grenze ankommen.

Starnberg Percha, Adventskalender

Für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge Abdirahman, Bashir und Peyman (von links) ist Erzieherin Michaela Sennes eine wichtige Bezugsperson.

(Foto: Georgine Treybal)

"Beim Landratsamt Starnberg ist mein Vorschlag, eine eigene kleine Einrichtung anzubieten, sehr gut aufgenommen worden", sagt Wosniak. Schnell habe sich auch ein Hauseigentümer gefunden, der eine große Wohnung und zusätzliche Büro-Räume im Untergeschoss zur Verfügung stellte und herrichtete. Anders als die größeren Sozialeinrichtungen im Landkreis, die sich um allein eingereiste Minderjährige kümmern, kann sie sich nicht auf finanziell starke Fördervereine stützen. Darum fehlt auch noch manches, was jetzt auf der Wunschliste des SZ-Adventskalenders steht. Später werde sie sicher Unterstützung brauchen, wenn es um Therapien zur Bewältigung der Traumata gehe, doch erst müssten die Jugendlichen viel besser deutsch können. "Einige haben Migräne, Angst vor Dunkelheit und Schlafstörungen, daran merken wir, dass sie an ihren Erlebnissen leiden. Sie sprechen aber nur bruchstückhaft über das, was sie beschäftigt. Beispielsweise waren wir vor kurzem auf der Autobahn unterwegs. Als wir einige Laster überholten, wurde einer ganz unruhig und zeigte mir dann, in welchem Teil eines bestimmten Lkw-Typs er versteckt war", erzählt die Betreuerin.

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Insgesamt sind 99 Jugendliche im Landkreis Starnberg untergebracht, berichtet Landratsamtssprecher Stefan Diebl. Sie leben in Gauting, Tutzing und in Berg und werden von der Caritas, von Condrobs, der Tabaluga-Stiftung, dem BRK und von Pflegefamilien betreut.

Ihre Jungs hatten ziemlich hohe Ansprüche gehabt, die ihnen über die Schleuser vermittelt wurden, erzählt Wosniak. Mittlerweile seien sie in der Realität angekommen, haben ihr Taschengeld zusammengelegt, damit jeder ein Handy bekommt. Auch bei anderen Ausgaben teilen sie brüderlich. Die Jungs, die jeden Abend selbst kochen, hätten gern einen Reis-Schnellkochtopf. Eine Sitzgruppe und ein Grill für draußen wären schön, auch eine Tischtennisplatte, ein Fußball und Federbälle. Peyman (16) aus Afghanistan wünscht sich, in einem Kickbox-Club in München zu trainieren. Mit Fahrkarten, und Vereinsbeiträgen könne man den Jugendlichen eine Freude machen, so Wosniak. Sie selbst wünscht sich einen großen Kühlschrank und für jeden eine schöne Zimmerpflanze, um die er sich kümmern muss. Weihnachten wird traditionell deutsch gefeiert, mit Baum, Kerzen, Plätzchen und Bescherung.

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