Starnberg:Im Ermessen der Behörde

Lesezeit: 2 min

Laut Barbara Beck, Sprecherin des Landratsamts in Starnberg, braucht ihre Behörde seit Juni dieses Jahres nur in komplexen Fällen bis zu drei Monate, um einen Antrag auf Ausbildung zu genehmigen oder abzulehnen. (Foto: Franz X.Fuchs)

Landratsamt nimmt Stellung zu Vorwürfen der Helfer

Interview Von Astrid Becker

Wie geht Ihre Behörde mit Ausbildungsgenehmigungen für Asylbewerber um?

Sprecherin Barbara Beck: Arbeitserlaubnisse werden sowohl für qualifizierte wie unqualifizierte Beschäftigungen erteilt. Ausbildungserlaubnisse haben aber qualifizierte Tätigkeiten zum Gegenstand. Dafür müssen Antragsteller in der Regel höhere Anforderungen erfüllen - wie Deutschkenntnisse oder Schulbildung vorweisen. Darüber hinaus verbindet sich mit einer Ausbildungsgenehmigung eine höhere Schutzwirkung gegenüber Ausweisungen. Das heißt: Wir müssen in der Gesamtschau migrationspolitischen Erwägungen stärker berücksichtigen.

Welche Kriterien werden dafür angelegt?

Das Bayerische Innenministerium hat verschiedene ermessensleitende Gesichtspunkte vorgegeben, an denen sich das Ausländeramt Starnberg orientiert. Wesentlich sind hier unter anderem die Mitwirkung im Asylverfahren und bei der Klärung der Identität, die Bleibewahrscheinlichkeit, das erworbene Sprachniveau, die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung, begangene Straftaten oder Verstöße gegen Rechtsvorschriften sowie der Stand des Asylverfahrens. Die Vorgaben des Ministeriums sind dazu da, das Ermessen im Sinne einer landeseinheitlichen, gleichmäßigen am Gesetzeszweck orientierten Anwendung zu steuern.

Welche Rolle spielt dabei die Bleibeperspektive?

Nach den Vorgaben des Ministeriums spielt die sogenannte Gesamtschutzquote für bestimmte Nationalitäten eine Rolle. Sie ist aus migrationspolitischen Erwägungen zu berücksichtigen. So soll die Verfestigung des Aufenthalts von Asylbewerbern, deren endgültiges Bleiberecht unwahrscheinlich erscheint, verhindert werden. Außerdem soll durch die Schutzwirkung einer Ausbildungsgenehmigung nicht umgangen werden, dass Asylbewerber ohne hinreichende Schutzgründe in ihre Heimatländer zurückkehren müssen.

Warum dauern die Genehmigungen so lange?

Seit Juni 2017 wurden Ausbildungsgenehmigungen vorrangig bearbeitet und die Bearbeitungszeit bei Vorgängen, zu denen alle entscheidungsrelevanten Dokumente vorlagen, auf zwei Monate verkürzt. Nur in Fällen, die einer komplexeren Einzelfallabwägung bedurften, konnte die Bearbeitungszeit bis zu drei Monate betragen.

Gibt es eine Ansage des Innenministeriums, möglichst keine Ausbildungsgenehmigungen zu erteilen?

Nein. Allerdings gilt der ministerielle Grundsatz, dass die Aufenthaltsbeendigung von vollziehbar Ausreisepflichtigen grundsätzlich Vorrang gegenüber der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis hat. Das gilt auch für Ausbildungserlaubnisse.

In der Weisungen des Ministeriums vom 1. September ist keine Rede von der Pflicht, vor einer Ausbildungsgenehmigung drei Monate Praktikum am Stück bei einem Arbeitgeber zu absolvieren.

Die Erteilung der Ausbildungserlaubnis liegt im Ermessen der Ausländerbehörde. Im Gegensatz hierzu stellt im Falle einer erteilten Ausbildungserlaubnis die Duldung nach bestandskräftiger Ablehnung des Asylantrags gemäß Gesetz eine gebundene Entscheidung dar. Es ist daher stets gedanklich zwischen der Ausbildungsgenehmigung (= Beschäftigung) und der dadurch möglicherweise später erzwungenen Duldungsentscheidung (= Statusentscheidung) zu trennen.

Können Sie konkrete Beispiele für Ermessensentscheidungen nennen?

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können wir hier keine Auskünfte liefern.

Wie viele Ausbildungsanträge wurden genehmigt,wie viele müssen noch bearbeitet werden?

Wir führen keine Statistik. Vorliegende Anträge sind jedoch bearbeitet und entschieden. Offen sind noch zwei, drei Fälle, bei denen die Antragsteller angehört wurden, bisher jedoch nicht geantwortet haben.

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: