Starnberg:Hundert Helfer im Katastrophengebiet

Feuerwehrleute aus dem Landkreis Starnberg sind seit Sonntag im Berchtesgadener Land im Einsatz. Im Fünfseenland sind Straßen gesperrt.

Michael Berzl und Gerhard Fischer

Starnberg Regen Überflutung

Mehrere Straßen im Landkreis Starnberg sind nach den andauernden Regenfällen überflutet. Foto: Georgine Treybal

(Foto: Georgine Treybal)

Fast hundert Feuerwehrleute aus dem Landkreis Starnberg sind seit Sonntag im Berchtesgadener Land im Einsatz. Dort hat das Landratsamt den Katastrophenfall ausgerufen, nachdem mehrere Muren abgegangen sind, Gebäude beschädigt wurden und eine Kläranlage überflutet wurde. Das Kontingent mit 23 Fahrzeugen und fünf Anhängern ist am Mittag aufgebrochen, berichtete Kreisbrandmeister Anton Graf. Mit dabei waren verschiedene Versorgungsfahrzeuge, ein Boot aus Herrsching und ein Spzezialunimog mit Leiter aus Gilching. Schon die Anfahrt in das Katastrophengebiet war schwierig, denn die Salzburger Autobahn war beim Chiemsee gesperrt. "Mal schauen, wie wir da durchkommen", sagte Kreisbrandrat Markus Reichert unterwegs.

Im Vergleich zu anderen Regionen Bayerns ist das Fünfseenland bis zum Wochenende noch glimpflich davongekommen. Die Feuerwehren mussten vor allem Keller auspumpen, die Polizei hat mehrere Straßen gesperrt, in Traubing ist der Bach Schwarzer Graben über die Ufer getreten. Kreisbrandmeister Graf berichtet, dass die Helfer bis Sonntagnachmittag zu 147 Einsätzen gerufen wurden.

Die überflutete Staatsstraße bei Kempfenhausen wurde am Sonntag zeitweise gesperrt, nachdem sich wegen verstopfter Gullys vor der Schön-Klinik ein See gebildet hat. Das Auto eines älteren Ehepaars ist im zum Teil knietiefen Wasser stehen geblieben und musste abgeschleppt werden. Helfer der Feuerwehr haben zunächst Autofahrer an der überfluteten Stelle vorbei dirigiert, mussten den Abschnitt aber dann ganz sperren und das Wasser abpumpen. Auf der Umleitungsstrecke kam es zu Staus. Auch auf dem Enzianweg und der Allmannshauser Straße stand zeitweise das Wasser, das die vollgesogenen Hänge nicht mehr aufnehmen konnten. In Aufkirchen wurde eine Sandsackbarriere aufgeschichtet, in Söcking musste eine Drainagegrube abgepumpt werden. Bei Petersbrunn und auf der Bundesstraße bei Pöcking hat die Polizei wegen Überflutungen Tempo 30 angeordnet. Die Straßen von Gilching nach Biburg und nach Gut Hüll wurden gesperrt.

In der Gemeinde Berg wurden die beiden Stauwehre bei Schwabbruck geschlossen, um den von Münsing kommenden Lüßbach aufzustauen und so Überschwemmungen in Farchach zu verhindern. "Diese Rückhaltebecken haben sich damit ein weiteres Mal bewährt", sagte Bürgermeister Rupert Monn, der am Sonntag Erkundungsfahrten durch seine Gemeinde unternommen hat. "Wenn wir die Staudämme nicht hätten, wäre Farchach schon überflutet, aber das haben wir jetzt im Griff", sagte er. Zur Unterkante einer Brücke fehlten nur noch Zentimeter, aber dank der Wehre lässt sich der Zufluss nun gut regulieren.

Der Pegel im Starnberger See steigt seit Freitag stetig an, doch bis zum Stand wie beim Pfingsthochwasser 1999 fehlen nach den Daten des Hochwassernachrichtendienstes noch 40 Zentimeter. Die Wassersportsiedlung in Starnberg wirkte am Sonntagmittag fast idyllisch: Aus den Dachrinnen der Häuser floss das Wasser in die Kanäle, wo eine Ente ihre Runden zog; überall auf den Wegen waren Pfützen. Es sah nicht so aus, als würde das Wasser die Häuser und Gärten gefährden können, nur das Fundament eines Ferienhauses, das dort entstehen soll, war fast vollgelaufen mit Regenwasser. Ein Anwohnerpaar, beide mit Schirmen bewaffnet, ging spazieren, der Mann war ganz entspannt, was den Pegelstand anging. "Das ist gar nicht schlimm", sagte er, "bevor es so viel regnete, war er sehr niedrig und jetzt ist er vielleicht 15 oder 20 Zentimeter gestiegen". Dann marschierte er zu dem Wasserstandanzeiger am Eingang der Siedlung. "Sehen Sie", sagte er. "Das Wasser ist nur einen Meter hoch - bei 1,20 Meter wird es vielleicht problematisch, aber da müsste es noch eine Woche so weiterregnen." Über dem Pegelmesser ist ein Schild angebracht, auf dem einige interessante Wasserstände angezeigt sind, etwa der niedrigste mit 29 Zentimeter oder der höchste aus dem Jahr 1965 mit 1,60 Meter. Die Bewohner waren zuletzt vor drei Jahren vom Hochwasser geplagt. Damals lief das Wasser in die Gärten und teilweise in Gebäude. Einige Häuser seien daraufhin etwas höher gesetzt worden, berichtete der Anwohner.

Was sich jetzt im See ansammelt, fließt mit etwas Verzögerung in der Würm in Richtung Norden. Der Pegel in Leutstetten steigt kontinuierlich. Nach dem aktuellen Stand fehlen bis zur ersten Meldestufe noch 13 Zentimeter. Mit großer Sorge beobachten daher die Anwohner des Flusses in Gauting die weitere Entwicklung. "Lang dauert es nicht mehr, dann geht es über", befürchtet Vivien Mosch, die gerade mit ihrem Hund beim Mühlrad spazieren geht. Sie kann sich noch gut an das Pfingsthochwasser erinnern: "Da sind die Enten in unserem Garten geschwommen." Die untersten Sitzstufen am Würmufer gegenüber vom alten Elektrizitätswerk am Hauptplatz sind überschwemmt, die Ledererstraße an der Würm musste gesperrt werden.

Bedenklicher ist aber die Lage am Ammersee, wenn man sieht, wie der Zufluss im Süden anschwillt. Der Pegel der Ammer hat bei Weilheim die Meldestufe 3 erreicht. Da kommt auf den See noch einiges zu. Der Pegel bei Stegen ist am Sonntagnachmittag schon über die erste Meldestufe geklettert.

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