Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Haarige Biester

Lesezeit: 2 min

Heimatbühne bringt den Klassiker von "Charleys Tante" auf die Bretter

Von Patrizia Steipe, Starnberg

Männer? Das sind doch diese "schrecklichen haarigen Biester, die alles antatschen müssen. Und dabei wollen sie alle nur dasselbe von einem Mädchen". Jack Lemmon hat diesen Spruch als "Daphne" in "Manche mögen's heiß" geprägt. Die Mafia-Persiflage mit Marilyn Monroe ist der Klassiker der Verkleidungskomödien. Ein anderer ist "Charleys Tante", dem deutschen Fernsehpublikum bekannt mit wahlweise Heinz Rühmann oder Peter Alexander in der Paraderolle der Tante aus Brasilien. Der britische Autor Brandon Thomas (1850-1914) hat das Stück geschrieben und 1892 uraufgeführt. Bei der Handlung lässt Jane Austen grüßen: Zwei Studenten wollen ihren Angebeteten ihre Liebe gestehen. Um die Damen zu einem Rendezvous zu bewegen, laden sie diese zu sich nach Hause zu einem Mittagessen mit Charleys Tante ein. Die Tante sagt kurzfristig ab, ohne Anstandsdame kann das Treffen nicht stattfinden und so schlüpft kurzerhand der Nachbar in die Rolle der reichen Erbtante. Es gibt Verfilmungen, Musical-Adaptionen und Übersetzungen in vielen Sprachen. Es ist erstaunlich, dass "Charleys Tante" nicht schon früher von den Heimatbühnen entdeckt wurde, denn der Stoff eignet sich perfekt für Laientheater. Der Erfolg des Stücks steht und fällt indes mit der Besetzung von Charleys Tante. Mit Gerold Müller hat Regisseur Markus Kreisl einen Glücksgriff getan. Müller spielt die Donna Lucia d'Alvadorez hinreißend. Kokett stöckelt er in Highheels über die Bühne, als käme er direkt vom Catwalk-Training bei Germany's next Top-Model, justiert immer mal wieder mit einem kräftigen Griff den falschen Busen und verdreht den Männern mit seinem überspitzen Weibchen-Getue den Kopf. Natürlich wanzt sich die falsche Tante schamlos an Lotte und Karin (Julia und Lena Fersch) an. Die arglosen "Kinderchen" lassen sich von der falschen Tante gutgläubig angrapschen, sehr zum Ärger ihrer beiden Galane (Jakob Baumgartner und Markus Kreisl). Diese können aber nicht einschreiten, um den Schwindel nicht auffliegen zu lassen. Während die verliebten jungen Männer mit den "Mädels" turteln, muss sich die falsche Tante gegen die Übergriffe der Väter (Herbert Kraus und Bernhard Gawinsky) zur Wehr setzen. Herrlich wie Gawinsky als Gottfried "Ackermännchen" Ackermann über die Bühne gockelt. Auf der hatte Bühnenbildner Max Wörsching sogar eine echte Hollywood-Schaukel aufgestellt.

Zu dumm, dass tatsächlich die echte Tante (Anita Baumer) auftauchte und das Durcheinander perfekt machte. Apropos "perfekt". "Nein, nein, ich bin ein Mann", ruft die falsche Tante, um den aufdringlichen Verehrer abzuschütteln. Die Antwort: "Niemand ist perfekt". Und damit wären wir wieder bei "Manche mögen's heiß". Hier fiel dieser Wortwechsel als Schlussgag.

Weitere Aufführungen sind am Samstag, 26. September, 20 Uhr, am Sonntag, 27. September, 17 Uhr sowie am Donnerstag, 1, Freitag, 2. und Samstag, 3. Oktober jeweils um 20 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 26.09.2015
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