Direktor des Starnberger Gymnasiums geht:"Ich habe ja jetzt immer Ferien"

Direktor des Starnberger Gymnasiums geht: Am Gymnasium in Starnberg herrscht Abschiedsstimmung. Nach 19 Jahren als Schulleiter verabschiedet sich Josef Parsch an diesem Donnerstag in den Ruhestand. Immer ein Team um sich zu haben, war ihm besonders wichtig.

Am Gymnasium in Starnberg herrscht Abschiedsstimmung. Nach 19 Jahren als Schulleiter verabschiedet sich Josef Parsch an diesem Donnerstag in den Ruhestand. Immer ein Team um sich zu haben, war ihm besonders wichtig.

(Foto: Arlet Ulfers)

Corona-Pandemie, G9, G8 und wieder G9, Randale an der Polizeiwache, die mit der Schule in Verbindung gebracht wird: Josef Parsch hat in seinen 19 Jahren als Direktor einiges mitgemacht und erzählt, was er in dieser Zeit selbst gelernt hat.

Interview von Cora Krüger

Schule aus, für immer: Josef Parsch leitete 19 Jahre lang als Direktor das Gymnasium in Starnberg, an diesem Donnerstag, der letzte Schultag vor den Sommerferien, verabschieden ihn die Schülerinnen und Schüler in den Ruhestand. Im Interview blickt er zurück und erzählt, was er selbst gelernt hat.

SZ: Herr Parsch, was war das Kurioseste, das sie in Ihrer Laufbahn erlebt haben?

Josef Parsch: Es gab viele kuriose Dinge. Das Aufregendste war sicher vor zwei Jahren, als unser Sommerfest mit dem Versuch der Erstürmung einer Polizeidienststelle in Verbindung gebracht worden ist. Wir haben erst am nächsten Tag genau erfahren, was los war. Über die Medien war der Vorfall aber angeblich schon bis Australien gemeldet worden (lacht). Da mussten wir natürlich klarmachen, dass die Aggression nicht von unserer Schule ausgegangen ist, sondern von einer Parallel-Feier außerhalb des Schulgeländes. Das war schon ein ziemlich harter Vormittag.

Wie geht man damit um, wenn die eigene Schule im Fokus der halben Welt steht?

Man muss eben schnell reagieren. Ich habe mich damals vor die Schüler gestellt und gesagt: "Das waren nicht meine Schüler." Davon war ich fest überzeugt und die Ermittlungen haben mir später Recht gegeben. Mir war natürlich sehr wichtig, den Namen meiner Schule wieder reinzuwaschen. Gemeinsam mit der Rathausspitze und der Elternbeiratsvorsitzenden haben wir damals sofort eine Presseerklärung verfasst und zu einem Pressegespräch eingeladen. Gegen Mittag konnte ich auch noch für das Bayerische Fernsehen eine Stellungnahme abgeben.

Sie mussten in den vergangenen 19 Jahren auch viele andere Herausforderungen stemmen. Was war die größte?

Die größten Herausforderungen waren eigentlich die Veränderungen. Meine Amtszeit war geprägt von vielen und großen Umbrüchen. Ich war gerade einmal ein Jahr Schulleiter, und dann kam plötzlich das G8. Die konkrete Umsetzung an der Schule war sicher die größte Herausforderung meiner Laufbahn. Mit dem G8 war ja weitaus mehr Unterricht am Nachmittag verbunden. Deshalb mussten auch die räumlichen Voraussetzungen für Mittagessen und Betreuungszeiten geschaffen werden. Aber wir haben damals alle intensiv zusammengearbeitet und das sehr gut hinbekommen, denke ich. Als ich 2011 gleich zwei Abiturjahrgänge verabschiedete, ging ich definitiv nicht davon aus, dass ich gegen Ende meiner Dienstzeit parallel zum auslaufenden G8 wieder ein aufwachsendes G9 leiten würde.

Was lief oder läuft besser - G8 oder G9?

Die Einführung des G8 kam schon überfallartig, aber angesichts der Tatsache, dass das G8 an unserer Schule sehr schnell gut funktionierte, hätte ich persönlich mit dem G8 gut weiterleben können. Es war sicher viel besser als sein Ruf. Die Kritik in den Medien fand ich vielfach nicht sachgerecht und völlig überzogen. Über die Art der Einführung des G8 lässt sich sicher trefflich streiten, es hat aber auf jeden Fall Dinge angestoßen, die sehr wichtig sind. Ich nenne nur das Anliegen der individuellen Förderung und die Intensivierungsstunden. Auch einzelne Nachmittage in der Schule waren aus meiner Sicht keine Strafe, sondern für sozial benachteiligte Kinder und für das gesamte Schulleben auch eine große Chance. Noch nie zuvor waren unsere Wahlkurse so gut besucht wie im G8. Schule wurde vom Lern- auch zum Lebensraum. Jetzt hat die Politik eine andere Weichenstellung vorgenommen - das ist ihr Recht - und natürlich haben wir auch das neue G9 wieder gut auf den Weg gebracht.

Durch die Corona-Pandemie mussten Sie den Unterricht im letzten Jahr ebenfalls sehr kurzfristig umstellen.

Das war natürlich auch eine sehr große Herausforderung, aber ich glaube, auch die haben wir mit gemeinsamen Anstrengungen gut bewältigt. Wir haben Mitte März 2020 an einem Donnerstag erfahren, dass ab Montag die Schule für längere Zeit zu sein wird, und am Montag in der Früh hatten alle Klassen schon einen Wochenplan mit Arbeitsaufträgen und Materialien. Schon einige Wochen später konnten wir sukzessive dazu übergehen, die Arbeitsaufträge durch Videokonferenzen zu ergänzen beziehungsweise zu ersetzen. Da waren wir sicher schneller und besser als andere unterwegs.

Es heißt, dass die Pandemie die Schere zwischen guten und schlechten Schülerinnen und Schülern auseinandergetrieben hat. War das an Ihrer Schule auch so?

Wir können das jetzt nicht statistisch belegen, aber von uns bekannten Einzelfällen ausgehend kann ich das schon so bestätigen. Die Oberstufe und die guten Schüler haben, glaube ich, nicht so sehr gelitten. Es gab sicher auch eine gewisse Schere zwischen den Schülern, die zu Hause mehr oder weniger Begleitung und Unterstützung durch ihre Eltern erfahren haben. Das Ganze hat also auch eine soziale Dimension.

Was machen Sie zuerst, wenn Sie sich in den Ruhestand verabschiedet haben?

Das weiß ich noch nicht genau, weil ich noch gar keine Zeit hatte, darüber nachzudenken. Es ist einfach noch sehr viel zu tun. Wenn ich mich ein bisschen ausgeruht habe, werde ich meine Fahrradreifen für eine größere Tour aufpumpen, meinen Rucksack für eine Bergtour packen, mein SUP-Board aufs Autodach schnallen und mein Pferd vor die Kutsche spannen. Über die Reihenfolge werde ich spontan entscheiden (lacht). In jedem Fall werde ich versuchen, ein bisschen Abstand zu gewinnen. Aber sicher werde ich nicht gleich in den Urlaub fahren. Urlaub im August ist eher nicht anzuraten, zurzeit sowieso nicht. Und ich bin ja nicht mehr auf die Schulferien angewiesen, ich habe ja jetzt immer Ferien (lacht).

Und langfristig, haben Sie da Pläne?

Ja, ich will mir schon noch Aufgaben suchen. Im sozialen Bereich, vielleicht bei einer Stiftung, da gibt es schon den ein oder anderen Kontakt. Ich werde möglicherweise auch noch eine Zeit lang für neu ernannte Schulleiter als Berater zur Verfügung stehen und in Fortbildungen eingebunden werden. Darauf freue ich mich schon. Das kann man natürlich nur eine bestimmte Zeit machen, weil man ja irgendwann raus ist aus dem Geschäft und die neueren Entwicklungen nicht mehr ausreichend mitbekommt. Aber in 19 Jahren als Schulleiter sammelt man schon einige grundlegende Erfahrungen, und die kann man sicher noch gewinnbringend weitergeben.

Was war die wichtigste Erfahrung?

Dass man es alleine nicht schafft, dass man immer ein Team braucht. Ich habe viele Teams in allen möglichen Bereichen meiner Tätigkeit. Es ist ganz wichtig, dass man andere Leute einbindet, sie mitnimmt und sich auf sie stützen kann.

Und was geben Sie den Abiturientinnen und Abiturienten mit?

Zu diesem Thema habe ich schon unzählige und ewig lange Abiturreden gehalten. Spontan und in aller Kürze würde ich sagen: Die Augen aufhalten, möglichst viele Erfahrungen sammeln, auch einmal Umwege gehen, Risiken auf sich nehmen und vielleicht sogar einmal eine Bauchlandung hinlegen. Auch das kann einen durchaus bereichern (lacht). Letztlich kommt es darauf an, dass jeder den für ihn persönlich richtigen Platz im Leben findet. Es geht nicht darum, am Ende ganz weit oben im Ranking zu stehen und möglichst viel Geld zu verdienen, sondern beruflich und privat da zu landen, wo man hinpasst und hingehört. Das würde ich jedem wünschen, darauf sollte jeder schauen und sich dafür auch die notwendige Zeit nehmen.

Würden Sie sagen, dass Sie das für sich selbst geschafft haben?

Ich denke schon, ja. Ich bin sehr dankbar, dass ich hier gelandet bin, und es war für mich beruflich der richtige Platz.

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