Starnberg:Großes Ballett mit Oper

Starnberg SBH,  Oper Orpheus und Eurydike

Viel Action auf der Bühne in der Schlossberghalle in Starnberg bei der Inszenierung der französischen Fassung von "Orphée et Eurydice".

(Foto: Georgine Treybal)

Intendant Andreas Sczygiol gelingt es, "Orphée et Eurydice" eindrucksvoll auf die Bühne der Starnberger Schlossberghalle zu bringen

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Oper in Starnberg - das ist vor allem die Kunst, mit wenig verfügbaren Mitteln gutes Musiktheater auf die Bühne zu bringen. Da muss man schon mal auf aufwendige Kostüme, Bühnenbilder und Trickzaubereien verzichten. Aber gerade das macht den Reiz der Aufführungen aus, denn Not macht erfinderisch. Dem Intendanten Andreas Sczygiol ist es gelungen, auch "Orphée et Eurydice", die französische Version der Oper von Christoph Willibald Gluck, eindrucksvoll auf die Bühne der Starnberger Schlossberghalle zu bringen.

Es war riskant, die Inszenierung eines solchen Werkes mit Choreografie, Bühne, Licht und Kostümen der Balletttänzerin Ada Ramzews zu überlassen. Es wurde letztendlich eine Ballett-Inszenierung, in der Gesangssolisten und Chor versuchten, irgendwo dazwischen die Oper unterzubringen. Ein interessanter Versuch, zwei Inszenierungen auf einer Bühne gleichzeitig abzuhalten. Dass dabei eine Konkurrenzsituation entstand, ließ sich kaum vermeiden. Vor allem in den vorderen Reihen war es für die Zuschauer schwierig, entspannt dem Geschehen zu folgen.

Einmal mehr galt hier die Weisheit: Weniger wäre mehr gewesen. Dass die Tänzer der B&M Dance Company und die Studenten der renommierten Ballettakademie Benedict-Manniegel sowie Martina Wimmer als Eurydike und Benjamin Birkner als Orpheus eine fulminante und virtuose Vorstellung geliefert haben, ändert leider nichts daran, dass der Aktionismus im Tanz, in der Gestik und Mimik sowie im Handeln der Gesangssolisten und Choristen die "edle, feinfühlige und natürlich Melodie", wie es im Programmheft zu lesen war, konterkarierten. Natürlich ging es auch um Leidenschaft und um tiefgehende Gefühle. Schließlich kämpft da Orpheus (Eric Vivion-Grandi, Tenor) um das Leben seiner geliebten Eurydike (Martyna Cymerman, Sopran), für die er sich sogar in die Unterwelt vorwagt. Amor (Agata Kornaga, Mezzosopran) persönlich verkündete ihm die von den Göttern ausgesprochene Gnade. Aber wenn Vivion-Grandi bereits allzu dramatisch sein Leid zu klagen hatte, während Birkner sein beeindruckendes Lamento bewegungsintensiv, ja fast schon exzessiv tanzte, war man doch mit der Bemühung, beiden zu folgen, beschäftigt genug, den angestrebten Effekt zu verpassen.

Dass Sczygiol am Pult des Projektorchesters konsequent die musikalische Idee Glucks verfolgte und das Orchester auch einfühlsam dem historischen Klangbild Rechnung trug, hielt alles trotzdem zusammen. Und dann war ganz überraschend im entscheidenden Moment doch eine Einheit zwischen Oper und Ballett entstanden: Der erneute Tod Eurydikes. Welch seelentief berührende Sekunden des Dahinsinkens und Verzweifelns. Nachdem sich die überaus homogen getanzten Furien und Geister zurückgezogen hatten, blieb die Oper nun alleine zurück, um den Höhepunkt der Handlung in der Unterwelt rein musikalisch auszugestalten. Die Ruhe und Sicherheit der beiden polnischen, stimmlich hervorragenden Solistinnen brachte auch viel Atmosphäre und Ausdruckskraft ins dramatische Geschehen. Der Italofranzose Vivion-Grandi, der erst in der Endphase der Proben eingesprungen ist, erwies sich allzu heldenhaft in dieser Rolle, was ihn doch der italienischen Version der Oper näher brachte. Erst in der Schlussphase fand er zur einfühlsamen Lyrik der ihm vertrauten Sprache. Endlich kam die Musik zu ihrem Recht, zumal auch das Vokalensemble Fünfseenland und der auf der Bühne agierende Projektchor nun mit farbschöner Klanghomogenität der instrumentalen Atmosphäre gleichzogen. Frenetische Schlussovationen.

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