Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Griechischer Schein-Stein

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Taverna im Keller des denkmalgeschützten Hotels Bayerischer Hof dekoriert Eingang

Von Peter Haacke, Starnberg

Es hat Zeiten gegeben im altehrwürdigen Starnberger Hotel "Bayerischer Hof", da durften noch nicht mal vom Holzwurm zernagte Balken entfernt werden ohne Zustimmung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Im Bauausschuss nun ließ jüngst eine Anmerkung von Ludwig Jägerhuber (CSU) aufhorchen: Der Eingangsbereich der "Griechischen Taverna" im Keller sei mit Steinen ausgekleidet worden, obwohl das Gebäudeensemble unter Denkmalschutz steht. Die Stadtverwaltung zeigte sich ratlos.

Hübsch anzusehen ist der alte Kasten schräg gegenüber vom historischen Bahnhof noch immer. Drinnen allerdings ist es weniger ansehnlich: Das Gebäude, um das Jahr 1875 herum entstanden zu Starnbergs besseren Zeiten, verströmt unübersehbar einen morbiden Charme. Seit Jahrzehnten schon ist der "Bayerische Hof" Starnbergs Sorgenkind. Die Stadt übernahm das repräsentative Haus 1984 nach einem Proteststurm der Bürgerschaft gegen den geplanten Abriss. 1998 aber stellte das Landesamt für Denkmalschutz das Gebäude unter besonderen Schutz. Seither ist man ratlos, was aus dem Haus werden soll: Eine Sanierung würde Millionen verschlingen, der Betrieb als Hotel ist unrentabel und ein Verkauf unter den aktuellen Vorzeichen nahezu unmöglich. Im Stadtrat sehen es die einen als "Tafelsilber", die anderen als Klotz am Bein. Und bis irgendwann einmal irgendeine Entscheidung getroffen wird, bleibt momentan eben alles so, wie es derzeit ist: Die oberen Stockwerke sind gesperrt, an der Außenfassade sichert man provisorisch, was noch zu sichern ist - und der große Rest bleibt ungewiss.

Chrisavgi Lakopoulos, seit Jahren Wirt der "Griechischen Taverna" im Keller des Bayerischen Hofs, hat dagegen Fakten geschaffen: Er verschönte vor wenigen Wochen den schnöden weißen Putz, indem er im Eingangsbereich seines Restaurants eine Dekoration anbringen ließ: Die Gäste könnten fast glauben, sie betreten eine Steinhöhle, und erfreuen sich am neu gestalteten Eingang. "Das ist so wie früher", sagt Christo, "aber kein Problem". Der Clou: Die vermeintlichen Steine wurden nicht an die Wand zementiert. Es handelt sich vielmehr um Kunststoffplatten, die an die Wand geschraubt wurden - eine Art griechischer Schein-Stein also, der auch schnell wieder entfernbar ist. Bei der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt ist man mittlerweile über die Verschönerungsaktion informiert.

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Quelle:
SZ vom 29.11.2016
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