Starnberg:Gerangel um die Tafel

Starnberger Verein tut sich bei der Wahl des Vorstands schwer. Zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die einen wollen eine straffere Organisation, während die anderen den rüden Umgangston bemängeln

Von Christiane Bracht, Starnberg

Bei Wind und Wetter an der Lebensmittelausgabe der Starnberger Tafel stehen, das ist nicht so sehr beliebt - im neuen Vorstand des Vereins mitmischen dagegen schon. Laut Erika Ardelt, die sich derzeit federführend um die Geschäfte des Interimsgremiums kümmert, gibt es jedenfalls mehr Interessenten als Posten. Selbst für den Vorsitz haben sich offenbar schon mehrere Kandidaten gefunden. Wer das Heft in die Hand nehmen will, darüber schweigt Ardelt allerdings. Die Wahl findet am kommenden Dienstag, 31. Mai, um 18.30 Uhr im evangelischen Gemeindesaal (Kaiser-Wilhelm-Straße 18) statt.

Wer den neuen Vorstand mitbestimmen darf und wer nicht, darüber gab es im Vorfeld allerdings einige Irritationen: Auf der Mitgliedskarte, die dem bunten Prospekt beiliegt, der vor etwa drei Wochen in der Stadt verteilt wurde, steht: "Die Mitgliedschaft beginnt am ersten des Monats, nachdem der Antrag eingegangen ist und schriftlich bestätigt wurde". Demzufolge dürften alle, die sich erst nach dem 1. Mai für eine Mitgliedschaft im Tafelverein entschieden haben, bei der Wahl nur zuschauen. Rund 100 Mitglieder hatte der Verein Ende April, inzwischen sind es 145, sagt Ardelt und beschwichtigt: "Das ist ein Fehler. Wir haben die Passage irrtümlich von einem alten Formular übernommen." Die Satzung sei entscheidend und dort stehe nichts von dem Monat. "Alle Karten, die in der Post waren, habe ich sofort mit einer Bestätigung und einer Einladung beantwortet", versichert sie. Selbstverständlich dürften die Mitglieder, die sich erst im Mai gemeldet haben, mit abstimmen. Selbst diejenigen, die noch in der Versammlung ein Formular unterschreiben, hätten ein Votum.

Fünf Vorstände sollen gewählt werden. Neben dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter sind ein Kassier, ein Protokollführer und ein weiterer Vorstand vorgesehen. Manch einen Mitarbeiter, der jeden Donnerstag auf dem Hof der evangelischen Kirche steht, egal ob es regnet, schneit oder die Sonne vom Himmel brennt, und Lebensmittel an Bedürftige und Flüchtlinge verteilt, treibt allerdings die Frage um: "Wird der neue Vorstand etwas mit uns zu tun haben?" Denn häufig hört man die Kritik, wenn es um den Interimsvorstand geht: "Von denen hat sich hier noch keiner blicken lassen." Oder "Die wissen doch gar nicht, was die Leute hier bewegt, und was sie brauchen." Ardelt weist das natürlich weit von sich. Man kenne sie und sie sei auch schon oft donnerstags dort gewesen. Böse Zungen behaupten: "Aber erst am späten Nachmittag oder zum Briefkasten leeren." Die Interimsvorsitzende versichert jedoch, dass sie genau wisse, was nötig sei, denn der Leiter der Tafel, Detlev Wagner, und auch Tanja Unbehaun seien bei allen Besprechungen dabei und stünden auch auf dem Hof, wenn die Bedürftigen kommen. Wie berichtet, sind die Helfer der Tafel jedoch nicht eins, sondern in zwei sich unversöhnlich gegenüberstehende Lager geteilt: Die einen, dazu gehören Wagner und Unbehaun, wünschen eine straffere Organisation, wollen alles effektiver gestalten, die anderen, vornehmlich älteren und meist auch langjährigen Helfer bemängeln den rüden Umgangston gegenüber den Bedürftigen, aber auch den Ehrenamtlichen. Sie wünschen sich wieder mehr Menschlichkeit und Transparenz bei der Tafel, so wie es war, als noch die Gründerin Edith Clemm auf dem Hof stand. Letztere fühlen sich folglich übergangen, wenn der Vorstand nur Wagner und Unbehaun anhört. Und so hat sich die gedrückte Stimmung bei den Ehrenamtlichen seit der Gründung des Interimsvorstands noch nicht gebessert. Der Umgangston auch nicht, berichten einige hinter vorgehaltener Hand. Beklagt wird auch, dass immer weniger einheimische Bedürftige zur Tafel kommen. Im April waren nach Angaben einiger Helfer nur noch 30 bis 40 mit ihren Kindern bei der Essensausgabe. Flüchtlinge seien dagegen jeweils an die 100 gekommen mit dabei hatten sie zwischen 50 und 70 Kindern. Vorstand und Organisatoren erklären jedoch regelmäßig, dass das Verhältnis etwa "halbe-halbe" sei.

Ob der neue Vorsitzende künftig auch der organisatorische Leiter der Tafel sein wird, der sich um Lebensmittelspenden, Abholung und Essensausgabe federführend kümmert, ist fraglich. Das müsse nicht sein, erklärt Ardelt. "Wünschenswert ist es, wenn der Vorstand gut gemischt ist und viele Perspektiven in ihm vertreten sind." Unterstützt werden sollen die fünf Vorstände von neun Beiräten, die gleichermaßen aus dem Kreis der Tafel-Mitarbeiter, der Sponsoren und der Öffentlichkeit sein sollen.

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