Starnberg:Geh an keinem anderen Tag

Daniel Craig

Der Champagner perlt, der Anzug sitzt: Daniel Craig und Monica Bellucci in dem James-Bond-Film "Spectre".

(Foto: AP)

Im Starnberger Breitwand war der neue Bond-Film "Spectre" am Mittwoch als Preview zu sehen

Von Gerhard Summer, Starnberg

Udo Hahn und seine Frau sind auch gekommen, allerdings in anderer Mission. Er müsse arbeiten, sagt der Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing mit ernstem Gesicht. Ja wie, arbeiten im Kino? Hat nicht James Bond schon alles erledigt? Doch. Aber Hahn und Kinochef Matthias Helwig stellen parallel im Saal 2 den Film des Monats vor. Das ist eine anspruchsvolle Sache, versteht sich, und nicht so ein Knall-Bumm-Film wie "Spectre", oder? Hahn schaut noch ein wenig nachdenklicher und sagt: Gut, eigentlich würde er sich jetzt auch ganz gern den Bond ansehen.

Mittwochabend, Starnberg: Eine halbe Stunde vor Beginn füllt sich das Foyer des Breitwand-Kinos zögerlich. Das sieht nicht nach Ansturm aus. Doch als die Vorstellung beginnt, zeigt sich: Im Saal 1 sind nur noch die ersten beiden Reihen frei. Es gibt auch noch eine zweite Vorführung, sie fängt um 22.30 Uhr an, endet gegen ein Uhr und dürfte für den eisernen Kinogänger gedacht sein. Auch dafür stehen dann erstaunlich viele Leute an. Was schon seinen Grund hat: In Starnberg ist der neue Thriller als Preview zu sehen, einen Tag vor dem offiziellen Kinostart. Und das schätzt der James-Bond-Fan, dass er schlau mitreden kann, bevor die anderen überhaupt mitkriegen, dass der MI6 jetzt leider abgewickelt und das Agentenprogramm ad acta gelegt werden soll.

Wie "Spectre" also ist? "Sehr viel Action und sehr brutal", meint eine ältere Besucherin beim Rausgehen. Anders gesagt: Der neue Bond ist auf keinen Fall schlecht. Daniel Craig spielt geschmeidig, smart und hart, die Sprüche sind cool oder wenigstens halbwegs cool, was eine Zuschauerin in Reihe 5 oder 6 mit permanentem Gelächter quittiert. Den neuen Q und den neuen M darf man getrost ins Herz schließen. Léa Seydoux ist bezirzend in der Rolle der Bond-Gespielin Madeleine Swann. Und es gibt Reminiszenzen für den Kenner und kunstvolle Motive wie das Spiegelbild und die Frage danach, welche Wahl der Mensch so hat im Leben. Andererseits: Der Song von Sam Smith, "Writing's on the wall" - langweilig. Die große, im Gedächtnis bleibende Szene - Fehlanzeige. "Spectre" hat weder eine Pokerrunde zu bieten noch eine hübsche Fahrt mit dem Panzer durch Moskau. Dafür gibt es eine so derbe wie dämliche Folterszene mit Bohrer. Und bei der Verfolgungsjagd in Tirol muss James mit einem klapprigen Flugzeug vorliebnehmen. Für den Technikfreak, der die Erfindungen des alten Q liebte, ist das nichts.

Der Plot schließlich - wirr. Oberschurke Franz Oberhauser (Christoph Waltz), der angeblich schon die früheren Bösewichter Le Chiffre, Greene und Silver gesteuert hat, will einen Überwachungsstaat errichten. Aber was hat er davon? Die Weltherrschaft? Geld? Rache an Bond? Oberhauser schweigt dazu. Und was heißt schon Oberschurke? Alle Dr. No-Parallelen helfen nichts, dieser Oberhauser bleibt ein blasser Bauernbursch. Waltz' Versuch, Gemeinheit zu erzeugen, indem er sich fidel gibt, geht gewaltig in die Hose. Gerade im Vergleich mit dem grandiosen, pathologisch fiesen Javier Bardem in "Skyfall" fällt er böse ab.

Was der jugendliche Bond-Kenner zu all dem sagt: "Die haben in den ersten fünf Minuten ihren ganzen Etat verballert."

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