Starnberg:Gautinger entscheiden über Grill-Grundstück

Trotz juristischer Bedenken und entgegen allen Empfehlungen beschließt der Gemeinderat einen Bürgerentscheid über Baurecht in der Ortsmitte

Michael Berzl

Gauting Grill Grundstück

Die Reste einer ehemaligen Tankstelle mitten in Gauting verfallen zusehends. Das frühere Kassenhäuschen dient nun als Wandzeitung. Foto: Treybal

(Foto: Georgine Treybal)

Über das seit vielen Jahren umstrittene Baurecht auf dem zentral gelegenen Grill-Grundstück an der Würm dürfen die Gautinger in einem Bürgerentscheid abstimmen. Gegen den ausdrücklichen Rat eines Rechtsanwalts und gegen die Empfehlung der Rathausverwaltung wegen formaljuristischer Bedenken ist im Gemeinderat die Entscheidung gefallen, dass es voraussichtlich im September zur Abstimmung kommen kann. Bürgermeisterin Brigitte Servatius kündigte an, ein Ratsbegehren dagegenzusetzen.

Die Rathauschefin wirkte zunächst fassungslos, als sie nach der namentlichen Abstimmung in der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend zusammen mit ihrem Geschäftsleiter Joachim Graf die Stimmen durchzählte und sicherheitshalber das Ergebnis noch einmal kontrollierte. Es war ein 11:11-Patt. So ein Unentschieden bedeutet nach der Gemeindeordnung, dass ein Antrag abgelehnt ist. Doch abgelehnt wurde somit der Verwaltungsvorschlag, den Entscheid für unzulässig zu erklären. "Das heißt, der Bürgerentscheid findet statt", musste Servatius feststellen. "Wir haben Geschichte geschrieben. Der Gemeinderat hat politisch entschieden und die Rechtslage ignoriert", sagte sie am Mittwoch.

Am Marktsonntag im Oktober hatten die Eigentümer der rund 3200 Quadratmeter großen Fläche bei der Würmbrücke am Hauptplatz eine Unterschriftensammlung begonnen. Auf den Quadratmeter genau listen die Eigentümer darin auf, wie groß das Wohn- und Geschäftshaus werden soll, das sie errichten wollen, wie groß ein Laden und ein Pavillon mit Café werden sollen. Der Antrag mit fünf Punkten und einer detaillierten Begründung ist auf diese Weise sehr kompliziert ausgefallen. Dennoch konnte Udo Köhler, der Geschäftsführer der Baderhofgesellschaft, der das Areal gehört, im Mai gut 300 Listen im Rathaus abgeben, auf denen mehr als 1600 Unterstützer unterzeichnet haben. Gut 1400 davon waren gültig; das vorgeschriebene Quorum, der Mindestanteil von acht Prozent der Wahlberechtigten, ist damit locker erreicht. Die erste wichtige Voraussetzung ist damit erfüllt.

Inhaltlich jedoch verstößt das Begehren nach Darstellung des Fachanwalts Thomas Pfister gegen gesetzliche Bestimmungen. So seien die Vorgaben viel zu dezidiert, wodurch der Planungsspielraum der Gemeinde zu sehr eingeengt werde. Auf der anderen Seite sei nicht herauszulesen, was genau der Antragsteller will, ob er zum Beispiel mit dem Plebiszit einen Bebauungsplan nach seinen Vorstellungen durchsetzen oder das Einvernehmen zu einem Bauantrag erzwingen will. Das Starnberger Landratsamt schließt sich dieser Auffassung an. Das geht aus einem Schreiben der Rechtsaufsicht hervor, das Bürgermeisterin Servatius in der Sitzung zitierte.

Der Auffassung von Kreisbehörde, Anwalt und Rathaus wollte sich aber nur ein Teil der Gautinger Kommunalpolitiker anschließen. Die gesamte SPD-Fraktion und die Bürgermeisterin, zwei Grüne, der parteifreie Gerhard Nafziger und Markus Deschler (FDP) stimmten wie vorgeschlagen gegen den Entscheid. Die CSU sowie die dreiköpfige Gruppierung von Wolfgang Meiler, Richard Eck (UBG) und die Grüne Anne Franke aber wollten die Bürger zu Wort kommen lassen. So kam es zu einer Entscheidung, die einige Fragen aufwirft.

So prüft das Landratsamt noch, wie mit einem Beschluss umzugehen ist, der ein - nach Ansicht der Behörde - ganz offensichtlich unzulässiges Bürgerbegehren zulässt. Eine Entscheidung wolle die Rechtsaufsicht im Lauf der nächsten Woche treffen, teilte die Pressestelle mit. Auch die Gemeinde muss sich mit der ungewöhnlichen Situation erst noch arrangieren. Servatius will Bürger- und Ratsbegehren vorbereiten. Der Termin steht noch nicht fest. Eigentlich läuft jetzt eine Drei-Monats-Frist; denkbar wäre aber auch eine Verschiebung auf den Wahlsonntag am 15. September.

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