Starnberg:Für viele einfach unerschwinglich

Mieten und Grundstückspreise im Fünfseenland steigen, aber die Dörfer wollen nicht zum Siedlungsbrei werden, heißt es beim SZ-Forum.

Armin Greune

Grundstücks- und Mietpreise im Fünfseenland ziehen beständig an: Selbst Familien mit mittlerem Einkommen finden kaum noch erschwinglichen Wohnraum. Sollen Kommunen auf den Siedlungsdruck reagieren, indem sie neues Bauland ausweisen oder riskieren sie so, ihre Identität zu verlieren? Hat die Politik überhaupt Werkzeuge zur Hand, um die Kosten für das Grundbedürfnis Wohnen in den Griff zu bekommen? Diese Fragen standen im Fokus der Podiumsdiskussion, die am Mittwoch auf Initiative der SZ in der Starnberger Kreissparkasse stattfand.

SZ Forum in Starnberg

Auf dem Podium: Jobcenter-Geschäftsführer Gerhart Schindler, Immobilienmaklerin Claudia Bader, Bürgermeister Josef Steigenberger und Landrat Karl Roth. Foto: Fuchs

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die sozialen Konsequenzen der hohen Mieten beleuchtete Gerhart Schindler, Leiter des Starnberger Jobcenters. Sein Amt übernehme für Hartz-IV-Empfänger nur "angemessene" Mietkosten, derzeit maximal 505 Euro im Landkreis - immerhin deutschlandweit einer der höchsten Sätze. Sorge bereitet ihm, dass "sogenannte ergänzende Leistungsbezieher immer mehr werden": 300 seiner Kunden seien derzeit auf Zuweisungen angewiesen, obwohl sie ganztags arbeiten.

Landrat Karl Roth konnte diese Probleme aus dem Blickwinkel des Arbeitgebers bestätigen: Neue, junge Kollegen in der Kreisverwaltung nehmen als Pendler weite Wege in Kauf, weil sie sich Mieten in Starnberg nicht leisten können. Das Landratsamt habe einige günstige Unterkünfte für Mitarbeiter gesichert. Roth riet Firmen, diesem Beispiel mit dem Bau von Werkswohnungen zu folgen: "Da müssen Unternehmer etwas tun." Auch Schindler hielt "die Idee, Firmen um einen Beitrag zu kreativen Lösungen zu bitten, für gut": Es läge ja in deren Interesse, qualifizierte Mitarbeiter langfristig zu binden. Dem Appell aus München, die Region sollte mehr Bauraum schaffen, will Roth allenfalls entlang der S-Bahn folgen. Im ländlichen Raum gelte es hingegen, gewachsene Dorfstrukturen zu erhalten und nicht zum gesichtslosen Siedlungsbrei werden zu lassen. "Weiter weg von München macht Vieles leichter", sagte auch Bernrieds Bürgermeister Josef Steigenberger. In seiner Gemeinde werden seit 40 Jahren 80 Prozent der Neubauflächen von der Kommune an Einheimische vergeben. "Gegen das Steigen der Preise hat uns das aber nichts genützt": Obwohl es in Bernried keine bebaubaren Uferbereiche gibt, seien die Quadratmeterpreise auf dem Niveau des Nachbarlandkreises Starnberg angelangt.

Immobilienmaklerin Claudia Bader bezweifelte, ob sich mit zusätzlichem Baugrund kostengünstiger Wohnraum schaffen ließe: "So viel kann man gar nicht ausweisen, dass sich die Preise ändern." In ihrer mehr als 20 Jahre währenden Praxis habe das Angebot nie die Nachfrage befriedigen können. Weil Grund nur begrenzt zur Verfügung stehe, müsste der Immobilienbestand effektiver genutzt werden: Viele ältere Kunden suchten händeringend nach adäquaten Wohnungen, für die sie bereitwillig ihre Häuser im Fünfseenland räumen würden. Die stünden dann wieder jungen Familien zur Verfügung, sagte Bader.

Auch aus dem Publikum wurden Forderungen laut, der Gesetzgeber sollte bei Neubauten behindertengerechte Konzepte festlegen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel fand, Bezirks- und Landesplanung müssten verbindlichere Richtlinien für die Kommunen erlassen, "um gemeinsam das Problem anzugehen". Steigenberger verteidigte hingegen die Planungshoheit der Gemeinden: "Für den Erhalt sozialer Strukturen sind die Kommunen zuständig", meinte er. Kompetenzen sollten nicht auf höhere politische Ebenen, sondern nach unten verlagert werden, indem man die Bürger bei der Ortsentwicklungsplanung einbinde. Auch Roth wollte auf die Gemeinden keinen Zwang ausüben: Dem Kreis seien bis 2040 6000 Neubürger prognostiziert worden: "Das ist nur im Verbund mit den Kommunen zu schaffen."

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