Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Für neue Windräder, für den Tunnel, gegen das Gewerbegebiet

Die Grünen treten im Landkreis Starnberg mit sieben Bürgermeisterkandidaten an. Martina Neubauer rechnet sich Chancen aufs Landratsamt aus

Von Sabine Bader, Starnberg

Die Grünen im Landkreis sehen sich im Aufwind, und sie wollen den Wind auch im wahrsten Sinne des Wortes nutzen: Sollte die Partei nach der Kommunalwahl in den Rathäusern das Sagen haben, werde sie das Thema Windkraft noch einmal ernsthaft angehen. Denn die Spitzenkandidaten finden es bedauerlich, dass die vier Windräder in Berg bis dato die einzigen im Fünfseenland geblieben sind. Umgesetzt übrigens nicht etwa von einem grünen Bürgermeister, sondern mit Rupert Monn von einem Freien.

Die Ökopartei zieht also aus, um die Rathäuser zu erobern. In sieben Gemeinden des Fünfseenlands - in Feldafing, Gilching, Gauting, Seefeld, Starnberg, Wörthsee und Weßling - treten die Grünen bei den Kommunalwahlen im kommenden Frühjahr mit Bürgermeisterkandidaten an, und sie rechnen sich nach eigenen Angaben auch gute Chancen aus. "Schließlich ist die Bürgermeisterwahl eine Persönlichkeitswahl", sagt Kreis- und Stadträtin Martina Neubauer. Bayernweit hatten die Grünen im Fünfseenland bei der Landtagswahl das beste Landkreis-Ergebnis eingefahren. Das beflügelt. "Wir treten geschlossen an, um den Landkreis zu begrünen. Wir wollen Verantwortung übernehmen", sagte sie. Und in eigener Sache: "Es wird Zeit für eine grüne Landrätin." Schließlich will sie die Nachfolge von Karl Roth antreten. Am Dienstagabend präsentierten sich die grünen Kandidaten in Starnberg.

"Wir können auf kommunaler Ebene viel dafür tun, die Klimaziele zu erreichen", glaubt Neubauer. Dass die Windkraft hier ein entscheidender Faktor ist, ist den Kandidaten klar. "Sie ist ein wichtiger Baustein", meint Kerstin Täubner-Benicke, die in Starnberg antritt. Sie hofft ähnlich wie ihre Gilchinger Kollegin Diana Franke und Florian Tyroller aus Wörthsee ("Wir brauchen die Energie der Windkraft"), dass sich auch in ihren Gemeinden Standorte finden lassen. Denn alle drei Gemeinden verfügen über geeignete Flächen. Insgesamt sind seit 2015 im Landkreis 15 potenzielle Areale im Teilflächennutzungsplan "Windkraft" für den Bau von Windrädern festgelegt. Dank dieses Plans wird die 10-H-Regelung ausgehebelt. Natürlich wissen die Kandidaten auch, dass sie mit diesem Thema nicht bei allen Bürgern offene Türen einlaufen werden. Aber sie hoffen mit Bürgerwindprojekten die Akzeptanz bei den Leuten steigern zu können.

Neben der Windkraft geht es den Kandidaten aber auch um Klimaprojekte, die Bürger selbst umsetzen können. So erzählt beispielsweise Florian Tyroller, wie er sein Wörthseer Elternhaus aus den 1960er-Jahren, in dem der selbst lebt, so umgerüstet hat, dass es heute klimaneutral ist. "Wir müssen die Leute zum Renovieren bringen."

Da der Landkreis Starnberg eine beliebte Ausflugsregion ist, wollen die Grünen auch Anreize schaffen, dass die Besucher mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Für die staugeplagte Kreisstadt stellte Täubner-Benicke klar: "Wir müssen unseren Verkehrsraum neu aufteilen. Der Tunnel ist die einzige Chance für Starnberg. Eine Umgehung löst das Problem nicht." Auch der Erweiterung des Gewerbegebiets Schorn erteilte sie eine klare Absage: "Schorn ist ein Irrweg." Vielmehr setzt sie darauf, vorhandene Gewerbeflächen - etwa die im Moos - effektiver zu nutzen.

Apropos beliebtes Fünfseenland: Was den Zuzugsdruck auf die Region betrifft, setzen die Grünen auf zeitgemäße Wohnformen wie Genossenschaftsmodelle (Anton Maier aus Feldafing: "Das ist eine schöne Sache") oder auf "Wohnen gegen Hilfe" und Mehrgenerationenwohnen. Bezogen auf die Ängste der Gautinger in Sachen Ortsentwicklung glaubt Hans Wilhelm Knape: "Wir haben keinen Mangel an Geld, sondern einen an Fantasie."

Und was die politische Konkurrenz angeht, glaubt Neubauer nicht, dass die AfD in einer Landkreisgemeinde mit einer eigenen Liste antreten wird.

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Quelle:
SZ vom 07.11.2019
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