In dem Moment, in dem jemand über Kamera spricht, hat man etwas falsch gemacht“, sagt der Kameramann Martin Gschlacht. Tiefer kann man nicht stapeln. Er wolle seine Arbeit ganz in den Dienst des Films und seiner Geschichte stellen, fügte er noch hinzu. Die Tragweite dieser Aussage wurde gleich darauf mit „Des Teufels Bad“ deutlich, einem von drei Filmen, die Gschlacht als Ehrengast auf dem 18. Fünfseen-Filmfestival (FSFF) als Ehrengast präsentierte.
Martin Gschlacht, 1969 in Wien geboren, fand erst spät und über die Musik zum Film. Er begann mit einem Studium der Betriebswirtschaftslehre, absolvierte anschließend einen Kameraassistentenlehrgang und studierte schließlich Kamera und Produktion an der Filmakademie Wien.
Er ist Mitbegründer der Filmproduktionsgesellschaft coop99 sowie der Akademie des Österreichischen Films. Seit 2023 ist er Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences. Auf dem FSFF zeigte er „Women Without Men“ von Shirin Neshat aus dem Jahr 2009, den er als seinen wichtigsten Film und als Glücksfall für seine Arbeit bezeichnet. Außerdem war er bei den beiden österreichischen Produktionen „Revanche“ von Götz Spielmann aus dem Jahr 2008 sowie „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala dabei, der in diesem Jahr auf der Berlinale vorgestellt wurde.
Für seine Arbeit bei diesem Film erhielt Gschlacht den Silbernen Bären, eine äußerst seltene Auszeichung für einen Kameramann. Er sehe den Preis jedoch für den ganzen Film, sagte er kürzlich in einem Interview: „Kein Film kriegt einen Kamerapreis, nur weil er schöne Bilder hat – sondern weil er insgesamt eine Qualität hat, zu der unter anderem die visuelle Umsetzung beiträgt.“
Im Filmgespräch mit dem BR-Journalisten Moritz Holfelder wurden am Samstagabend im Starnberger Kino auch viele technische Fragen zu diesem analog gedrehten Film verhandelt, der im Österreich des 18. Jahrhunderts spielt.
Anders als beim digitalen Filmen koste es jedes Mal viel Geld, wenn der Auslöser gedrückt wird, sagte Gschlacht. Das führe zu einem „hohen Faktor an Konzentration beim Drehen“, am Ende sehe man das auch dem Film an.
Er habe sich außerdem entschlossen, weitgehend auf Scheinwerfer zu verzichten und nur mit realen Lichtquellen wie Feuer, Kerzen, Fackeln oder Talglichtern zu drehen. Hauttöne, Flammen und Dunkelheit ließen sich auf analogem Filmmaterial ganz anders darstellen.
Insgesamt sei ganz bewusst ein sehr dunkler Film entstanden, inspiriert von Gemälden aus der Zeit, vor allem aber, um die Lebensumständen der unteren Bevölkerungsschichten möglichst realistisch zu zeigen: „Die Menschen haben damals sehr viel Zeit im Dunklen verbracht.“
Nur für eine einzige Szene, eine Traumsequenz, die in einem engen und dunklen Gang gedreht werden musste, habe er eine Digitalkamera eingesetzt, erläutert Gschlacht.
Die Radikalität des Films besteht aber bei Weitem nicht nur in seiner technischen Herangehensweise. Sie besteht nicht nur in seinen klaren und einfachen Einstellungen, die auf jegliche Effekthascherei verzichten. Sie liegt auch an der Schonungslosigkeit, mit der er das von Kirche und Aberglauben vorgezeichnete Leben einer jungen Frau erzählt, die in ein fremdes Dorf verheiratet wird und die ihre einzige Bestimmung, das Gebären von Kindern, nicht erfüllen kann, weil der Ehemann ihr den Beischlaf verweigert.
Und sie besteht vor allem in der Art und Weise, wie das Team sich auf Geschichte des Films eingelassen hat: So wohnten etwa im Vorfeld alle Beteiligten mehrere Tage am Drehort, in einem Haus ohne Strom, ohne Heizung, fast ohne Tageslicht. „Wir haben Bild für Bild durchgedacht“, erläutert Gschlacht die Vorarbeiten. Vor allem aber habe die Hauptdarstellerin Anja Plaschg, die eigentlich Musikerin ist, die Rolle nicht gespielt, sondern sich in monatelanger Vorbereitung in die Figur „hineingelebt“.
Er habe keine Ambitionen nach Amerika, sagte Gschlacht im Filmgespräch. Aber bei den Dreharbeiten für den Film „Alpha“ von Albert Hughes habe er es zumindest einmal ausprobiert. „Es ist ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, man kann es, wenn James Bond anruft.“ Für seine Arbeit habe er jedoch andere Prioritäten.
Einen Film mit Giorgos Lanthimos würde er nicht machen wollen, sagte er zum Schluss, auch wenn man damit für einen Oscar nominiert würde: „Ich mag es nicht, wenn Form über Inhalt steht.“