Starnberg:Fronten bleiben verhärtet

Der Stadtrat setzt die bisherigen Beschlüsse zum B2-Tunnel aus und will sich auch zum Bundesverkehrswegeplan äußern

Von Peter Haacke, Starnberg

Der Verkehr ist seit Jahrzehnten zentrales Thema in der politischen Debatte der Kreisstadt. Der Stadtrat widmete sich am Montag erneut der Problematik: Das Gremium billigte mit 16:14 Stimmen einen Antrag der WPS, der eine Aussetzung aller "zustimmenden Beschlüsse des Stadtrats" zum B2-Tunnel vorsieht, "bis ein Realisierungskonzept für die verkehrliche Entlastung vom Stadtrat beschlossen ist". Zudem soll sich die Stadt mit einer Stellungnahme an der Öffentlichkeitsbeteiligung zum aktuellen Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) - insbesondere zum B2-Tunnel - äußern.

Das Fristende des Online-Verfahrens ist auf Montag, 2. Mai, um 24 Uhr terminiert. Wohl auch deshalb hat Bürgermeisterin Eva John für diesen Tag - außerplanmäßig - eine weitere Stadtratssitzung anberaumt. Die Tagesordnung hierzu ist bislang unbekannt, doch soll der Wortlaut der Stellungnahme zum BVWP im Gremium erörtert werden. John präsentierte dazu bereits am Montag drei Textentwürfe der Bürgerliste, der WPS und der Bürgerinitiative gegen den Tunnel; einen eigenen Vorschlag der Stadtverwaltung gibt es nicht.

Freilich erwies sich der von John angekündigte Komplex - Beschlüsse aufheben, negative Stellungnahme zum B2-Tunnel abgeben und weiteres Vorgehen besprechen - als indirekte Aufforderung zum großen Schaulauf. Ludwig Jägerhuber (CSU) stellte fest, dass sich die meisten der von der Stadtverwaltung aufgeführten bisherigen Tunnel-Beschlüsse ohnehin erledigt hätten. Er fragte, ob man nun auch Ergebnisse des Steinbacher-Gutachtens, das insgesamt elf Umfahrungstrassen untersucht hatte, außer Kraft setzen wolle. Jürgen Busse (UWG) erkannte im Ansinnen der Anti-Tunnel-Allianz lediglich "Geschichtsklitterung". "Wir hatten die Zustimmung zum Tunnel", sagte Busse. "Sie werden mit der Aufhebung der Beschlüsse keine Fakten wegschaffen können". Es sei gleichgültig, ob man die Beschlüsse nun aufheben oder nur aussetzen wolle - "das Ergebnis ist das Gleiche". Vergebens mühte sich Stefan Frey (CSU), die Debatte auf eine sachliche Ebene zu bringen. Der BVWP mit Bedarfs- und Ausbauplänen werde derzeit überarbeitet, der B2-Tunnel sei möglicherweise bis 2030 nicht realisierbar. Der Planfeststellungsbeschluss zum Tunnel aus dem Jahr 2008 hat zehn Jahre Gültigkeit und kann nur einmal um fünf Jahre verlängert werden. Verkehrsminister Alexander Dobrindt habe bei verschiedenen Gelegenheiten eine Finanzierung des Projekts zugesagt, erwarte jedoch "ein positives Signal aus Starnberg". Dazu verlas er eine aktuelle Stellungnahme aus dem Bundesverkehrsministerium zum Vorhaben.

Gerd Weger (CSU) monierte ebenso wie Franz Sengl (Grüne), dass ein Beschluss vom Juli 2014, der auch rechtliche, natur-, wasser- und landschaftsschutzrechtliche sowie finanzielle Möglichkeiten einer Umfahrung beleuchten sollte, noch immer nicht von John vollzogen wurde. Die Bürgermeisterin hatte stattdessen bekanntlich einen Verkehrsentwicklungsplan beschließen lassen. "Wir könnten schon viel weiter sein", sagte Weger. An WPS-Chef Günther Picker wandte er sich mit der Bitte, den Antrag zurückzuziehen. "Was wollt ihr eigentlich?", fragte er, "welche Variante soll denn kommen?" Man könne viel weiter sein, befanden auch Patrick Janick (UWG) und Tim Weidner (SPD), der die Untersuchung einer ortsnahen Umfahrung schlicht als "blanken Hohn" empfand.

Die WPS hielt erwartungsgemäß dagegen: Markus Mooser meinte, der "Bund hätte den Tunnel längst bauen können"; allerdings entspräche dies nicht dem Starnberger Wahlergebnis: Die Bürger wollten keinen Tunnel. Nun aber würden im VEP drei Varianten als Zwischenstufe "auf Augenhöhe" verglichen. Laut Picker erwarten die Bürger eine "politische Klarstellung" und seien "die leeren Versprechungen der Tunnel-Befürworter leid". Und Klaus Huber referierte noch einmal das Schreckenszenario zum Tunnelbau mit der Frage: "Wollen wir das?" Ein Ende der unfruchtbaren Diskussion forderte schließlich Martina Neubauer (Grüne), die bei der Allianz "reine Verzögerungstaktik" und eine Gesprächsverweigerungshaltung konstatierte. "Wir kommen nicht weiter ", sagte sie.

Über die erregt geführte Debatte war ein Tagesordnungspunkt indes völlig vergessen worden: Das "weitere Vorgehen für das Themenfeld Verkehrsentlastung". Das Thema wird voraussichtlich am 7. Juni im "Projektausschuss Verkehr" zur Sprache kommen. Und am 16. Juni ist eine Bürgerversammlung geplant, bei der laut John "alle die gleichen Informationen" im Rahmen einer "strukturierten Öffentlichkeitsbeteiligung" bekommen.

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