Starnberg:Frey und die Revolution

Freunde des ehemaligen Landrats haben eine Ausstellung zu seinem Geburtstag organisiert. In der Sparkasse sind markante Skulpturen eines Künstlers zu sehen, der sich selbst als Dilettant bezeichnet

Patrizia Steipe

Heinrich Frey stellt Skulpturen aus

Der ehemalige Landrat Heinrich Frey mit einer seiner Skulpturen. Foto: Franz-Xaver Fuchs

(Foto: STA Franz X. Fuchs)

StarnbergViele Jahre lang hat Heinrich Frey die Sparkasse als Landrat und Verwaltungsratsvorsitzender kontrolliert. Jetzt ist er zurückgekehrt. Allerdings in anderer Funktion: Der ehemalige Staatsdiener ist Künstler geworden. 18 Holzskulpturen stellt er in der Bank aus - zusammen mit den farbigen Grafiken des Hamburgers Joachim Albrecht (1913 bis 1994). Albrecht gehörte den Vertretern der "Konkreten Kunst" an.

"Ich habe nie geplant, in die Öffentlichkeit zu gehen", sagt Frey. Das haben seine Freunde für ihn erledigt. Zu seinem 74. Geburtstag am 6. Oktober organisierten sie die Überraschungsausstellung. Familienmitglieder und Freunde, denen er in den vergangenen Jahren Skulpturen geschenkt hatte, trugen die Holzfiguren für die Ausstellung zusammen. "Die letzten haben sie mir kurz zuvor aus der Wohnung gestohlen, als ich in der Kirche war", berichtet Frey. Ein wenig ist es ihm peinlich, jetzt in die Reihe anderer Künstler gestellt zu werden, immer wieder betont er, dass er "Dilettant" sei, dass ihm jegliche handwerkliche Ausbildung fehle. Seine Kunstwerke strafen die Worte aber Lügen.

Es sind archaisch anmutende, klar strukturierte expressive Bildnisse, die Frey geschaffen hat. Die Gesichtszüge sind grob herausgearbeitet, auf das Wesentliche reduziert. Riesige Münder, aufgerissene Augen, "sprechende" Hände verleihen den Bildern Authentizität. Viele sind religiös inspiriert wie seine Lieblingsskulptur "Starnberger Dreifaltigkeit" oder sein jüngstes Werk: "Überwindung des Terrors". In der Bildsymbolik erinnert das Schnitzwerk an die Allegorien des Barocks. Hier ein grinsender Totenkopf, aus dem Hände wie Flammen in die Höhe ragen, da die Überwindung des Terrors durch das Kreuz, das Göttlichkeit und Erlösung versinnbildlicht. Öffnungen im Holz, die das Licht, die Hoffnung, darstellen. Freys Skulpturen sind nicht zufällig entstanden, sondern das Ergebnis intensiver Überlegungen, Studien und Skizzen. Von den politischen Ereignissen im Nahen Osten ist die Skulptur "Revolution 2011" inspiriert. Wütende Figuren mit schreienden Mündern und geballten Fäusten gehen auf die Barrikaden - das ist die eine Seite des vierkantigen Werks, auf der anderen Seite sieht man einen Menschen, der sich entsetzt die Hände vor das Gesicht hält. "Die Revolution hat viele Seiten", so Frey.

Liebenswert sind seine Kruzifixe. Die Anatomie des Gekreuzigten ist dabei ehrlicherweise nicht ganz, wie es im Lehrbuch steht, das stört Frey. "Der Oberkörper ist mir nicht gelungen", sagt er dann. Dem Betrachter ist das egal. Im Gegenteil - zeigt der seltsam gewundene Körper, das Unebene, das Krüppelhafte nicht die Unvollkommenheit des menschlichen Körpers? Alles eine Frage der Interpretation.

Übrigens, wer glaubt, die Starnberger Stadträtin Barbara Frey endlich einmal nackt zu sehen, der täuscht sich. Bei Freys Statue "Barbara" handelt es sich um seine Schwiegertochter - ein Geschenk zur Hochzeit. Seine Frau hat der Künstler ebenfalls in Lindenholz verewigt. "Consilium" heißt die Skulptur, die eine Szene aus dem Stadtrat darstellt. Aus den Köpfen der Räte fahren riesige aufgeblasene Gedankenfahnen in den Himmel, ab und an sieht man Öffnungen, durch die ein wenig Licht fällt. "Das sind die lichten Gedanken", scherzt Frey. Und die Person mit dem offenen Mund, das sei seine Barbara.

Das Pendant zu den figurativen Skulpturen stellen die Grafiken Albrechts dar. Seine Bilder sind geometrisch geprägt. Auf den ersten Blick wirken die Formen musterhaft, und doch ist keine Struktur, kein fester Ablauf der kräftigen Farben und Körper zu erkennen. Da ist immer wieder mal ein Rhombus, der aus der Reihe fällt, ein Quadrat, das quer steht, oder ein Trapez, dem eine weitere Ecke angehängt wurde. Albrecht war Kunstprofessor, ein Profi. Frey ist ein Laie. Und trotzdem: Die beiden passen zusammen.

Die Ausstellung kann noch bis zum 18. Oktober in der Kreissparkasse, Wittelsbacherstraße 9 besichtigt werden. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 8.45 bis 16 Uhr, am Donnerstag bis 19 Uhr.

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