Starnberg:Forum für unbekannte Talente

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Kabarettistin Monica Calla parodiert Kanzlerin Angela Merkel bei der Offenen Bühne in Starnberg mit ihrer typischen Geste: der Raute. (Foto: Arlet Ulfers)

Schauspieler Jannis Hain lädt zu seiner vierten Offenen Bühne in den Bayerischen Hof nach Starnberg

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Um Bundeskanzlerin Angela Merkel zu parodieren, braucht es nicht viel. Schon an der herzförmigen Handhaltung ist sie zu erkennen oder an ihrem eingezogenen Hals. Die Kabarettistin Monica Calla hat auch die für die Kanzlerin typische Stimme und das leichte Lispeln drauf, wenn sie sich am Freitag im brechend vollen Café Prinzregent im Hotel Bayerischer Hof in Starnberg ihren Unmut über den neuen Innenminister Horst Seehofer von der Seele redet ("zu Horst gehört nicht der Islam, und der Horst nicht zu mir"). Bei Seehofer komme eben immer etwas heraus, was man nicht hören will und sie selbst schon gar nicht, sagt sie. Und der Applaus des Publikums ist ihr sicher.

Monica Calla ist eine der Künstlerinnen, die Jannis Hain zu seiner vierten Offenen Bühne in den Bayerischen Hof eingeladen hat. Der gelernte Schauspieler arbeitet seit drei Jahren an der Rezeption des Hotels. Er findet, dass dieses historische Gebäude ein guter Rahmen ist, um Veranstaltungen anzubieten. Er kennt viele Künstler, die großes Talent haben, die aber "kein Mensch kennt". Denen will er mit der Offenen Bühne ein Forum bieten und der Erfolg gibt ihm recht. Denn schon bei der ersten Veranstaltung im Dezember vergangenen Jahres war der Saal voll. Seither wurden Lesungen gehalten, Gedichte vorgetragen, Musik gespielt. Es gab Kurzfilme, eine Ausstellung sowie die Zaubervorführung eines Nachwuchskünstlers, die beim Publikum sehr gut ankam. Die mehr oder weniger begabten Talente lernt Hain in seinem Beruf als Schauspieler kennen oder bei der Starnberger Theatergruppe Tragaudion, bei der er selbst schon mehrmals mitgespielt hat. Manche der Künstler bewerben sich auch selbst bei ihm.

Am Freitag ist wieder eine bunte Mischung herausgekommen aus Kabarett, Lesung, Erzählungen, Gesang und Parodie. Der zauberhafte Vortrag der Märchenerzählerin Christiane Obermeyr aus Tutzing ließ nicht nur Kinderherzen höherschlagen, sondern auch die der Erwachsenen. Es war mucksmäuschenstill im Saal, als sie eine Geschichte um das Lied "Hänschen klein" vortrug. Auch die Herrschinger Lyrikerin Karin Schreiber beeindruckte mit ihren selbst verfassten Kurzgeschichten, in denen sie über ihre Erlebnisse als ehrenamtliche Helferin im Flüchtlingskreis berichtet. Sigrid Voß trug ebenfalls eine selbstverfasste Geschichte aus ihrer Kindheit vor sowie das Chanson aus der Operette "Oh mein Papa". Das Finale bildeten Claudia Wittmaack und Elke Ebert mit humoristischen Sketchen.

Hain fungierte nicht nur als Moderator, sondern beeindruckte ebenfalls mit selbstgeschriebenen, tiefsinnigen Texten über den Sinn des Lebens und die Sehnsucht, aber auch über das Hier und Jetzt oder das Leben an sich. Wie jedes Mal, stellt Hain auch eine Frage, die den Rahmen für die Veranstaltung bildet. Dieser Abend stand unter dem Motto: "Welchen Zweck hat die Kunst?" Die Antworten aus dem Publikum waren ebenso interessant, wie die der Künstler. "Kunst ist dazu da, das Paradies auf die Erde zu bringen", erklärte ein Zuschauer unter Applaus. Für andere ist Kunst Unterhaltung, erfreut, berührt, bringt uns aus dem Alltag heraus.

Wegen des großen Zuspruchs beim in Starnberg nicht gerade einfachen Publikum, will Hain weitere Offene-Bühne-Abende anbieten. Schon fest geplant ist im November ein Abend über Sagen aus der Region.

© SZ vom 11.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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