Neuorientierung bei der FDP:Mission Landgewinn

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Paul Friedrich gilt in der liberalen Szene des Landkreises als Nachwuchshoffnung. "Es ist wichtig, die jüngere Generation heranzuführen", sagt Britta Hundesrügge. (Foto: Nila Thiel)

Nach dem unerwarteten Aus im Landtag wirbt Kreischefin Britta Hundesrügge bei den Liberalen für eine Doppelspitze mit dem 20-jährigen Paul Friedrich.

Von Viktoria Spinrad, Starnberg

Er ist 20, sie 56. Er wohnt in Tutzing, sie in Gauting. Er studiert Jura, leitet den Tutzinger Jugendbeirat und mischt bei den "Julis", den jungen Liberalen mit. Sie ist Journalistin, Unternehmerin, Vorsitzende des FDP-Kreisverbandes Starnberg und stellvertretende Landrätin. Er gilt als fleißiger Digitalstratege, sie als geschickte Netzwerkerin. Er sagt: "Ich bin Ampelfan." Sie sagt: "Von der Reservebank aus kann man keine Tore schießen."

Paul Friedrich und Britta Hundesrügge sind ein ungleiches Duo - und sind sich doch irgendwie ähnlich. Vor allem dann, wenn es um liberale Visionen für den Landkreis geht. Dank seiner relativ alten und gut situierten Wählerschaft galt Starnberg lange als Hochburg der Liberalen. Bis auf Andechs und Weßling gibt es hier überall Ortsverbände, anders als in anderen Ecken des Freistaats kam die FDP hier bei der Landtagswahl über die Fünf-Prozent-Hürde. Bayernweit verpasste die FDP den Einzug ins Maximilianeum.

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Die Nachlese hat längst begonnen, die FDP muss sich gerade im notorisch schwierigen ländlichen Gebiet neu aufstellen. Wie das von Januar an aussehen könnte, haben Hundesrügge und Friedrich nun illustriert: mit einer Doppelspitze im Kreisvorstand. Sie, die erfahrene Politfrau, und er, der Junge, der im Kreisvorstand den Wahlkampf organisierte und als eine Art Kescher gilt für die junge Generation, eine der Hauptzielgruppen der Liberalen. "Es ist wichtig, die jüngere Generation heranzuführen", sagt Hundesrügge.

Es wäre ein Novum im 1948 gegründeten Kreisverband, den Hundesrügge seit 2014 leitet. Der ist seither von 120 auf mehr als 270 Liberale angewachsen. Zum Vergleich: Bei den Grünen sind es knapp 400, bei der CSU über 1200. Gerade um die Bundestagswahl herum hatte die farbenfrohe FDP-Werbung in den sozialen Medien Sogwirkung bei vielen jungen Menschen entfaltet. Doch die Ampel-Querelen in Berlin färben auch auf die liberale Insel Starnberg ab. Zum Unmut von Hundesrügge: "Wir müssen davon unabhängig werden, was im Bund passiert."

Doch die Bundespolitik ist omnipräsent, derzeit läuft eine Mitgliederbefragung an: Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden? Friedrich und Hundesrügge zeigen sich demonstrativ einig. Friedrich findet, die Ampel ist besser als ihr Ruf. Er zählt auf: Entlastungspakete, Inflationsausgleichsgesetze, Bafögreform. "Das lässt sich sehen." Hundesrügge sagt: "Wenn ich gestalten will, brauche ich die Regierung."

Die einstige Liberalen-Hochburg ist längst kein Selbstläufer mehr

Zu gestalten gilt es auch reichlich im Landkreis Starnberg. Finanzlöcher, Kreiskrankenhaus, Klimaneutralität, dazu ein kompliziertes Verhältnis mit dem Starnberger Ortsverband. Der lancierte zuletzt ein Papier, was alles besser laufen müsse: mehr innerparteilicher Wettbewerb, bessere Abstimmung mit den Ortsverbänden, partizipative Listenaufstellungen. Kritik, die der Kreisverband lieber intern geklärt hätte. Wobei auch hier angekommen ist, dass der Landkreis Starnberg längst kein Selbstläufer mehr ist. Hundesrügge weiß: "Natürlich müssen wir besser werden."

Sie steht vor der Herausforderung, gerade die ältere Kernwählerschaft wieder zurückzugewinnen. Zugleich gilt es, das Image der Altherrenpartei abzuschütteln - eine Aufgabe, für die sie den 20-jährigen Paul Friedrich prädestiniert sieht. "Paul kommt einfach gut an." Tatsächlich hat er sich im Kreis ein Image als eloquenter, meinungsstarker Liberaler erarbeitet. Einer, der womöglich auch bei den Kritikern in der Kreisstadt gut ankommt.

Die beiden Starnberger Ortsvorsitzenden gelten als große Kritiker von Hundesrügge.

Gleichwohl möchte der Starnberger Ortsvorstand dem Duo vorab keine uneingeschränkte Unterstützung zusichern. "Da kann sicherlich noch was passieren", sagt Stefan Zeil. "Eigentlich müsste alles auf den Prüfstand", moniert auch Anke Henninger. Und es klingt wie eine Kampfansage, wenn sie sagt: "Die Kandidaten müssen sich auf alles gefasst machen." Die beiden Starnberger Ortsvorsitzenden gelten als große Kritiker von Hundesrügge.

Außerhalb der Kreisstadt ist dagegen keine Revolutionsstimmung zu vernehmen, Hundesrügge ist wohlgelitten in ihrer Partei. Was auch daran liegen mag, dass die Journalistin den PR-Werkzeugkasten zu bedienen weiß und es schafft, liberale Zugpferde wie Parteichef Christian Lindner oder Bayerns einstigen Vize-Landtagspräsidenten Wolfgang Heubisch ins Fünfseenland zu locken. Angesichts der Aufgabenfülle signalisieren auch andere Unterstützung für die Doppelspitze. Friedrich habe den Wahlkampf "sehr, sehr gut gesteuert", lobt etwa Michael Faber vom Ortsverband Wörthsee. "Er wird in der Kreisführung eine massive Unterstützung sein." Gewählt wird der neue FDP-Kreisvorstand am Samstag, 13. Januar 2024.

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