EU-Bürger im Fünfseenland:Warum wir Europa brauchen

Im Landkreis Starnberg leben Angehörige aller 28 europäischen Nationen. Zehn von ihnen erzählen ihre Geschichte.

Von Sabine Bader

"Ich halte sehr viel davon, wenn die Welt näher zusammenrückt. Weniger aus wirtschaftlichen Gründen als aus Friedensinteresse sollte man eine Einheit bilden", findet Kreiswahlleiter Holger Albertzarth. Um das zu verstehen, reiche ja schon ein Blick in die Geschichtsbücher. Albertzarth geht davon aus, dass dies den Bürgern in der heutigen Zeit auch zunehmend bewusst geworden ist. "Gerade aufgrund der Geschichte mit dem Brexit rechne ich damit, dass die Bedeutung des Europäischen Parlaments in den Augen der Bevölkerung steigt", sagt er.

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Kreiswahlleiter Holger Albertzarth hält in seinem Amtszimmer im Landratsamt den Stimmzettel in die Höhe: 40 Parteien stellen sich zur Wahl.

(Foto: Georgine Treybal)

Im Landkreis Starnberg leben augenblicklich etwa 135 000 Menschen. 105 000 davon sind wahlberechtigt, und insgesamt 11 866 von ihnen sind EU-Ausländer. Sie alle sind am Sonntag, 26. Mai, dazu aufgerufen, bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben.

Die Besonderheit im Landkreis Starnberg ist: Menschen aus allen 28 EU-Ländern leben im Fünfseenland. Die größte ausländische Bevölkerungsgruppe stammt mit 1785 Bürgern aus Kroatien, relativ dicht gefolgt von 1624 Österreichern. Auch 1243 Rumänen und 1231 Italiener leben hier. Lediglich 25 Landkreisbürger kommen hingegen aus Luxemburg und elf aus Estland. Die Schlusslichter sind mit vier Bürgern Zypern und mit nur zwei Malta.

Das Landratsamt hat die Stimmzettel zur Wahl bereits vor Wochen an die Gemeinden versandt. Wer in seiner Kommune Briefwahl beantragt hat, der dürfte die Unterlagen bereits in Händen halten. Jeder EU-Bürger hat eine Stimme, mit der er eine der 40 Parteien wählen kann. Wer auf dem Wahlzettel auf einen bekannten Namen aus dem Landkreis hofft, der hat Pech. Kein einziger Landkreisbürger ist unter den jeweils zehn Spitzenkandidaten der Parteien, die namentlich aufgelistet sind.

Was den Wahltag selbst angeht, ist Albertzarth "einigermaßen entspannt". Denn jeder Bürger hat nur eine Stimme zu vergeben, da "dürfte auch die Auszählung nicht allzu schwierig werden", glaubt er. Bereits gegen 19 Uhr rechnet er am Wahlsonntag deshalb mit den ersten Ergebnissen aus den Gemeinden. Wie er erfahren hat, überlegen einige der Kommunen, diesmal einen Briefwahlbezirk mehr einzurichten. Schließlich geht die Tendenz nach seinen Erfahrungen ganz allgemein hin zur Briefwahl. Das habe man schon bei der Bundestagswahl gesehen. Ansonsten würden die Gemeinden überwiegend an ihren angestammten Wahllokalen festhalten.

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Ein wenig Sorge bereitet dem Kreiswahlleiter allerdings die Einführung eines neuen Computerprogramms, das bei der EU-Wahl erstmals zum Einsatz kommen soll. "An die neue Benutzeroberfläche auf den Bildschirmen muss man sich erst gewöhnen." Im Landratsamt ist das neue System bereits installiert, die meisten Gemeinden sind laut Albertzarth derzeit gerade dabei, bei einigen läuft es schon. Das Fortschrittliche daran: Sobald die einzelne Gemeinde ihre Ergebnisse dort einträgt, erscheinen diese auch in der Kreisbehörde auf dem Bildschirm. "Das ist die Theorie. So sollte es sein ...", sagt Albertzarth vorsichtig. Damit dürften sowohl die Telefonanrufe bei den einzelnen Kommunen als auch das Eintragen der Ergebnisse per Hand entfallen.

Da aber nicht alle 14 Gemeinden das neue System einführen, fällt die Telefoniererei nicht völlig weg. "Ein bisschen im Magen liegt mir das Ganze schon noch", gibt Albertzarth zu. Darum wird es auch im Vorfeld der Wahl noch einen Probelauf des Systems geben. "Sicher ist schließlich sicher."

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