Starnberg:Erinnerungslücken im Rausch

Prozessauftakt gegen einen 23-Jährigen, der im Vorjahr eine junge Frau nach einer Undosa-Party vergewaltigt haben soll

Eintönigkeit, Langeweile und viel Alkohol: Darum drehte sich angeblich alles im Leben eines Bauhelfers. Mitunter ging er mit Freunden ins Bordell. Das war's. Seit Mittwoch muss sich der 23-Jährige vor der 3. Strafkammer am Landgericht München II verantworten. Anfang August 2016 soll er nach der "Karibischen Nacht" an der Seepromenade eine 22-jährige Peruanerin vergewaltigt haben. Einem psychiatrischen Sachverständigen hatte der Bauhelfer, der im Spätsommer 2015 aus dem Irak nach Deutschland geflüchtet war, auf die Frage nach seinen Hobbys geantwortet: "Ich trinke gerne Bier. Weitere Hobbys habe ich nicht." Ob er gläubig sei, fragte Richter Martin Hofmann, den Bauhelfer bei dessen Vernehmung. "Ja", lautete Antwort. Er sei Moslem. Passt das mit dem Konsum von Alkohol zusammen, wollte der Vorsitzende wissen. "Nein", entgegnete der 23-Jährige lapidar.

Auch bei der mutmaßlichen Vergewaltigung in den frühen Morgenstunden des 7. August vorigen Jahres soll der Bauhelfer erheblich betrunken gewesen sein. Er hatte auf der "Karibischen Nacht" gefeiert. Auf dem Heimweg traf er auf die 22-jährige junge Frau. Auch sie hatte das Fest an der Seepromenade besucht. Gegen 5 Uhr wollte sie mit ihren Bekannten mit der S-Bahn zurück nach München fahren. Allerdings hatte sich die junge Frau kurz vor der Abfahrt von ihrer Gruppe getrennt. Sie soll ebenfalls alkoholisiert gewesen sein. Die Peruanerin verpasste den Zug, und in Starnberg kannte sie sich nicht aus.

Auf der Suche nach jemanden, der ihr hilft, lief sie in den Tunnel, der die Seepromenade mit dem Bahnhofsplatz verbindet. Dort traf sie auf den Bauhelfer. Er soll sofort erkannt haben, in welcher Lage sich die 22-Jährige befand, und sprach sie an. Schon zu diesem Zeitpunkt habe er den Entschluss gefasst, "die Geschädigte zum Geschlechtsverkehr - notfalls auch mit Gewalt - zu zwingen", heißt es in der Anklage der Staatsanwaltschaft.

An die mutmaßliche Tat, könne sich sein Mandant "nicht mehr so richtig" erinnern, erklärte dessen Verteidiger, Rechtsanwalt Jürgen E. Leske, nach Verlesung der Anklage. Dies sei dem Konsum von Alkohol und Haschisch geschuldet. Im Wesentlichen würden die Vorwürfe der Staatsanwalt jedoch eingeräumt, so der Verteidiger.

Im Gespräch mit der 22-Jährigen soll der Bauhelfer gesagt haben, er kenne "einen schnelleren Weg nach München" und danach mit ihr den Bahnsteig verlassen haben. An einem bislang unbekannten Ort soll der Angeklagte die junge Frau dann körperlich bedrängt, ihr Augen, Mund und auch die Nase zugehalten und sie auf einer Grünfläche zu Boden gebracht haben. Den Ermittlungen zufolge habe sich der 23-Jährige auf sein mutmaßliches Opfer gesetzt und es teilweise entkleidet. Die junge Frau aus Peru soll sich verzweifelt und schreiend versucht haben zu wehren. Doch es gelang ihr nicht, sich loszureißen.

Was geschehen sei, tue dem Angeklagten außerordentlich leid, sagte dessen Verteidiger bei seiner Erklärung. Sein Mandant werde sich bei der 22-Jährigen, die in dem Prozess als Nebenklägerin auftritt, entschuldigen. Dass er sie vergewaltigt habe, dagegen verwahre sich der Bauhelfer jedoch "ausdrücklich", betonte Rechtsanwalt Leske. Er habe erst später gehört, was passiert sei, sagte der 23-Jährige bei seiner Vernehmung. Im Gespräch mit einem psychiatrischen Sachverständigen während der Untersuchungshaft soll er mit Blick auf die mutmaßliche Tat gesagt haben: "Die Geschädigte lügt und will nur Geld." Wenn er das gesagt habe, dann habe er dies "aus Versehen gesagt", versicherte der Bauhelfer nun vor Gericht. Der Prozess dauert an.

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