Starnberg:Entdeckungsreise durch die Heimat

Stefan Seerieder führt Gäste durch das Fünfseenland. Die Tracht ist dabei sein Markenzeichen.

Otto Fritscher

Es war eine Stadtführung in München, die für Stefan Seerieder zum Schlüsselerlebnis wurde: "Die Führerin kam aus dem Rheinland, und sie hat mit ihrem rheinischen Dialekt die Sehenswürdigkeiten Münchens erklärt. Das hat für mich überhaupt nicht zusammengepasst", erinnert sich der Pöckinger. Und so reifte in ihm der Gedanke: "Das kann ich besser." Das war vor fast fünf Jahren, und inzwischen ist aus Seerieders Idee ein kleines Unternehmen geworden. Er bietet Gästeführungen durchs Fünfseenland an, macht aber auch schon mal eine Stadtführung in München und begleitet zudem Busgesellschaften durch Oberbayern.

Stadtführer Stefan Seerieder

Kennt das Fünfseenland wie seine Westentasche: Stefan Seerieder ist hier aufgewachsen. Foto: Fuchs

(Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)

"Seenswerte.de" nennt Seerieder sein Angebot im Internet, ein Wortspiel dafür, dass die Region mit den vielen Seen sehenswert ist. "Wir leben ja wirklich in einer der schönsten Gegenden Deutschlands", sagt Seerieder. Und es klingt glaubhaft, wenn der 44-Jährige Begriffe wie "Heimatliebe" in den Mund nimmt. Er ist in Pöcking aufgewachsen, im Dorf verwurzelt und Mitglied in vielen Vereinen, von der Burschenschaft bis zum Trachtenverein. Der Vater betrieb eine Zimmerei, war lange Jahre im Gemeinderat. Seerieder jun. selbst hält sich von der Politik eher fern. Ihm liegt mehr der direkte Umgang mit den Menschen als mit Sitzungsvorlagen.

Den Gästen erzählt der dann Geschichte und Geschichtchen, und da gibt das Fünfseenland ja wahrlich Einiges her. Von der Karlsburg bei Leutstetten bis hin zu den Quellen der Weisen Frauen bei der Würm, oder - etwas handfester - die Entstehung der Seen zum Ende der letzten Eiszeit, die überall noch Spuren hinterlassen hat, wenn man diese zu deuten weiß. Etwa bei der Tour durchs Leutstettener Moos, vorbei an der Villa Rustica.

Oder bei der Wanderung durch die Maisinger Schlucht, die Seerieder aber von Feldafing aus beginnt. Ein Klassiker ist die König-Ludwig Tour: von Starnberg zur Votiv-Kapelle zwischen Berg und Leoni, mit dem Dampfer rüber nach Possenhofen zum Sisi-Schloss, und dann noch ins Sisi-Museum am S-Bahnhof-Possenhofen. Natürlich darf auch Kloster Andechs nicht fehlen. "Bei meinen Touren ist zufällig immer eine Wirtschaft am Wegesrand", erklärt Seerieder lachend. Weniger eingeschlagen hat bisher die Radltour rund um den Starnberger See. "Das ist den meisten zu anstrengend", sagt Seerieder. Viele seiner Kunden gehören zur Altersgruppe 50 plus, oder es sind Familien mit kleineren Kindern.

Die allermeisten Gäste kommen aus Deutschland. "Einheimische sind bei meinen Touren eher selten dabei", sagt Seerieder. Entweder wird er direkt über das Internet angeschrieben, oder die Gäste entdecken seine Flyer in den Hotels und Pensionen im Fünfseenland. "Eine Empfehlung vom Vermieter ist natürlich die beste Reklame", weiß Seerieder. Allerdings dauere es eine Weile, bis sich sein Angebot herumgesprochen habe. Konkurrenzlos ist dieses nämlich nicht. Es gibt allein in Starnberg fast ein Dutzend weitere Gästeführer, die sich allerdings zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben. "Jeder hat sich auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert, so kommen wir uns nicht in die Quere", erklärt Seerieder. Er ist gerne in Lederhose und mit Trachtenhut unterwegs. "Für mich als Einheimischen ist die Tracht etwas ganz normales", sagt er - mit dem schönen Nebeneffekt, dass die Gäste mit ihm auf einen Parade-Bayern treffen.

Auch Kurioses weiß Seerieder, der sich zum Touristik-Fachmann weitergebildet hat, zu erzählen. Etwa von jenem englischsprachigen Gast, der auf der Roseninsel angesichts der Glassäule im Rosengarten fragte, wo denn die Tauben (Engl.: pigeons) seien. "Auf der Säule füttert ein Mädchen einen Papagei mit Trauben", erklärt Seerieder. Da habe sich wohl ein Übersetzungsfehler eingeschlichen, denn in englischen Reiseführern ist auf der Roseninsel tatsächlich von "Tauben" die Rede.

Manchen Wunsch kann selbst der heimatkundige Seerieder nicht erfüllen. "Es gab mal eine Anfrage, an einem Tag die Schlösser Neuschwanstein und Linderhof zu besichtigen und danach noch auf die Zugspitze zu fahren." Nein, es waren keine Japaner, die Oberbayern an einem Tag abarbeiten wollten. Die Anfrage kam von einem örtlichen Firmenchef, der seiner Belegschaft zu viel des Guten bieten wollte.

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