Artenschutz:Der Eisvogel ist zurück

Artenschutz: Insgesamt 280 000 Beobachtungen hat die Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen im vergangenen Jahr gemacht. Darunter war 158 Mal der seltene Eisvogel.

Insgesamt 280 000 Beobachtungen hat die Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen im vergangenen Jahr gemacht. Darunter war 158 Mal der seltene Eisvogel.

  • Die Eisvogel-Population im Landkreis Starnberg hat sich nach dem dramatischen Einbruch in den Jahren 2017 und 2018 offenbar wieder erholt.
  • 158 Mal wurde der Vogel 2019 gesichtet, in den Vorjahren waren es jeweils weniger als 60 Beobachtungen.
  • Die Zahl der Wiesenbrüter sinkt, weil die Insekten zur Aufzucht des Nachwuchses fehlen.

Von Armin Greune

Für Vogelfreunde beginnt nun die spannendste Jahreszeit: Noch sind auf den großen Gewässern des Fünfseenlands die Wintergäste aus Nord- und Osteuropa zu beobachten, gleichzeitig kehren die ersten heimischen Arten aus den Winterquartieren zurück. Mitte Februar stecken die ersten Singvögel in den Gärten des Fünfseenlandes bereits ihre Reviere ab. Bald suchen sie lautstark nach Partnern, die Männchen mancher Arten zeigen sich im auffälligen Balzkleid.

Um auch Laien die Bestimmung der einzelnen Arten zu erleichtern, hat die Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen (ASO) einen digitalen Singvogelkalender ins Netz gestellt. Auf der Homepage des Kreisverbandes im Landesbund für Vogelschutz (LBV) sind 60 Arten mit Ankunftszeit, Gesang- und Balzbeginn verzeichnet, einschließlich Artbeschreibungen und akustischer Aufnahmen ihrer Rufe. Wer den Kalender auf dem Handy abspeichert, kann damit als Spickzettel im Fünfseenland auf die Pirsch gehen.

An den Daten des Kalenders lässt sich zudem ablesen,wie sich der Klimawandel auch auf die heimische Avifauna auswirkt. Langzeitbeobachtungen zeigen die Tendenz auf, dass die einzelnen Vogelarten im Landkreis von Jahr zu Jahr früher zu beobachten und zu hören sind. Nicht nur, dass Zugvögel früher aus ihren Winterquartieren heimkehren - manche Arten wie Rotmilan, Sommergoldhähnchen und Hausrotschwanz verzichten inzwischen immer öfter ganz auf den kräftezehrenden Zug nach Süden.

Vogelbeobachtung im Landkreis

Insgesamt 28.0000 Beobachtungen hat die Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen im vergangenen Jahr gemacht.

(Foto: LBV Starnberg)

So erklingt jetzt in einigen Wäldern des Fünfseenlands schon das melancholische Lied der Misteldrossel und entlang der Würm singen bereits Wasseramseln. Die ersten Kohl- und Blaumeisen sind in der zweiten Februardekade fast überall im Fünfseenland zu hören, Sumpfmeisen leben in Habitaten mit alten Bäumen, Haubenmeisen vor allem in Nadelwäldern. Und auch die Stare, von denen immer weniger im Süden überwintern, fallen wieder mit ihrem lebhaften, geschwätzig wirkenden Gesang auf.

Der Singvogelkalender beruht auf dem neuen Jahresbericht, der auch im Internet unter www.starnberg.lbv.de/ornithologie eingesehen werden kann. Die etwa 50 Aktiven der ASO haben wieder eine bayernweit wohl einzigartige Leistung vollbracht: Im Bericht sind auf 100 Seiten 28 000 Beobachtungen zusammengefasst, die ein umfassendes Bild der Vogelwelt im Fünfseenland wiedergeben. 205 Arten konnten 2019 von 220 beteiligten Vogelfreunden bestimmt werden, drei mehr als im Vorjahr. Doch die Zahl der Vogelarten, die im Landkreis brüteten, ist von 117 auf 114 zurückgegangen.

Besonders die Wiesenbrüter machen den Ornithologen Sorgen: "Nur im Ampermoos sind Bruten seltener Arten wie Großer Brachvogel, Bekassine, Wiesenpieper und Braunkehlchen noch nachzuweisen", sagt ASO-Leiter Pit Brützel. Aber auch die Entwicklung bei manchen Singvogelarten stimmt ihn bedenklich: "Insektenfresser finden immer weniger Nahrung und ohne genügend Futter können keine Jungvögel aufgezogen werden." Betroffen seien vor allem Langstreckenzieher: So konnten 2019 von Trauerschnäpper, Gartenrotschwanz und Waldlaubsänger im Landkreis Starnberg keine Brut im Landkreis mehr nachgewiesen werden. Auch die Anzahl der Baumpieper-Reviere sei stark zurückgegangen.

Zu den erfreulichsten Resultaten zählt hingegen die Erkenntnis, dass sich die Eisvogel-Population im Landkreis nach dem dramatischen Einbruch in den Jahren 2017 und 2018 offenbar wieder erholt hat. 158 Mal wurde der Wappenvogel des LBV 2019 gesichtet, in den Vorjahren waren es jeweils weniger als 60 Beobachtungen. "Der milde Winter in diesem Jahr wird der Population sicher zugutekommen", sagt Brützel, "aber als Hauptproblem bleibt der Verlust an Brutplätzen." Immerhin wird an der Würm eine Bruthöhle vermutet, nachdem dort im August vier Eisvögel gleichzeitig beobachtet wurden. Außerdem wurden Vorkommen am Starnberger, Maisinger und Wörthsee, an der Amper, am Lüßbach, bei Mörlbach sowie am Bachhauser und Deixlfurter Weiher gemeldet.

Positiv hat sich auch der Bestand der Waldohreule entwickelt: Nachdem 2018 nur ein einziger Horst im Landkreis gefunden wurde, konnten im Vorjahr acht nachgewiesen werden. Auch der seltene Sperlingskauz wurde im Kerschlacher Forst gesichtet und im Forst Kasten wurde in einem Nistkasten ein Vorratslager der kleinsten europäischen Eulenart entdeckt. Der größte Vertreter der Ordnung, der Uhu ließ sich 2019 zwar nicht blicken, Brützel vermutet aber, dass die scheuen Nachtjäger dennoch im Fünfseenland unterwegs sind

Als weitere gute Nachricht kann dem Jahresbericht entnommen worden, dass der vom Aussterben bedrohte Wendehals an mindestens vier Stellen im Landkreis Starnberg gebrütet hat. Er wurde in einer Kiesgrube und in der Umgebung des Unterbrunner Holzes gesichtet: Diesem Brutplatz droht allerdings durch das geplante Gewerbegebiet die Zerstörung. Überhaupt gewinnen Kiesgruben als Rückzugsräume für bedrohte Arten immer mehr Bedeutung: So konnte die ASO bei einer Kartierung in Abbaugebieten bei Ober- und Unterbrunn Uferschwalben und Flussregenpfeifer nachweisen - wie auch auf einer Baustelle mitten in einem Gewerbegebiet.

Erstmalig wurden im Fünfseenland 2019 fünf Arten beobachtet, darunter ein Alpensegler bei Leutstetten und zwei Nebelkrähen am Flugplatz Oberpfaffenhofen. Selbst die in Bayern als ausgestorben geltenden Wiedehopfe und Moorenten wurden erneut vereinzelt gesichtet. Brützel wertet dies allerdings als "Zufallsbeobachtungen seltener Durchzügler", die wenig über die Qualität der Lebensräume im Landkreis aussagten.

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