Starnberg:Ein Spiegelbild der Spaltung

Tunnelbefürworter und Umfahrungsfreunde begehen den Wahlabend getrennt. Die Wahl selbst verläuft ohne Probleme

Von Otto Fritscher, Starnberg

Der Wahlabend, er ist ein Spiegelbild für die politische Zerrissenheit in der Stadt. Die einen, die Allianz der Tunnelbefürworter aus CSU, SPD, Grünen und UWG, treffen sich beim Griechen im Bayerischen Hof; die anderen, die Umfahrungsfreunde, sammlen sich im Rathausfoyer, scharen sich um Bürgermeisterin Eva John. Ein gemeinsames Warten auf das Wahlergebnis, es ist nach den jahrelangen Streitereien und Zerwürfnissen offenbar nicht mehr möglich.

Unterstützung erhält die Tunnelallianz von Alt-Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger. "Wir haben gut gekämpft", befindet er und ergänzt: "Ich gehe heute Abend nicht ins Rathaus." "Das muss man zur Kenntnis nehmen, dass ein Teil fehlt", wird Bürgermeisterin Eva John später im Rathaus lakonisch sagen. Holger Knigge, SPD-Kämpe mit jahrzehntelanger Stadtrats-Erfahrung, wirkt trotz der bescheidenen SPD-Ergebnisse zufrieden: "Irgendetwas zu feiern gibt es immer." Die Stimmung steigt nach 19 Uhr, es bahnen sich beinahe unverhofft Verbrüderungsszenen an, die bayernweit einmalig sein dürften. "Ich hätte nie gedacht, dass ich als Grüner mal hoffen muss, dass die CSU möglichst viele Stimmen bekommt", sagt Franz Sengl. Martina Neubauer (Grüne) hat einen Beamer mitgebracht, um die neusten Ergebnisse auf die Leinwand zu werfen, aber Wlan bricht immer wieder zusammen. Macht nichts, gefeiert wird trotzdem.

Starnberg Kommunalwahl 2015

Gespannt warten die Tunnelbefürworter beim Griechen auf die Wahlergebnisse.

(Foto: Georgine Treybal)

Eva John gibt sich cool und geschäftsmäßig, eilt mit dem Tablet-Computer unter dem Arm im Rathausfoyer von einem zum anderen, redet hier ein bisschen, holt sich bei Willi Illguth ein Glas Wasser, während die meisten der versammelten Kandidaten von WPS, BMS, Bürgerliste und FDP Rotwein bevorzugen. "Gründlichkeit geht beim Auszählen vor Schnelligkeit, war die Devise, die ich ausgegeben habe", bescheidet sie ungeduldigen Fragern.

Welchen Wahlausgang wünscht sich die Bürgermeisterin, die selbst nicht zur Wahl steht? "Eine Wahl, die nicht anfechtbar ist, wäre gut", sagt sie salomonisch. Denn der Wahlkampf sei in der Endphase "fast nicht mehr zu ertragen" gewesen. Und wenn die Mehrheitsverhältnisse so blieben, wie sie nach der Auszählung von zehn Stimmbezirken sind? Dann hätten die Tunnelfreunde eine Mehrheit von 17 gegen 13 Stimmen. "Ja mei", sagt Eva John, die Umfahrungsfreundin, "wenn das so ist, dann ist das so."

Der Wahltag hatte am Sonntagmorgen ruhig begonnen. Die kalte Platte mit den Schnittchen ist noch unangetastet. Nicole Lutterer hat überhaupt einen ruhigen Sonntagvormittag. Seit 8 Uhr wartet sie im Abstimmungsraum in der Brunnangerhalle auf Wähler, rund 800 stehen im Wählerverzeichnis für diesen Bezirk. Bis 11 Uhr sind gerade mal 80 bis 90 gekommen, die ersten um zehn nach acht. "Vielleicht liegt es am schönen Wetter", vermutet sie. Immerhin, jetzt kommt wieder ein Wähler. "Haben Sie den Ausweis dabei?", fragt Lutterer den älteren Mann. "Wieso denn?", antwortet dieser etwas pikiert, "ich bin doch stadtbekannt." Nicole Lutterer kennt ihn nicht, was aber auch erklärbar ist, denn sie arbeitet nicht im Starnberger Rathaus, sondern in der Verwaltungsgemeinschaft Kochel am See. Wie kommt es, dass sie dann an diesem sonnigen Frühlingstag im Wahllokal sitzt? "Ich kenne die Starnberger Wahlleiterin Christina Kubach, und die hat mich gebeten", sagt Lutterer.

Starnberg Kommunalwahl 2015

Derweil öffnet und sortiert die Starnberger Rathausmannschaft bereits die Briefwahlkuverts.

(Foto: Georgine Treybal)

Ein Wahlprofi sitzt auch in der Perchaer Turnhalle. Erwin Huber, lange Jahre Geschäftsleiter im Rathaus und nun schon eine Weile im Ruhestand, hat viele Kommunalwahlen erlebt. "Es läuft etwas schleppend", vermeldet auch er. Von 1380 Wahlberechtigten haben bis mittags um halb eins gerade mal 132 im Wahllokal abgestimmt. Dazu kommen 355 Briefwähler. "Nach der Kirche war es ein Schwung, so dass alle sechs Wahlkabinen besetzt waren." Er ist optimistisch, dass das Auszählen diesmal klappt. "Wir hier in Percha haben immer richtig gezählt", betont er. Ein ähnlich ruhiges Bild bietet sich im städtischen Betriebshof, in dem das Wahllokal für die Angerweide und für Hanfeld untergebracht ist. Dort gibt es traditionell ein Weißwurstfrühstück für die Wahlhelfer. "Wir mussten einigen Jungwählern die Modalitäten nochmals genau erklären", sagt Wahlvorstand Monika Klose-Lederer. Aber immerhin: Keiner hat gefragt, wo die Eva John auf dem Stimmzettel steht.

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