Starnberg:Ein Sommerfestival für den Grafen

Starnberg Museum Starnberger See, Ausstellung Pocci

Der Kasperlgraf als Karikaturist: So stellte sich der von Pocci die "Pfahlbaubewohner am Starnberger See" vor, die einst die Roseninsel besiedelten.

(Foto: Georgine Treybal)

Das Museum Starnberger See erinnert mit Exponaten, einem Schattenspiel und einem großen Rahmenprogramm an Franz von Pocci

Von ute Pröttel, Starnberg

Nach vielen Jahren dürfen sie wieder einmal in die Öffentlichkeit: Professor Fleischmann mit der Botanisiertrommel und Madame Kasperl im Reifrock geben sich die Ehre im Museum Starnberger See. Der Professor ähnelt dem Räuber Hotzenplotz, dabei ist er kaum größer als eine Barbiepuppe. Er entstammt dem Ensemble des Stücks "Hansel und Grethel", das Franz Graf von Pocci um das Jahr 1860 für Schmidt's Marionettentheater verfasste. Die beiden mehr als 150 Jahre alten Marionetten sind Leihgaben des Münchner Stadtmuseums, wo sie im Depot ihr Dasein fristen müssen.

Sie stehen für die dramatische Facette von Pocci - doch der Graf war noch vieles mehr: musikalisch, feinsinnig, ulkig, kinderfreundlich, gesellig und verträumt. Diese Attribute leiten im Museum durch die Ausstellung "Franz Graf von Pocci - ein Multitalent vom Starnberger See": Bis zum Oktober sind die Exponate über den umtriebigen Grafen aus Ammerland zu sehen, außerdem wurde ein Rahmenprogramm zusammengestellt. Der Leiter der Pocci-Gesellschaft, Michael Köhle aus Münsing, spricht deshalb von einem regelrechten "Pocci Sommerfestival".

Bereits 1864 hielt Pocci vor der "Gesellschaft der Zwanglosen", einem Münchner Herrenclub, einen launigen Vortrag über die kurz zuvor in der Nähe der Roseninsel entdeckten Pfahlbauten. Die Ausstellung zeigt Illustrationen, wie er sich die prähistorischen Bewohner vorstellte. Zu sehen gibt es außerdem frech illustrierte Seiten aus dem Gästebuch von Schloss Ammerland sowie Landschaftsaquarelle und Skizzen aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek, die gut die Hälfte des umfangreichen Nachlasses von Pocci verwaltet. Aber auch einige Raritäten aus der privaten Pocciana-Sammlung sowie ein Porträt in Öl, das Hofmaler Joseph Karl Stiehler anfertigte. Viele Exponate werden zum ersten Mal gezeigt.

Franz Graf von Pocci gilt als ein Ausbund an Kreativität. Ihm waren gleich drei musische Talente in die Wiege gelegt: Musik, Dichtung und Zeichnung. Zeitlebens kombinierte er sie, so entstand ein umfangreiches schöpferisches Werk von mehr als 600 Musikstücken, Grafiken, Zeichnungen, Bilderbüchern, Karikaturen und nicht zuletzt mehr als 40 Komödien für das Marionettentheater. Er schuf den bauernschlauen Kasperl Larifari, der ihn als Kasperlgraf berühmt machte. Den Lebensunterhalt für die fünfköpfige Familie musste Pocci dennoch als Hofbeamter verdienen, er beklagte sich mehrfach, dass er so seine Talente nicht vervollkommnen konnte.

Doch Pocci inspiriert noch heute: Zur Ausstellungseröffnung wagten sich die Akteure des Schwarzlichttheaters Laterna Obscura, das der Heimatbühne Starnberg angehört, auf neues Terrain: Sie fertigten nach seinen Vorlagen 20 verschiedene Schattenfiguren und setzten zwei seiner Kasperlgeschichten in Zehn-Minuten-Stücke um. Da jagen drei Menschenfresser oder ein Bär hinter einem weltbummelnden Kasperl her. Am Eröffnungsabend musste die Truppe gleich zwei Premieren geben, mehr als hundert Gäste waren in das Heimatmuseum gekommen.

Eine weitere Premiere seht am 6. Juli an, wenn der junge Komponist Yoyo Christen im Rahmen eines Pocci-Klavierabends mit Anna Buchberger seine Variationen zu einem Landler von Pocci spielt. Für Schulen und Kindergärten bietet das Museum am 20. und 21. Juli den Workshop "Schlipperdibix - Pocci-Kunst für Kinder" an. Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.museum-starnberger-see.de. Die Ausstellung läuft noch bis zum 23. Oktober 2016.

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