Starnberg:Ein Schiff voller Cinéasten

Die Dampferfahrt des Fünfseen-Filmvestivals hätte nicht schöner sein können, auch wenn ein Kurzfilm zu spät kommt. Es wird viel geplaudert und gelacht. Das Goldene Glühwürmchen geht an Laura Lehmus

Von Blanche Mamer, Starnberg

Schon eine Stunde vor Einlass für die Dampferfahrt warten viele Fans des Fünfseen-Filmfestivals in bester Laune auf dem Steg. Es verspricht ein zauberhafter Abend zu werden, das Wetter könnte nicht besser sein und einige erzählen begeistert von den Filmen, die sie bisher gesehen haben. Beim Betreten des Schiffes werden ihnen drei farbige Jetons überreicht, die sie später für die Wahl des besten Kurzfilms brauchen werden.

Lautlos, doch mit leichter Verspätung, setzt sich gegen 20 Uhr die MS Starnberg in Bewegung und gleitet wie schwerelos über das spiegelglatte Wasser. Wie in den Jahren zuvor, hat Kapitän Hans Glas das Kommando. Die mehr als 400 Gäste drängen sich auf den offenen Decks und an der Reling, während die Tische und Bänke auf dem reservierten Mitteldeck zunächst völlig leer bleiben. "Es ist einfach zu schön, um sich im Innern aufzuhalten", findet ein Jurymitglied und saugt sich auf dem hinteren Deck am Anblick der Alpenkette fest, deren Spitzen bei untergehender Sonne rosa schimmern. Die leichte Verspätung ist durch eine kleine Panne bei der Organisation ausgelöst worden. Einer der Kurzfilme, die bereits bei Vorführungen in Starnberg, Weßling und Herrsching als Sieger gekürt worden waren, war nicht an Bord. Doch er kann doch beschafft werden, Festivalchef Matthias Helwig atmet auf. Egal wie gut das Fest läuft, Aufregung gibt es immer genug, die Erleichterung danach ist groß.

Starnberg: fsff Dampferfahrt/Kurzfilm

Sie werden viel Spaß haben auf der Rundfahrt, die seit Wochen ausgebucht war.

(Foto: Nila Thiel)

Helwig zeigt sich sehr zufrieden, die erste Hälfte des Festivals ist sehr gut gelaufen, die Vorstellungen sind gut besucht, und der Rekord von 17 000 Besuchern im vergangenen Jahr könnte möglicherweise gebrochen werden. "Ich sollte mir nicht so viele Sorgen machen und auf die Zuschauer vertrauen. Das Festival hat sich stabilisiert, Rekorde sind nicht wichtig. Auf das Münchener Filmfest hochgerechnet sind unsere Zahlen bei 170 000 Zuschauern. Das ist toll, denn dort wurden 80 000 gezählt", meint er im Gespräch mit Bayern 2-Reporterin Daniela Arnu, die den Abend moderiert. Bis Sonnenuntergang ist jedenfalls noch viel Zeit, die wunderbare Atmosphäre zu genießen und Gesprächen mit Kinofans und Filmschaffenden zu lauschen. Wie dem Kurzinterview von Arnu mit Florian Cossen und seiner Frau Elena von Saucken, dem Regisseur und der Drehbuchschreiberin von "Coconut Hero", der im Wettbewerb um den Publikumspreis läuft. Oder mit Ernst Ostertag und Röbi Rapp aus Zürich, den Protagonisten des Films "Der Kreis", die als erstes Homosexuellenpaar 2003 geheiratet haben und mittlerweile seit 50 Jahren zusammenleben. In Seeshaupt angekommen, ist die Sonne hinterm Horizont verschwunden, und das Kino kann beginnen. Auf zwei Leinwänden wird zuerst "The Tramp" von Charlie Chaplin gezeigt, der vor 100 Jahren herauskam; live vertont von der Band Tempo Nuevo. Und dann der Kurzfilmwettbewerb. Aus 26 Filme war, auf drei Spielorte verteilt, jeweils ein Sieger gewählt worden, berichtete Barbara Winkler vom Verein Weitwinkel, der die Ausschreibung ausrichtet.

Starnberg: fsff Dampferfahrt/Kurzfilm

Geduldig warten die Filmfans, dass sie auf die "Starnberg" dürfen.

(Foto: Nila Thiel)

Und der Gewinner des Goldenen Glühwürmchens ist: "AlieNation" von Laura Lehmus, ein Animationskurzfilm über die Pubertät und die sehr persönlichen Irrungen und Wirrungen im Teenageralter, so treffend skizziert, dass er laute Lachsalven auslöst. Zweiter wird der beklemmende Kurzfilm "Schwarze Schafe" von Magdalena Kugler, der vom sexuellen Missbrauch in einer Familie handelt.

Viel gelacht hat das Publikum bei "Krippenwahn" von Satu Siegemund. Die Filmemacherin erzählt darin urkomisch und doch ganz treffend über den schwierigen Run nach einem Krippenplatz für das noch ungeborene Kind, den speziellen Typen und den irrwitzigsten Bewerbungen. Und schließlich der Short-Plus-Award für Filme von 20 bis 60 Minuten. Er geht heuer an Regisseurin Julia Neuhaus und "Feuerkind". Gezeigt wird er am Sonntag vor der Abschlussfeier.

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