Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Ein Elektroauto für alle

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Jochen Kirschner ist eigentlich Immobilienentwickler. Doch er will die E-Mobilität fördern, indem Hausbewohner sich ein Auto teilen

Von Otto Fritscher, Starnberg

"So schwierig habe ich mir das nicht vorgestellt", sagt Jochen Kirschner und seufzt. Denn er muss sich jetzt mit Formularen eines Energieversorgungsunternehmens herumschlagen, in denen es um die Erhöhung der Leitungskapazität für den Hausanschluss geht, neue Kabel verlegen lassen - und das bestellte Auto lässt auch noch ein paar Wochen auf sich warten. "Ich will einfach den Bewohnern eines Hauses oder eines kleinen Quartiers die Möglichkeit bieten, gemeinsam ein Elektroauto zu benutzen", erklärt Kirschner sein vermeintlich einfaches Vorhaben. Eigentlich ist der Starnberger Immobilienentwickler, und so lässt sich auch der Weg nachzeichnen, auf dem er auf die Idee mit dem E-Car-Sharing gekommen ist.

"Grundstücke sind bei uns sehr knapp und sehr teuer. Und dann muss man bei jedem Bauvorhaben noch die Stellplatzverordnungen der jeweiligen Gemeinden berücksichtigen", erklärt Kirschner. Platz, der sich auch anders nutzen ließe, wenn man als Bauherr nicht so viele Stellplätze nachweisen müsste. Ein Auto für die Bewohner eines Hauses statt zweier Stellplätze für jede maximal 120 Quadratmeter große Wohnung in einem Haus - da ließen sich schon ordentlich Parkplätze sparen.

Als Pilotprojekt hat Kirschner nun ein Anwesen am Starnberger Ludwig-Thoma-Weg ausgesucht, in dem sechs Parteien wohnen. Er hat einen Stromanschluss legen lassen, eine Ladestation angeschafft und einen Renault Zoe. Doch damit war es nicht getan, denn das Auto musste noch mittels diverser Einbauten auf das Carsharing vorbereitet werden. Nun lässt sich, wie Kirschner demonstriert, die Fahrertür mit einer Chipkarte öffnen, die man an die Frontscheibe hält, hinter der eine Lesegerät verbaut ist. Auch die Klappe, hinter der die Steckdose im Kühler zu finden ist, lässt sich erst danach öffnen. Der Ladevorgang selbst ist einfach und dauert - je nach Zustand der Batterie - schon mal über Nacht. Aber besonders viel ist das Auto, das seit vergangenem Sommer zur Verfügung steht, noch nicht bewegt worden. "Und die Bewohner haben alle noch selbst ein Auto", gibt Kirschner zu. Er sieht das Projekt auch noch in der Anfangsphase, aber er glaubt an die Zukunft des E-Car-Sharings. "Wenn man an die Mobilität der Zukunft denkt, ist klar, dass es Elektroautos sein werden. Und dann ist es doch so, dass jungen Leuten ihr iPhone wichtiger ist als ein eigenes Auto." Und so ist Kirschner quasi in Vorleistung gegangen, und hat eben so ein E-Auto angeschafft. Abgerechnet wird über einen externen Dienstleister, die Starnberger Firma Wunjoo. "Man kann die Idee ja erklären, aber besser ist es, man hat etwas vorzuzeigen", sagt Kirschner. An die Stadt ist er noch nicht offiziell herangetreten.

Als zweites Projekt hat er sich die "Neue Mitte Berg" ausgedacht. Er ist Eigentümer des Anwesens im Ortszentrum, in dem sich eine Apotheke und eine Bäckerei befinden. Eine Ladesäule hat er vor der Bäckerei schon installiert, allerdings ist dort kein Auto zu sehen - das E-Mobil ist bestellt, wird aber noch geliefert. Dann sollen nicht nur die Bewohner, sondern auch Anwohner aus der näheren Umgebung die Ladesäule nutzen können. Und mit dem Verband Wohnen tüftelt Kirschner gerade an einem neuen Projekt: ein E-Auto für eine größere Wohnanlage an der Max-Reger-Straße in Berg. Auch in Starnberg wird der Verband mit Kirschner ein E-Car-Sharing anbieten. Und zwar am Himbselweg, in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Nord.

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Quelle:
SZ vom 15.03.2017
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