Elektromobilität:Schöner laden

Lesezeit: 3 min

In Starnberg gibt es viele E-Autos - und dafür vergleichsweise wenige Ladestationen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Verkauf von E-Autos boomt, doch das Angebot an öffentlich zugänglichen Ladestationen hinkt dem Bedarf hinterher. Die Stadt Starnberg möchte die Situation zwar verbessern, will aber selbst kein Strom-Tankstellenbetreiber sein.

Von Peter Haacke, Starnberg

Nirgendwo in der bundesdeutschen Provinz ist der Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge höher als im einkommensstarken Landkreis Starnberg. Das Fünfseenland gilt im Hinblick auf E-Mobilität schon lange als Musterknabe im Freistaat, Autos mit dem charakteristischen "E" im Kennzeichen sind nicht ungewöhnlich. Und die Tendenz ist steigend: Noch dieses Jahr dürfte die 10 000er-Marke geknackt werden. Die Infrastruktur hinkt dieser Entwicklung allerdings hinterher: Im Gegensatz zu Tankstellen sind öffentliche Ladestationen eher Mangelware - auch in der Kreisstadt Starnberg. Zwar würde die Stadt nur allzu gerne die Energie- und Mobilitätswende unterstützen und die Versorgungslage mit Ladestationen verbessern. Doch Kommunen sind keine Tankstellenbetreiber. Gesucht werden daher praktikablere Lösungen für eine Ladung Strom in Zeiten knapper Kassen.

Die E-Mobilität verzeichnet rasante Zuwächse, die Zulassungszahlen für elektrisch betriebene Fahrzeuge in Deutschland steigen rapide. Zwar ist man derzeit noch weit entfernt von der Vorgabe der Bundesregierung, die als Ziel 15 Millionen E-Fahrzeuge fürs Jahr 2030 anpeilt. Doch Klima, Krieg und Krise sowie eine ungewisse Zukunft im Hinblick auf die Versorgungslage mit fossilen Energieträgern scheinen den Kauf alternativer Antriebe anstelle eines klassischen "Verbrenners" erheblich attraktiver zu machen.

2012 waren im Landkreis Starnberg nur 175 E-Autos gemeldet

Starnberg ist im Hinblick auf E-Mobilität der Spitzenreiter unter Bayerns Landkreisen: Der Anteil rein elektrisch betriebener Fahrzeuge beträgt 3,3 Prozent (3730 Fahrzeuge). Rechnet man 5242 aktuell gemeldete Hybrid-Fahrzeuge und Plug-in-Hybride hinzu, die sowohl mit Verbrennungs- als auch Elektromotor ausgestattet sind, kommen die Starnberger in Bezug auf den Gesamtbestand aller gemeldeten Fahrzeuge inklusive Lkw, Nutzfahrzeuge und Motorräder auf einen Anteil von rund 5,7 Prozent elektrisch oder teilelektrisch betriebener Pkw. Zum Jahresende 2022 waren beim Landratsamt Starnberg von 88 721 gemeldeten Personenkraftwagen 8972 E-Autos. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 gab es im Fünfseenland nur 175 Fahrzeuge mit dem "E" am Ende des Kennzeichens. Bayerischer Spitzenreiter für rein elektrisch betriebene Fahrzeuge ist laut ADAC übrigens die Autostadt Ingolstadt mit 3,4 Prozent, bundesweit liegt Wolfsburg (5,6 Prozent) vorn.

In Starnberg gibt es zu wenige Ladesäule. Diese hier an der Ludwigstraße ist momentan außer Betrieb. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zwar erhöht sich mit dem rasanten Anstieg der Zahl der E-Fahrzeuge auch die Anzahl öffentlicher Ladepunkte, aber das doch wesentlich langsamer. Nach Angaben der Beratungsgesellschaft Rödl und Partner (Nürnberg) zählt Bayern mit 0,9 Ladepunkten je 1000 Einwohner neben Hamburg und Baden-Württemberg zu Deutschlands Spitzenreitern. Bis zum Jahr 2030 soll es laut Bundesregierung bundesweit eine Million Ladepunkte geben. In Starnberg existieren derzeit zehn öffentliche Ladestationen, vier davon betreibt die Stadt zusammen mit Eon: am P+R-Platz am Bahnhof-Nord, vor dem Rathaus am Vogelanger, in der Maximilianstraße und im Nepomukweg. Zwei Ladestationen in der Ludwigstraße sind seit 2021 außer Betrieb: Sie erwiesen sich als störanfällig, die Betreiberfirma meldete Insolvenz an. Für 2023 soll diese Station erneuert werden, weitere sind in der Franz-Heidinger-Straße und am Wiesengrund geplant.

Kommunen sind keine "Tankstellenbetreiber" für Strom

Ob und wann es dazu kommen könnte, ist derzeit aber fraglich. 50 000 Euro waren für 2023 eingeplant, bis zu 25 Prozent beträgt eine staatliche Förderung. Doch in der Sitzungsvorlage für den Umweltausschuss, der am Donnerstag tagte, heißt es: "Die Haushaltsmittel wurden in den Beratungen als mögliche Einsparungsposition gestrichen." Zwar ist der Starnberger Haushalt 2023 noch nicht endgültig beschlossen. Doch schon jetzt ist klar: Es muss gespart werden. Die Einnahmen sinken, die Ausgaben steigen, der Schuldenberg droht zu wachsen - und die Stadt sieht sich vor enormen Herausforderungen für die Zukunft mit großem finanziellen Aufwand. Was liegt da näher, als an kleineren Posten zu sparen? Zumal es nicht originäre Aufgabe einer Stadt ist, die E-Mobilität auszubauen: Kommunen sind keine "Tankstellenbetreiber" für Strom, da herrscht Einigkeit im Stadtrat. Andererseits will man aber auch kein Bremsklotz sein: Die Stadt hat sich ebenfalls den Zielen der Energiewende und Klimaneutralität bis 2035 verschrieben.

Die Stadtverwaltung verfügt ebenso wie der Landkreis bislang über keine "definierte Prozesssteuerung" für den Ausbau der Ladeinfrastruktur, sondern unterbreitet lediglich Vorschläge für potenzielle Standorte der Ladestationen. Der aktuelle Lösungsvorschlag aus dem Rathaus: Es soll ein generelles Konzept für den Ausbau der E-Mobilität in Starnberg entwickelt werden. Anstelle einzelner Lademöglichkeiten am Straßenrand will man nun "auf ganzheitliche Quartierslösungen in Zusammenarbeit mit Energieversorgern" setzen. Eine weitere Möglichkeit wäre, beispielsweise Einzelhandel und Gastronomie "durch Vorgaben oder Fördermöglichkeiten in die Pflicht zu nehmen". Im Klartext: Auf gewerblichen Parkflächen sollen öffentliche Ladestationen bereitgestellt werden.

Und dann wären da noch die Fragen nach dem Betreiber und dem "ökologischen Fußabdruck": Die Stadt bezieht für ihre städtischen Liegenschaften bis zum Jahresende "Ökostrom" mit einer Neuanlagenquote von 50 Prozent. Bei privaten Ladepunktbetreibern hätte die Stadt allerdings keinerlei Einfluss auf den Treibhausgas-Quotenhandel.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: