Es ist ein imposantes Bauwerk, das da an der Verbindungsstraße zwischen Söcking und Hadorf entsteht. Mächtige Maschinen haben schon vor Monaten eine gewaltige Lücke in den Berg ge wühlt, Traktoren mit Anhängern schütteten neben der Ortsverbindung einen gigantischen Berg mit 50 000 Kubikmeter Abraum auf, der später wieder verfüllt wird. Der "Galgenberg" wurde geteilt, davon 2018 an der Verkehr auf der "Westtangente" rollen kann. Auch einen 35 Tonnen schweren Findling haben die Bauarbeiter als "Mitbringsel aus der Eiszeit" ausgegraben, der später einmal neben der Straße stehen soll. Zwölf Meter ragen Stützwände auf, die von einer Grünbrücke gekrönt werden; Wildtiere können damit "barrierefrei" die Straßenseite wechseln. Ein Monument deutscher Ingenieurskunst, stets beobachtet von einer Webcam zur Dokumentation und zur Überwachung. Leichte Beklemmung kommt auf angesichts der Dimensionen des Bauwerks: Exakt 79 Meter lang wird die Unterführung. Wäre sie nur einen Meter länger, müsste man sie laut Definition als Tunnel bezeichnen.
Groß ist das Interesse an der Baustellenführung, zu der die Stadt am Freitag eingeladen hat. Rund 50 Bürger - darunter sechs Stadträte, für die diese Führung ursprünglich organisiert worden war - und Bürgermeisterin Eva John schauen sich um. Anfang April war offizieller Spatenstich, der Baufortschritt ist enorm. Unter Führung von Michael Kordon und Christian Probst vom Staatlichen Bauamt Weilheim) sowie den verantwortlichen Bauleitern wird die Gruppe geteilt, weil es nur 30 Schutzhelme gibt. Einer Schlumpf-Armee ähnelnd marschieren die "Blauhelme" zu einer halbrunden Holzkonstruktion, um die später in neun Abschnitten eine solide Röhre gegossen wird. Insgesamt 3600 Tonnen Beton und 450 Tonnen Stahl werden in 80 Zentimeter starken Wänden verbaut. Sobald ein Abschnitt fertiggestellt ist, wird die 25 Tonnen schwere Holzkonstruktion weiter geschoben. Kordon betont, dass die 2,8 Millionen Euro teure Grünbrücke das anspruchsvollste Bauwerk ist und man bestens im Zeitplan ist. Bis zur Verkehrsfreigabe aber sind noch zwei Winter zu überstehen. Auf der 3,5 Kilometer langen Tangente entstehen fünf Brücken, zwei sind fertiggestellt.
Die Erwartungen an die rund 13 Millionen Euro teure Straßenverbindung sind hoch. Die Westumfahrung gilt als Meilenstein zur Verkehrsentlastung Starnbergs sowie der Ortsteile Perchting und Hadorf. Grünbrücke und Unterführung sollen Mitte 2017 fertig gestellt sein, spätestens von 2018 an hofft Starnberg auf Entlastung vom Verkehr. Vor allem Lkw aus Richtung Gilching, die bislang über die Hanfelder Straße ihren Weg in die Kreisstadt finden, sollen dann von der Waldkreuzung zwischen Starnberg und Gilching - in Wirklichkeit ein "Waldkreisel" - über die Maisinger Schlucht zum Maxhof-Kreisel zwischen Starnberg und Pöcking umgeleitet werden. Von hier geht es weiter in Richtung Weilheim oder - mitten durch Starnberg - nach München. Bestenfalls spekuliert werden kann über Effekte der Trasse insbesondere auf die Hauptstraße der Kreisstadt. Die Westumfahrung wird sicher zur Entlastung der Hanfelder Straße beitragen. Doch ohne B2-Tunnel oder Umfahrung wird der Durchgangsverkehr nur verlagert: Eine unvollendete Teillösung also.
Die Westtangente für Starnberg - nach langer Diskussion noch in der Amtszeit von Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger beschlossen - war stets Bestandteil einer Gesamtverkehrslösung, die insbesondere den Bau des B2-Tunnels vorsah. Mit größten Bauchschmerzen hatten seinerzeit selbst die Grünen nur unter dieser Voraussetzung den Bau der Trasse akzeptieren können, der Bund Naturschutz hält das Projekt bis heute für überflüssig. Den vorzeitigen Baubeginn ermöglicht die finanzielle Vorleistung der Stadt: 80 Prozent der Kosten - 10,4 Millionen Euro - gibt's vom Freistaat zurück.