Starnberg:Die Aufräumerin

Wildblumen am Straßenrand; Bunte Tupfer am Straßenrand

Die Kreisstadt soll schöner werden: Bürgermeisterin Eva John lässt von der Stadtgärtnerei Wildblumen auf Grünflächen und am Straßenrand pflanzen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Eva John, die Starnberger Bürgermeisterin, versucht sich in einer Politik der kleinen Schritte. Das bringt ihr heftige Kritik ein

Von Wolfgang Prochaska

Sie weiß schon genau, wie Starnberg am Ende ihrer Amtszeit, also 2020, aussehen wird: "Aufgeräumt!" Da ist sich Eva John (BMS), 49, die Starnberger Bürgermeisterin, ganz sicher. Aufräumen, Ordnung schaffen, Struktur hineinbringen: Wer sich mit ihr unterhält, hat zuweilen den Eindruck, dass die Kreisstadt ein einziger Saustall ist, durch den endlich mal durchgekehrt werden muss. Gut, dass es Eva John als Bürgermeisterin gibt. Daran lässt sie auch keinen Zweifel. Und am schönsten ist es für sie, wenn etwas schnell umgesetzt wird. Zum Beispiel der Bürgerpark. Oder der Bau der Westumfahrung trotz schwieriger Grundstücksverhandlungen. Auch der Umbau des Wasserparks zum Seebad lässt sie zufrieden lächeln. Ebenso die zwei geplanten Projekte mit günstigen Wohnungen. Und sollte sich keiner finden, der Starnberg schöner machen will, dann macht sie es höchstpersönlich, wie in jenem Sommer, als sie eigenhändig die versifften Bahnhofstoiletten sanierte.

Ja, sie hat einen Plan für diese Stadt. "Ich will den Leuten Orientierung geben", sagt sie. Deshalb wird demnächst eine ordentliche Beschilderung auf Parks und auf Friedhöfe hinweisen. Auch das Aufstellen von Tempoanzeigen, den Smileys, im ganzen Stadtgebiet, hat zu ihrem Plan gehört. Sie hätten tatsächlich für mehr Sicherheit gesorgt. "Es muss der Schwächere geschützt werden", betont sie. Also die Fußgänger und die Radfahrer. So nahm sie sich auch der unglücklichen Verkehrsführung am Bahnhof Nord an. Jahrelang hatte der Stadtrat diesen Bereich ignoriert, bis John Tabula rasa machte und die Autos nicht mehr um den Kreisel schickte, sondern den Verkehr daran vorbeiführte. Den Fußgängern spendierte sie einen provisorischen Fußweg, der den Trampelpfad quer über die mit Büschen zugewachsene Verkehrsinsel ersetzte. Gleichzeitig ließ sie einen Fußgängerübergang mit Querungshilfe schaffen, was zwar die Polizei als Pseudo-Sicherheit kritisierte, aber gut ankam. Auch die Schaffung von mehr Grünflächen, demnächst am Hirschanger, gehört zu diesem Programm. "Wir müssen schneller in die Puschen kommen", kommentiert sie ihre Aktionen, wenn praktisch etwas über Nacht umgesetzt wird, etwa das Errichten von Querungshilfen in der Hanfelder Straße. Am liebsten hätte sie auch die Wittelsbacherstraße verändert - aber diesmal pfiff sie der Stadtrat zurück. Noch immer hält sie ihr Konzept für richtig. "Dass meine Arbeit, und wie ich die Stadt gestalte, nicht alle gut finden, ist klar. Aber es kann nicht mein Ziel sein."

Ihre Gegner nennen ihre Aktionen abschätzig klein-klein und werfen ihr vor, dass sie die wichtigen Probleme, die Starnberg seit Jahren drücken, nicht angehen will. Also die Reduzierung des Verkehrs und die bessere Sichtbarkeit des Sees, genannt die Seeanbindung. Das sieht sie völlig anders. Der Tunnel, den sie jetzt bauen muss, obwohl sie eigentlich im damaligen Wahlkampf gegen dieses Großprojekt war, macht ihr kein Kopfzerbrechen und stellt für sie auch keinen politischen Widerspruch dar. Kühl merkt sie an: "Der Stadtrat hat den Tunnel und die Umfahrung immer mitgetragen, dazu gibt es unzählige Beschlüsse." Auch die Seeanbindung - in diesem Jahr laufen die Verträge mit der Bahn aus - versucht sie auf ihre eigene Art anzugehen. Die wesentlichen Missstände sollen beseitigt werden. Dazu zählt sie freundlichere Unterführungen und auch die Verschönerung der Seepromenade, möglichst mit einfachen Mitteln und möglichst schnell. "Ich will die Reflexe, dieses Es-geht-nicht, auflockern." Man müsse sich auf Versuche einlassen. Dies durchzusetzen, sei manchmal mühsam, gibt sie zu. Man gewinnt bei ihr den Eindruck, je länger man sich unterhält, dass sie aus der Stadt ein Wohnzimmer machen möchte.

Nicht umsonst heißt die Broschüre, in der auf 51 Seiten ihre Leistungsbilanz 2016 vorgestellt wird, "Dahoam". Darin wird sie als "Macherin" präsentiert, deren Büro "einladend und freundlich" ist und die "perfekte Basis für wichtige Entscheidungen" darstellt. Einladend, freundlich, ordentlich: Diese Attribute dürften die Welt der Eva John beschreiben. In dieser Welt kommen keine Fehler vor. Dass im Stadtrat immer noch ein gehässiges Klima herrscht, dass Anträge von Stadträten monatelang liegen bleiben, bis die Kommunalaufsicht einschreiten muss, dass Sitzungen bis tief in die Nacht gehen oder einfach entfallen, dazu der ständige Kleinkrieg mit der Kreisbehörde - alles nicht ihr Fehler. "Es ist Usus bei den Stadträten geworden, sich im Landratsamt zu beschweren", kontert sie und fragt sich, warum man nicht direkt mit ihr rede. Auch bei der Sache mit den überlangen Stadtratssitzungen sieht sie sich eher als Opfer, denn als Akteurin: "Auch ich muss morgens um halb sieben Uhr aufstehen und wieder fit sein, nicht nur die Stadträte."

Macht ihr das Amt eigentlich noch Spaß bei all dem Ärger?, denkt man. Vorher war Eva John Kreiskämmerin, damals die erste in ganz Oberbayern, sie hatte im Starnberger Landratsamt viele Freiheiten. "Manchmal denke ich: Bis 18 Uhr ist die Welt in Ordnung, danach beginnt die Herausforderung." Sprich: die Stadtratssitzung. Lieber sind ihr daher Bürgerversammlungen, das sei "das Höchste". Die Bürgerschaft lasse sie näher an sich ran, wobei sie einräumt, dass sie kein "dickes Fell" habe, aber man dürfe sich nicht alles zu Herzen nehmen, was an Kritik und Vorwürfen komme. "Mir ist aber nicht alles wurscht." Wie wird es weitergehen? Inzwischen haben Stadträte ihre Gruppierung verlassen und die Seiten gewechselt. Sie gibt sich dennoch unbeirrt. "Für das Ergebnis bin ich bereit vieles auszuhalten - aber nicht alles." Das klingt ein wenig nach Kompromissbereitschaft.

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