Starnberg:Der Schlechter-Laune-Winter

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Es waren der trübste Januar und Februar seit 60 Jahren. Der fehlende Sonnenschein hat nicht nur Auswirkungen auf das Gemüt der Menschen. Die Photovoltaik-Anlagen im Landkreis produzieren ein Drittel weniger Strom.

Otto Fritscher

Nur selten hat es die Sonne in den vergangenen Wochen durch die Wolkendecke geschafft. Es war der trübste Winter seit mehr als 60 Jahren, wie die Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes auf dem Hohenpeißenberg zeigen. Auf unserem Bild wallen Nebelschwaden über die Gegend von Landstetten.Foto: Treybal (Foto: N/A)

Er ist grausam, dieser graue Winter. Und er scheint ewig zu dauern. Das trübe Wetter schlägt vielen Menschen inzwischen aufs Gemüt, sie fühlen sich erkältet und schlapp, sie sind verspannt, gereizt und unmotiviert. Symptome, mit denen in diesen Tagen mehr Leute als sonst die Praxis von Nikolaus von Hollander in Weßling aufsuchen. "Es geht vielen Leuten nicht so gut, die wären bei mehr Sonnenschein besser drauf", bestätigt der Arzt.

Medizinisch gesehen setzt das Sonnenlicht einen Prozess in Gang, der - vereinfacht gesagt - die Vitamin-D-Produktion ankurbelt, was zu einem Gefühl führen kann "wie das erste Weißbier auf der Hütte nach einer langen Wanderung", beschreibt Hollander praxisnah. Deshalb empfiehlt der Arzt als Gegenstrategie "körperliche Aktivitäten wie Wandern, Joggen, oder zumindest raus an die frische Luft." Vor allem Sport helfe, "das Schlechtwetter-Gefühl zu vertreiben".

Dass die Sonne sich in den vergangenen Wochen extrem rar gemacht hat, bestätigen die Daten, die der Deutsche Wetterdienst DWD auf seiner Station am Hohenpeißenberg sammelt. Es sei der sonnenärmste Winter seit dem 1941/1942, erklärt DWD-Wetterbeobachter Johann Siemens. Im Januar 2013 wurden 40,7 Sonnenstunden aufgezeichnet, der Durchschnitt der letzten 30 Jahre liege aber bei 92 Sonnenstunden. Sehr trüb blieb es auch im Februar: Gemessen wurden 43 Sonnenstunden, normal wären 101. Gemessen wird die Dauer des Sonnenscheins mit einer Glaskugel, in der das einfallende Licht wie in einem Brennglas gebündelt und auf einen Papierstreifen gelenkt wird. "Die Länge der Brennspur zeigt die Dauer des Sonnenscheins an", erklärt Wetterbeobachter Johann Siemens. Einfacher geht der Starnberger Hobby-Meteorologe Josef Jägerhuber vor. "Ich notiere mir die Tage, an denen die Sonne scheint, auch wenn es nur fünf Minuten sind", erklärt er. Heuer seien es in Starnberg bisher 24 an der Zahl gewesen.

Negativ wirkt sich die fehlende Sonneneinstrahlung natürlich auch auf die Fotovoltaik-Anlagen im Landkreis aus, auf gewerbliche wie auf private. Norbert Burkhart ist Geschäftsführer der Energiepark Gauting GmbH, die seit vergangenem September bei Oberbrunn eine große Fotovoltaik-Anlage betreibt. Weniger Licht, weniger Energieerzeugung, weniger Ertrag, heißt die schlichte Gleichung. In Zahlen: Im Dezember erzeugte die Anlage 32 096 Kilowattstunden Strom, normal wären 37 062 kW/h gewesen, ein Minus von 13,7 Prozent. Noch schlechter fällt die Januar-Bilanz aus: 30 717 Kilowattstunden wurden produziert, geplant waren als 48 765 kW/h, ein Minus von gar 37 Prozent. Burkhart lässt sich trotzdem keine grauen Haare wachsen: "Wenn wir nur einen guten Mai oder Juni, die Monate mit der stärksten Sonnenstrahlung, haben, können wir zwei oder sogar drei schlechte Winter locker wieder aufholen." Bei ihm persönlich führe das fehlende Licht aber zu einem "erhöhten Süßigkeitenverbrauch".

Weniger Strom ist gleich weniger Vergütung, die er für seine private Fotovoltaik-Anlage erhalte, das ist auch die Rechnung von Michael Schmidt, der bei der Donauer Solartechnik GmbH in Gilching Leiter der Technik ist. Schmidt hat "natürlich" sein eigenes kleines Kraftwerk auf dem Dach, das im Januar gerade mal 94 kW/h lieferte, im Januar 2012 waren es 212 kW/h gewesen. Noch frappanter der Februar: Statt 438 kW/h wie im Vorjahr konnte Schmidt nur 141 kW/h einspeisen. Schmidt plädiert deshalb für moderne Solarmodule: "Die haben ein besseres Restlichtverhalten", liefern also bei wenig Licht noch "zwei, drei oder vier Prozent mehr Strom".

Ein Lichtdefizit macht auch den Frühjahrs-Pflanzen in der Starnberger Gärtnerei Fischer zu schaffen. "Die Frühjahrsblumen, die man auf dem Balkon pflanzt wie Geranien oder Petunien, wachsen langsamer", sagt Gärtner Franz Otter. Auch betreffe das miese Wetter Zimmerpflanzen: "Die Blätter bekommen gelbe Ränder."

Gut ist das Schlechte-Laune-Wetter dagegen für die Sonnenstudios im Landkreis. "Ja, wir haben wegen des fehlenden Lichts viele Neukunden gewonnen, vielleicht 20 Prozent", berichtet Andrea Dörfler, die seit elf Jahren das Sonnenstudio "Never white" in Gilching betreibt. Auch die Stammkunden kämen oft vorbei in diesen Tagen. Sie empfiehlt eine "leichte und gesunde Bräune", die man mit zehn bis zwölf Minuten unter der Kunstlichtsonne erreichen könne. Für Andrea Dörfler hat Wetterdienst-Mitarbeiter Johann Siemens aber eine schlechte Prognose: "Am Wochenende wird es endlich wieder sonnig."

© SZ vom 01.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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