Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Der letzte bayerische König: "Er wollte Bayern in die Zukunft führen"

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Ludwig III. war ein glückloser Monarch, den die Revolution vor 100 Jahren vertrieb. Er setzte auf Bildung und Wissenschaft, beging aber auch grobe Fehler.

Von Armin Greune

Nach einer langen Prinzenzeit begann seine eigentliche Karriere in einem Alter, in dem andere längst im Ruhestand sind: Als Ludwig III. am 8. November 1913 den Eid als neuer König leistete, war er bereits 68 Jahre alt. Genau fünf Jahre später proklamierte Kurt Eisner am 7. November 1918 den Freistaat Bayern und erklärte Ludwig für abgesetzt. Damit war er der erste deutsche Monarch, den die Revolution vertrieb, er starb 1921 im ungarischen Exil. Die 738 Jahre währende Herrschaft der Wittelsbacher über Bayern fand ein abruptes Ende.

Nun widmet sich eine Ausstellung im Museum Starnberger See Bayerns letztem König - dem unbekannten Regenten. Sie sei "überrascht, das selbst Urbayern wenig bis gar nichts von Ludwig III. gehört haben", sagte Museumsleiterin Sibylle Küttner bei der Eröffnung. Am Donnerstagabend konnte Bürgermeisterin Eva John eine kaiserliche und zwei königliche Hoheiten begrüßen: Prinzessin Theresa, Prinz Christoph und Herzog Franz von Bayern - auch Starnberg feiert seine Royals. Im Ortsteil Leutstetten hatte der letzte bayerische Regent viele Jahrzehnte lang seinen Lebensmittelpunkt.

Die Ausstellung soll den König nicht nur als Herrscher in der katastrophalen Zeit des Ersten Weltkriegs präsentieren, sondern auch wichtige Stationen seines Lebens von Kindheit und Jugend an zeigen. Ein besonderer Schwerpunkt der Exponate liegt auf Beziehungen Ludwigs III. zu Starnberg. 1845 wurde er als ältester Sohn des späteren Prinzregenten Luitpold in München geboren. Nachdem er 1866 im Krieg gegen die Preußen verwundet worden war, befasste er sich vor allem mit der Landwirtschaft. Bei den ersten Reichstagswahlen 1871 kandidierte der spätere König für die Bayerische Patriotenpartei, wurde aber nicht ins Parlament gewählt.

1875 kaufte er Schloss Leutstetten und ließ daraus ein landwirtschaftliches Mustergut entwickeln. 1910 erstreckte sich Ludwigs Grundbesitz von Gut Rieden bis Neufahrn über acht Quadratkilometer - das entspricht fast der Größe des Tegernsees. Das Areal umfasste landwirtschaftliche Flächen und Forste, den Torfstich Wildmoos, ein Gestüt, eine Fischzuchtanstalt und 60 Stück Milchvieh - was ihm im Volk den Spitznamen "Millibauer" eintrug.

Eine weitere Leidenschaft Ludwigs war neben der Landwirtschaft die Jagd, der er auch gern im Forstenrieder Park nachging. 1906 setzte er sich für die bayerische Wahlrechtsreform ein, was ihm sogar ein Lob von August Bebel einbrachte: Der SPD-Gründer meinte, das deutsche Volk hätte eher den Bayern Ludwig als den Preußen Wilhelm I. zum Kaiser gewählt.

Als 1912 Prinzregent Luitpold starb, folgte im sein Sohn zunächst in dieser Funktion nach. Mit einer unzulässigen Verfassungsänderung ließ er sich ein Jahr später sogar zum König proklamieren - obwohl dieses Recht nominell seinem Cousin Otto I. gebührte. Der war jedoch seit seiner Jugend geisteskrank, sodass Luitpold seit 1886 die Staatsgeschäfte geführt hatte. Von 1913 bis zu Ottos Tod 1916 gab es also nominell zwei bayerische Könige.

Dieser "Kronraub" habe dazu beigetragen, dass Ludwig III. im Vergleich zu seinem Vater und seinem Vetter Ludwig II. "beim Volk nicht so gut wegkam", meinte der Autor Alfons Schweiggert bei der Einführung zur Ausstellung: "Ludwig III. gilt als glückloser Monarch". Wenn man ihm aber nur Versagen vorwerfe und seine Verdienste vergesse, "tut man ihm bitter unrecht", fand Schweiggert - denn der letzte bayerische König musste im Weltkrieg trotz seines Alters nie dagewesene Aufgaben und Krisen bewältigen.

Die Ausstellung zeige aber in ihrer dankenswerten Spurensuche auch auf, wie wichtig für Ludwig III. Bildung und Wissenschaft waren. So habe der Monarch sich für den Ausbau des Ludwig-Donau-Main-Kanals eingesetzt sowie "bei der Gründung und dem Aufbau des Deutschen Museums in München eine entscheidende Rolle" gespielt, sagte Schweiggert: "Er wollte Bayern in die Zukunft führen."

In außenpolitischer Hinsicht allerdings hat sich Ludwig III. aus heutiger Sicht nicht mit Ruhm bekleckert. Nur wenige Tage nach Ausbruch des Krieges meldete er territoriale Ansprüche an und forderte das Elsass ein. Später wollte er auch noch das Rheinland, Belgien und Teile der Niederlande Bayern einverleiben - schließlich habe Preußen sein Gebiet schon 1866 überproportional erweitert. Ludwig hätte wohl besser auf seinen Sohn Rupprecht gehört, der sich für einen Verständigungsfrieden mit den Kriegsgegnern einsetzte, möglicherweise hätte so das Ende der Monarchie abgewendet werden können, spekulierte Schweiggert. So aber blieb Ludwig III. nur die Flucht ins Exil, von wo aus er seine bittere Enttäuschung in einem Brief formulierte: "Ich bin ein ehrlicher Arbeiter fürs Volk, man hat mich aber grob verjagt."

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SZ vom 19.05.2018
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