Süddeutsche Zeitung

Starnberg:Der Charme der Dörfer

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"Wohnen im Fünfseenland - nur für Reiche?" Die SZ-Debatte in Starnberg polarisiert. Selbst in Dörfern wie Andechs kostet der Quadratmeter schon mehr als 400 Euro.

Otto Fritscher

Es ist schön hier, in der Gegend zwischen Starnberger See und Ammersee. Und es ist teuer hier, denn auf dem Fünfseenland lastet nach wie vor ein großer Zuzugsdruck: Nicht nur viele Münchner zieht es aufs Land, was steigende Bodenpreise und höhere Mieten zur Folge hat. Bauland ist knapp, und bezahlbarer Wohnraum noch knapper. Entwickelt sich das Fünfseenland langsam zu einem Reservat, in dem sich nur noch Betuchte das Wohnen leisten können? "Nein", lautete das Fazit der Teilnehmer eines SZ-Forums, das sich am Mittwochabend unter der Moderation von SZ-Redakteur Wolfgang Prochaska im Foyer der Starnberger Kreissparkasse mit der Frage "Wohnen im Fünfseenland - nur für Reiche?" beschäftigte. Die Anstrengungen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, müssten künftig aber verstärkt werden.

Landrat Karl Roth (CSU) erklärte, er habe es, als er noch im Polizeidienst tätig war, geschafft, ein Grundstück zu kaufen und ein Häuschen zu bauen. "Das ist heute schwerer." Zudem gebe es im Landkreis geförderten Wohnbau. "Dieser wird fortgesetzt, wenn wir auch nicht zaubern können." Inzwischen würden auch in Dörfern wie Andechs Grundstückspreise von mehr als 400 Euro pro Quadratmeter gezahlt. Im Landkreis hätten diese Ortschaften aber noch ihren Charme bewahrt. Josef Steigenberger, Bürgermeister von Bernried, verwies auf die Einheimischen-Modelle, die in Bernried in der Vergangenheit aufgelegt worden sind. "150 subventionierte Häuser sind entstanden", sagte er. Nun habe aber die EU Einwände gegen dieses Verfahren geltend gemacht, weil Nicht-Ortsansässige diskriminiert würden. Die Auseinandersetzungen dauern an.

80 Prozent meiner Angebote bewegen sich noch im erschwinglichen Bereich", erklärte Claudia Bader, Immobilienmaklerin aus Starnberg. Es gebe sogar in Starnberg noch Dreizimmer-Wohnungen für 700 Euro Monatsmiete, "aber natürlich ist es weiter draußen noch günstiger". Es gebe im Landkreis "keinen Irrsinns-Run auf Wohnungen wie in München". Dennoch habe sie seit Jahren "zu wenige Immobilien im Angebot".

Gerhart Schindler, Geschäftsführer des Jobcenters in der Kreisstadt, betonte, dass auch Langzeitarbeitslosen eine laut Gesetz "angemessene" Wohnung zur Verfügung gestellt werden müsse. Diese Angemessenheitsgrenze sei in Starnberg aber eine der höchsten in ganz Deutschland. Der Landkreis habe im vergangenen Jahr 7,3 Millionen Euro als Miete für Langzeitarbeitslose bezahlt. Es gebe auch Menschen, "die den ganzen Tag arbeiten, die Miete aber nicht bezahlen können", sagte Schindler vor 100 Zuhörern.

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Quelle:
SZ vom 02.02.2012
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