Was war das für ein Winter, als gefühlt das ganze Land trotz Schnees und Kälte auf der Straße war: Der Rechercheverbund „Correctiv“ hatte soeben ein Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam enthüllt, an dem auch AfD-Politiker wie die Inningerin Gerrit Huy teilgenommen hatten. Die Folge: Massendemonstrationen in ganz Deutschland. Die Republik stand auf, für die Demokratie, gegen den erstarkten Rechtsextremismus.
Zehntausende versammelten sich Woche für Woche, in Berlin, Hamburg, München. Hinzu kamen viele kleine Kundgebungen wie Anfang Februar in Gauting. Die Bereitschaft, ein Zeichen zu setzen, ging so weit, dass die Direktorin der Tutzinger Akademie für Politische Bildung, Ursula Münch, im SZ-Interview bereits warnte: "Eine dauermobilisierte Gesellschaft ist Gift". Und das, obwohl Münch die Proteste selbstverständlich begrüßte.
Und jetzt – ein knappes halbes Jahr später? Ist die Luft raus? Große Demonstrationen gibt es jedenfalls nicht mehr. Laut Münch muss das kein schlechtes Zeichen sein, man kann ja tatsächlich nicht immerzu demonstrieren. Aber: Immer mal wieder ein Zeichen zu setzen, ohne dass zuvor Extremisten den nächsten Skandal produzieren müssen, ist schon auch eine wichtige Sache, um zu zeigen: Wir sind da!
So jedenfalls sehen das Christiane Krinner und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter vom Verein „gemeinsam demokratisch bunt“. Als im vergangenen September die AfD in Starnberg aufgetreten ist, haben sie als Gegenveranstaltung ein buntes Stadtfest organisiert, daraus hervorgegangen ist nun der Verein. Dieser möchte gerade zu „Nicht-Anlässen“, wie Krinner das nennt, aktiv bleiben.
Knapp 200 Unterstützerinnen und Unterstützern gibt es bereits. Der Verein will für eine lebendige Zivilgesellschaft einstehen und sich für die Stärkung von demokratischen Grundwerten und den Schutz von Minderheiten einsetzen. Gemeinsam hat das Bündnis bereits einige lokale Aktionen organisiert wie zum Beispiel ein Lichtermeer für die Demokratie und eine Ausstellung über das Grundgesetz im Foyer der Schlossberghalle.

An diesem Sonntag, 21. Juli, geht es jetzt mit einer Kundgebung für die Demokratie und gegen Extremismus auf dem Starnberger Kirchplatz weiter. Beginn ist um 14 Uhr, es gibt Live-Musik und Wortbeiträge von verschiedenen Rednerinnen und Rednern, zum Beispiel Philipp Hildmann vom Bayerischen Bündnis für Toleranz, dem Bundesvorsitzende von SiS Seniorpartner in School, Matthias Krämer, und Johannes Richtmann aus dem Inklusionsbeirat. Die musikalische Begleitung kommt von Cellie Auger. Unterstützt wird Krinners Verein von verschiedenen Parteien und Verbänden wie dem Bund Naturschutz, den Mutmachleuten, dem Starnberger Dialog, Grünen, ÖDP, SPD und FDP.
Im Engagement für eine offene Gesellschaft – und damit zwangsläufig im Kampf gegen jene Kräfte, die diese am liebsten abschaffen würden – betont Krinner besonders die Bedeutung der Zivilgesellschaft. Denn diese habe die größte Wirkungskraft. Krinner und ihre Mitstreiter wünschen sich einen Zusammenschluss aller Teile der Zivilgesellschaft.
Der Politik soll gezeigt werden, dass Handlungsbedarf besteht
Besonders wichtig für das demokratische Miteinander ist für Krinner und ihre Mitstreiter ein permanenter Austausch untereinander. Es gehe darum, „einfach darüber zu reden“, was die Menschen bewege, und darum, der Politik zu zeigen, dass Handlungsbedarf bestehe, so Krinner. „Menschen aus verschiedenen Bereichen zu erwischen“ ist dem Verein ein großes Anliegen. Denn davon lebe eine Demokratie schließlich.
Ein besonderes Problem sieht der Verein in der Vereinsamung der Gesellschaft. „Einsamkeit ist ein großes gesellschaftliches Problem“, sagt Krinner. Denn wenn man nicht mehr miteinander rede, würde das Miteinander schwierig. Um ein offenes Gesprächsangebot zu bieten, plant der Verein sogenannte Plauderbänke im Starnberger Museumsgarten. Von September an soll es zudem regelmäßige Infostände an der Wittelsbacher Straße geben – egal, ob Extremisten dafür einen aktuellen Anlass liefern, oder nicht.