Mit wem hat Petrus es nun schlecht gemeint? Darüber gehen die Meinungen auseinander an diesem politischen Donnerstag. Drüben, bei der AfD, wird es später heißen, der liebe Gott habe mit Sicherheit auf die Gegendemonstranten abgezielt, als er pünktlich gegen 17.30 Uhr Wolken über Starnberg aufziehen ließ. Aber hier auf dem Kirchplatz, unter Kapuzen und Regenschirmen, sehen das die meisten ein wenig anders: Starnbergs evangelischer Pfarrer Simon Döbrich etwa hält fest, das Wetter sei "das Größte an himmlischem Zorn", das der AfD bei ihrem "bayerischen Wahlkampf-Höhepunkt" in der Schlossberghalle entgegenschlagen kann. Einer der Demonstranten hat eine etwas weniger biblische Wortwahl gewählt, um die politische und meteorologische Lage aus seiner Sicht zusammenzufassen: "Ein Wetter, so unangenehm wie die AfD", hat er auf sein Schild geschrieben.
Das Blöde daran für Döbrich und die anderen Demonstranten: Sie stehen draußen im Regen, die AfD sitzt in der trockenen Schlossberghalle. Trotzdem sind nach Polizeiangaben rund 300 Menschen zum Kirchplatz gekommen, um für Demokratie und Menschenwürde sowie gegen Hass, Hetze und rechte Gewalt zu demonstrieren. Dass trotz des Wetters so viele gekommen sind, überrascht sogar die Veranstalter ein bisschen. "Wir sind sturmerprobt!", ruft die SPD-Landtagsabgeordnete Christiane Feichtmeier stolz, die den Job als Versammlungsleiterin übernommen hat. Die Kundgebung soll möglichst überparteilich sein, möglichst viele Leute ansprechen - aber einer müsse ja den Hut aufhaben, hatte Feichtmeier vor der Veranstaltung erklärt.
Für die Protestveranstaltung haben sich Parteien und Bündnisse zusammengetan, und weil so gut wie jeder von ihnen auch etwas sagen will, ist die Rednerliste lang. Eines aber betont fast jeder, der das Mikrofon ergreift: die Bedeutung des Grundgesetzes. "Das ist ein großer Schatz", erklärt Pfarrer Döbrich. Denn es gelte ausnahmslos für alle Menschen, "egal woher, egal wohin". Aber weil man einen Schatz schützen müsse, müsse man auch das Grundgesetz vor den Kräften bewahren, die daran "die Axt ansetzen" wollen, so Döbrich.
Wen die Rednerinnen und Redner damit meinen, ist klar: die AfD. Die Partei wolle "ein anderes Deutschland", sagt CSU-Landtagsabgeordnete Ute Eiling-Hütig, eine Gesellschaft "ohne Vielfalt, ohne Demokratie". Auch im Maximilianeum würde die Partei immer wieder mit Provokationen und Entgleisungen auffallen, berichtet sie. Die übrigen Parteien aber würden gemeinsam dagegenhalten. "Wir kämpfen geschlossen!", ruft die CSU-Abgeordnete über den Kirchplatz.


Landtags-Kollege Johannes Becher von den Grünen blickt zurück in die Geschichte. Als Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern lag, hätte wohl kaum jemand gedacht, dass das Land ein solches Wirtschaftswachstum erleben, ja, dass es uns einmal so gut gehen würde, sagt er. Ein Grund dafür: unsere Demokratie mit ihrem Grundgesetz. "Eigentlich müsste heute ein Tag der Freude sein", findet Becher angesichts dessen 75-jährigen Bestehens. Dass die AfD ausgerechnet an diesem Tag eine große Veranstaltung abhält, zerstört die Freude bei Becher jedoch. Umso wichtiger sei es in diesen Zeiten, dass jeder Einzelne von seinem Wahlrecht Gebrauch mache, appelliert Becher. "Die Wahrheit liegt in der Urne", erklärt er. Wo man sein Kreuz mache, sei egal - nur demokratisch gesinnt müsse die präferierte Partei sein.
Außerdem sprechen Vertreter von FDP, DGB-Jugend und Jusos, auch SPD-Landesvorsitzende Ronja Endres ist gekommen. Nach etwa einer Stunde sind alle durch, die meisten Demonstranten flüchten nach Hause ins Trockene. Nur wenige finden den Weg zur Schlossberghalle und setzen unter Aufsicht der Polizei ihren Protest gegen die AfD fort.