Starnberg:"Das trifft uns brutal"

Große Stromverbraucher wie die Bäckerei Lidl oder die Kreisklinik können die Preiserhöhungen trotz ihrer Sparversuche nicht mehr ausgleichen. Auch das Regionalwerk gibt den EEG-Aufschlag an seine Kunden weiter

Christine Setzweinund Benedikt Warmbrunn

- Es gibt Briefe, die Freude machen, und es gibt solche, die möchte man am liebsten gar nicht öffnen. Zu letzteren gehört für Sascha Sartor, Geschäftsführer des Klinikums Starnberg, die Stromrechnung. Und der Verdruss darüber wird noch steigen, wenn die Energiekonzerne 2013 die höhere EEG-Umlage an die Verbraucher weitergeben. Anton Lidl, Bäckermeister aus Berg, weiß eines heute schon: "Das trifft uns brutal."

Ohne Strom keine Milch, keine Wurst, kein Fernsehen, kein Licht, kein Brot. Lidls Backstube in Berg braucht alleine 400 000 Kilowatt Strom im Jahr; für Öfen, Knet- und Rührmaschinen, für Kühlung und Froster. Dazu kommt der Strom, den die 14 Filialen benötigen. 2008 hat Lidl noch 4000 Euro pro Monat bezahlt, 2010 waren es bereits 6000 Euro. "Allein von 2011 auf 2012 sind die Kosten um 30 Prozent gestiegen", sagt der Bäckermeister. Wenn die Preise im kommenden Jahr erhöht werden, rechnet er mit einigen 10 000 Euro mehr im Jahr. Das sind Summen, die er nicht an die Kunden weitergeben kann. Leittragende sind die Verkäuferinnen. Lidl: "Wir müssen die Stundenzahl der Verkäuferinnen kürzen."

Das Kreiskrankenhaus Starnberg hat 2011 für Wasser, Strom und Brennstoffe 1,58 Millionen Euro ausgegeben. Heuer sind es bereits 1,7 Millionen. Und das, "obwohl wir überall versuchen zu sparen". Ob an der Heizung, am Strom oder am Papier. Sonst wären die Zahlen "noch dramatischer", sagt der Geschäftsführer, der zuständig ist für Finanzen und Controlling. Die höheren Einnahmen des Klinikums können die gestiegenen Ausgaben nicht mehr ausgleichen. In den ständigen Strompreiserhöhungen sieht Sascha Sartor deshalb "langfristig ein Problem".

Die Preiserhöhung werden auch die rund 800 Kunden des Regionalwerks im Würmtal spüren. Geschäftsführer Heinz-Leo Geurtsen sagte, dass er diese "vom Staat verursachten Kosten" weitergibt, die nicht von der ansonsten gültigen zwölfmonatigen Preisgarantie gedeckt seien. Für einen durchschnittlichen Haushalt mache die Umlage für erneuerbare Energien bisher rund 220 Euro pro Jahr aus; künftig seien es 75 Euro mehr. Vom Januar an werden die Rechnungen daher etwas höher ausfallen. Das Kommunalunternehmen, das die drei Gemeinden Gauting, Planegg und Krailling zusammen mit den Münchner Stadtwerken gegründet haben, bietet aber noch günstigere Preise an als Hauptkonkurrent Eon Bayern.

Geurtsen, ein erfahrener und profunder Kenner der Energiewirtschaft in Deutschland, glaubt, dass auf die Stromkunden noch eine weitere Preiserhöhung zukommt wird, denn er rechnet damit, dass mehrere Netzbetreiber ihre Durchleitungsentgelte erhöhen werden. Eon zum Beispiel verlangt vom Regionalwerk vom nächsten Jahr an mehr Geld für die Nutzung der Kabel. Das macht zusätzlich rund 12 000 Euro pro Jahr aus, sagte Geurtsen. Dieser Posten werde aber nicht auf die Kunden umgelegt.

Auch die Stadt Starnberg hat ausgerechnet, was die Preiserhöhung sie kosten wird. Die Stadt hat mit Eon einen langfristigen Vertrag abgeschlossen, in dem ein Nettostrompreis vereinbart wurde. Die Erhöhung durch die EEE-Umlage gehört laut Kämmerer Michael Aßmus jedoch zu "den Risiken, die der Anbieter nicht übernehmen muss". Auf der Grundlage des gegenwärtigen Stromverbrauchs von jährlich rund drei Millionen Kilowattstunden ergeben sich durch die EEG-Umlage daher zusätzliche Kosten in Höhe von 51 000 Euro sowie weitere 10 000 Euro für die fällige Umsatzsteuer. Große Verbraucher der Stadt sind das Rathaus, die Schlossberghalle und das Gymnasium, all diese Einrichtungen werden, so Aßmus, "sukzessive" energetisch saniert, aktuell etwa die Beleuchtung des Gymnasiums. "Allgemein haben wir aber wenig Einsparmöglichkeiten", sagt Aßmus, "das ist eigentlich eine grundsätzliche Entscheidung: Entweder wir betreiben die Einrichtung, oder wir betreiben sie eben nicht." Aufgrund der allgemeinen Sensibilisierung für den Stromverbrauch habe die Stadt jedoch "sehr kostenbewusste Mitarbeiter".

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